Zwischen Rom und Mekka
Gelegenheiten »das religiöse Erbe des Islam und seine geistlichen Schätze« gewürdigt und seinen Wunsch ausgesprochen, »das geistliche Band zwischen Christen und Muslimen zu entwickeln«. Doch schwarzafrikanische Bischöfe, darunter Kardinal Bernardin Gantin aus Benin und Francis Arinze aus Nigeria, hatten den Papst auf die aggressive Konkurrenz der muslimischen Religionsexpansion in den Ländern südlich der - ohnehin arabisch-muslimischen - Sahara hingewiesen und deshalb Treffen zwischen dem Papst und Muslimführern zur Klimaverbesserung angeraten, so etwa schon in Nairobi (Kenia) und Accra (Ghana) im Mai 1980.
Die Bischöfe aus den Ländern südlich der Sahara erstatteten genaueren Bericht. Sie befanden sich in einer Entwicklung, deren Verlauf und Ende noch nicht sicher abzusehen war, die jedoch allgemein nichts Gutes versprach für die Kirche. Der prozentuale Zuwachs für den Islam fiel meist stärker aus als jener für das Christentum. Meist konnte der Islam hinsichtlich der Zahl seiner Anhänger eindrucksvolle Steigerungsraten erzielen. Dabei wurden in einigen Staaten die Grenzen zwischen Muslimen und indigenen Religionen nicht streng gezogen oder statistisch erfasst. Bei genaueren Zähl- oder Vergleichsmethoden ist meist ein Rückgang der Zahl der Anhänger der jeweiligen Religion zu verzeichnen. Dennoch sprechen die Zahlen der Tabelle (nach »Fischer-Weltalmanach«) für sich.
Der Einschnitt
Der Einschnitt bei Johannes Paul II. erfolgte am 14. Februar 1982. Da verweigerten sich im nigerianischen Kaduna die Muslime dem Papst. Ich erinnere mich noch sehr genau an das Erstaunen im Journalistenkreis, weil das bis dahin noch nicht vorgekommen war. Eine Begegnung mit dem Papst demonstrativ ausschlagen? Wozu sollte das gut sein?, fragten wir, damals in ziemlicher Unkenntnis der muslimischen Problematik. Fragte sich auch der Papst - und hielt dennoch seine Rede vor den zivilen Autoritäten. Sichtlich befremdet, bewusst seine Enttäuschung zeigend, sagte er: »Diese Rede, dieser Text, war für die religiösen Muslimführer bestimmt; ich sage jetzt dieselben Worte zu euch, die ihr die Vertreter der Bevölkerung des Staates Kaduna seid und besonders der muslimischen Bevölkerung.« Dann hob er das Gemeinsame des Glaubens »unter der Sonne des einen barmherzigen Gottes« hervor und stellte das Verbindende in den Anstrengungen für das Wohl der Menschen heraus.
Johannes Paul II. war gewarnt und behielt diese Episode in seinem Gedächtnis, nicht als persönlichen Affront, sondern als grundsätzlichen Konflikt, als prinzipielles Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis der Religionsfreiheit, zum Beispiel.
Die Vorsicht hinderte ihn nicht daran, eineinhalb Jahre später in Wien, am 12. September 1983, des christlichen Sieges über muslimische Türken zu gedenken, 300 Jahre nach der Schlacht am Kahlenberg. Nicht allein deshalb, weil dem Polenkönig daran das Hauptverdienst zuzuschreiben ist, sondern weil »von diesen Höhen des Wienerwaldes eine große Entscheidung ihren Ausgang nahm«, weil im Zeichen des Christlichen »Befreier und
Befreite und Befreiung« vereint waren. Dreimal fiel das Wort von der religiösen Freiheit gegen Muslime.
In Casablanca
Die zunehmenden Schwierigkeiten in Afrika mit Muslimen hinderten den Papst auch nicht, zum ersten Mal ein rein arabisch-muslimisches Land aufzusuchen, auf Einladung des Königs von Marokko. Die Notwendigkeit war immer größer geworden, in den verschiedenen Ländern Afrikas ein leidliches Auskommen mit den Muslimen, ihren Führern und den Massen zu finden. Johannes Paul II. entschied sich für eine Begegnung mit jungen Leuten, weil er den Wettbewerb mit dem Islam um die Zukunft nicht scheute. Sein Erfolg gab ihm recht. Er wurde am 19. August 1985 begeistert in Casablanca von Zehntausenden von Jungen und Mädchen und Älteren empfangen. Die anwesenden Zuhörer vernahmen willig den päpstlichen Wunsch nach einem »ruhigen Zusammenleben zwischen Muslimen und Katholiken in einem Geist äußerster Toleranz« und lauschten andächtig dem päpstlichen Gebet zu Gott, dem guten und barmherzigen Schöpfer.
Treffen der Religionen in Assisi
Mitte der Achtzigerjahre wurde der Dialog der Religionen immer dringlicher. Die Verschiedenheit der großen und kleinen Weltreligionen sollte nicht, so schob es sich ins weltpolitische Bewusstsein, ein weiteres Konfliktpotenzial bilden. Johannes Paul II. war bereit, dafür seinen Beitrag zu leisten. Ihm schien, dass die Kirche, gut
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