Zwischen Rom und Mekka
geht von Rom an die Regionen über; damit würde die Lega in den von ihr beherrschten Regionen Lombardei und Venetien ausschlaggebend. Nach Angaben des Innenministeriums gibt es in der Lombardei (mit Mailand) 31, in Venetien 23, in Latium (mit Rom) 20, auf Sizilien 38 islamische Zentren.
- Für den Bau einer Moschee soll ein Volksentscheid notwendig sein.
- Die Größe der Moschee muss in Proportion zur örtlichen Zahl der Muslime stehen.
- Die Moschee muss einen Kilometer von einer Kirche entfernt sein.
- Technische Verstärkergeräte auf den Minaretten sind verboten.
- Staatliche Zuwendungen fallen weg; Spender müssen angegeben werden.
- Predigten dürfen nur auf Italienisch gehalten werden; die Gemeindevorsteher (Imam) müssen von den Behörden anerkannt sein.
- Die Laizität des Staates muss von den Muslimen anerkannt, auf Polygamie verzichtet werden.
- Religiöse Geheimpraktiken sind untersagt.
- Nicht religiöse Praktiken wie Handel auf Märkten, Schulen oder Bildungseinrichtungen sind nicht erlaubt.
Politiker von Koalition und Opposition fürchten weniger, dass diese Vorschläge der Lega eins zu eins in Gesetze umgewandelt
würden, sondern die öffentliche Diskussion darüber. Etwa wenn die Lega im Oktober 2008 mit einer Gesetzesänderung populistisch fordert, für illegale Einwanderer - nicht nur für Muslime, aber die trifft es vor allem - den kostenlosen Gesundheitsdienst abzuschaffen. Klipp und klar verkünden die Lega-Führer, dass sie den Muslimen nicht trauen. Einen moderaten Islam, so sagen sie, gebe es nicht; denn Muslime »unterscheiden nicht zwischen Religion, Politik und Kultur«; »der Islam ist deshalb mit unserem Rechtssystem unvereinbar«. Muslime in Italien hätten nie eine verbindliche Anerkennung dieses Staates unterschrieben; es liege deshalb an ihnen, deutlich zu machen, dass der koranische Begriff »Dschihad« - zwischen Heiligem Krieg und religiösem Engagement - sich in eine pluralistische Gesellschaft ohne Ängste der Bürger einfüge. Die Lega schiebt den Muslimen die Beweislast zu; die Friedlichkeit des Islam ist für sie keine Glaubenssache.
Päpstliches Regierungsprogramm
Und für den deutschen Papst als Primas von Italien? Nur einen Tag nach dem feierlichen Beginn seines Pontifikats mit einem Pontifikalamt auf dem Petersplatz empfing Benedikt XVI. am 25. April 2005 Autoritäten anderer Religionen. Die »Vertreter von christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften sowie von anderen nichtchristlichen Religionen«, so das römische Protokoll, wurden in die Sala Clementina des Apostolischen Palastes zur Audienz gebeten. Sie schienen nicht wenig beeindruckt. Am Vortag waren sie dabei, wie Hunderttausende von Gläubigen nicht nur auf dem Petersplatz, sondern auch in der Via della Conciliazione bis hin zur Engelsburg und in den umliegenden Straßen des Borgo-Viertels die fast drei Stunden dauernde spektakuläre Zeremonie der päpstlichen Amtseinführung verfolgt, wie Regierungsdelegationen aus aller Welt sich ergeben eingereiht hatten.
Der mächtigste Religionsführer der Welt warnte da »die Mächtigen, die Starken der Welt«, die Angst hätten. Die befürchteten, dass die Freiheit des Glaubens, das Engagement der
Gläubigen ihnen etwas von ihrer Macht wegnehmen könnten. »Ja«, rief der Papst, man würde ihnen schon etwas wegnehmen, nämlich »die Herrschaft der Korruption, der Rechtsbeugung, der Willkür. Aber [es] würde nichts wegnehmen von dem, was zur Freiheit des Menschen, zu seiner Würde, zum Aufbau einer rechten Gesellschaft gehört.« Wie Joseph Ratzinger noch als Kardinalpräfekt der Glaubenskongregation die Ideologie des Kommunismus als »Schande unserer Zeit« gegeißelt hatte, hieb er wieder zu: »Alle Ideologien der Gewalt rechtfertigen sich mit diesen Motiven: Es müsse auf solche Weise zerstört werden, was dem Fortschritt und der Befreiung der Menschheit entgegenstehe.« Damit war die »Kriegserklärung« des Papstes, eines gänzlich pazifistischen Menschen, wie er sich selbst beschrieb, gegen jede Ideologie der Gewalt, wie immer - und gerade, wenn - sie religiös motiviert sein mochte, ausgesprochen. Diese Worte hatten die Vertreter der muslimischen Weltgemeinde noch in Erinnerung, als sich Benedikt in der Sala Clementina direkt an sie wandte:
»Besonders dankbar bin ich, dass [Sie] anwesend sind, und ich bekunde meine Anerkennung für die Entfaltung des Dialogs zwischen Muslimen und Christen, sowohl auf lokaler als auch auf internationaler
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