Zwischen Rom und Mekka
Mächte im Norden den Schutz der italienischen Lande gegen die Eroberungspläne der muslimischen Araber. Die neue Religion des Propheten Mohammed (seit dem 7. Jahrhundert) war eine doppelte Bedrohung für sie, geistlich und machtpolitisch. Italien war für die Araber wegen der strategischen Lage in der Mitte des Mittelmeers besonders verlockend. Oft genug versuchten die Muslime, ihre Macht auf der Apenninhalbinsel zu begründen und auszubauen. Doch auf längere Dauer mussten sie sich mit Sizilien, Sardinien und einem Teil Süditaliens begnügen.
Die Küstenstriche und -städte in Italien litten ein Jahrtausend lang - bis zur Seeschlacht von Lepanto 1571 und der Abwehr der osmanischen Türken bei der Belagerung von Wien 1683 - unter den Einfällen der Sarazenen. Diese muslimischen Piraten tauchen in der Chronik vieler Städte Italiens auf. Sie plündern, brandschatzen, verwüsten, zerstören und bleiben bedrohlich im kollektiven Gedächtnis. Der Kinderschrei »Mamma, i Turchi« ist noch heute sprichwörtlich. Im 11. Jahrhundert, als im Abendland ein allgemeiner Aufschwung alles voranbrachte, wirtschaftlich, demografisch und nicht zuletzt auch die Macht
der Päpste, kam den römischen Bischöfen die Idee mit den Kreuzzügen. Zur Befreiung der heiligen Stätten des Christentums, wie es allgemein hieß.
Eine mitteleuropäisch zentrierte Geschichtsschreibung sieht da vor allem »im Blut watende Ritter« am Werk, die gegen edle Muslime religiös motivierte Gewalt üben. Die dramatischen Berichte der Chronisten waren eindrucksvoller als strategische Überlegungen. Italienische Historiker jedoch, international in der Vergangenheit viel weniger einflussreich als jene in der Nachfolge der berühmten preußisch-protestantischen Geschichtswissenschaft, erkennen darin auch - als erwünschten und geplanten Neben- oder gar Haupteffekt - die militärische und machtpolitische Entlastung Italiens gegenüber muslimischen Machtansprüchen und dem konkurrierenden (christlichen) byzantisch-oströmischen Kaisertum. In der Tat blühten mit den Kreuzzügen (ab 1099) die italienischen Regionen und Städte auf, wirtschaftlich und kulturell, und auch die Macht der Päpste im Abendland nahm weiter zu.
Festzuhalten ist: Die Gegnerschaft zum Islam - in Abwehr des muslimischen Eindringens in das südliche und westliche Europa - hat offenbar nicht nur der Entwicklung des lateinischen Europa, des Abendlands, genutzt, sondern auch den Päpsten.
Aber das ist Geschichte.
Muslime in Italien heute
Aktuell ist, dass
- im »katholischen« Italien rund eine Million Muslime leben, etwa 1,7 Prozent von 58,8 Millionen Gesamtbevölkerung; im Unterschied zu Deutschland sind sie nie als »Gastarbeiter« eingeladen worden, sondern, auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, oft spektakulär als Bootsflüchtlinge über das Mittelmeer, eingesickert; sie werden in Industrie und Landwirtschaft als billige Arbeitskräfte gebraucht;
- von ihnen 150 000 ohne Aufenthaltserlaubnis und weitere 200 000 nicht erfasst sind;
- die meisten sozial bedürftigen Schichten angehören;
- etwa 50 000 Muslime die italienische Staatsbürgerschaft besitzen, davon 10 000 Konvertiten sind;
- dass sich in Rom, der Stadt des Papstes, die größte Moschee Europas befindet.
Die italienischen Regierungen - links (Prodi, 2006 bis 2008) wie rechts (Berlusconi, 2001 bis 2006 und seit Mai 2008) - zögern nicht, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus muslimischen Extremismus zu verfolgen. Anfang 2008 wies Innenminister Amato (des Linkskabinetts Prodi) mit sofortiger Wirkung den marokkanischen Muslimführer Mohammed Kohaila aus Italien aus. Der 44 Jahre alte Prediger musste sofort in sein Ursprungsland zurückkehren, aus dem er vor 19 Jahren nach Italien gekommen war. Ihm wurde vorgeworfen, mit seinen Predigten in der Moschee und im Kulturzentrum Porta Palazzo in der Innenstadt von Turin die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit gefährdet zu haben. Imam Kohaila war bekannt geworden, als Filmaufnahmen mit versteckter Kamera seine Aufforderungen zum Hass gegen Ungläubige und zum Heiligen Krieg in einer populären Fernsehsendung landesweit zeigten.
Mitte August 2008 wurde der Vorsteher der islamischen Gemeinde von Varese, Abdelmajid Zergout, festgenommen. Die vorläufige Festnahme des 43 Jahre alten Marokkaners erfolgte aufgrund eines Haftbefehls aus Marokko wegen des Verdachts des internationalen Terrorismus mit der Bitte um Auslieferung. Bereits drei Jahren zuvor
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