Zwischen Rom und Mekka
gesprochen? Was haben die Leute gesagt? Und dieser schon gar nicht.
Die Worte Benedikts XVI. am Abend des 12. September mussten erst einmal in der Welt verbreitet werden. Auch das Zitat des christlichen Kaisers über Mohammed. Am nächsten Tag stand es schwarz auf weiß in den Zeitungen. Da fingen die Fragen an. War es nur des Kaisers Verdikt? Oder das des Papstes? Musste man da nachfragen? Mussten sich Muslime beleidigt fühlen? Aus verletzter Ehre? Oder weil man ihnen sagte, sie müssten sich empören? Widrige Winde erhoben sich, aber noch keine Stürme. Den Mittwoch (13. September) hatte Benedikt dem Privaten gewidmet, seinem Bruder Georg in Regensburg-Pentling, der Einweihung einer Orgel durch den Musikliebhaber. Was sollte man ihn da mit Lappalien stören.
Noch am Donnerstagmorgen (14. September) waren Benedikt und sein ganzes Gefolge guter Dinge. Fröhlich, fast ausgelassen bei einem Treffen mit Priestern, Ordensleuten und Diakonen
im Dom zu Freising, zufrieden auf dem Flughafen. In seiner Abschiedsrede dankte der Papst allen, die zum Gelingen seines Besuches, zur »Freude des Glaubens« bei den einzelnen festlichen Veranstaltungen beigetragen hätten.
»Unauslöschlich«, so Benedikt wörtlich, »trage ich in meinem Herzen den bewegenden Eindruck, den die Begeisterung und die spürbare starke Religiosität der großen Massen von Gläubigen in mir ausgelöst hat. Ich habe bemerken können, wie viele Menschen sich auch jetzt bemühen, um ihren Glauben in der heutigen säkularisierten Welt zu bezeugen.«
»Überall«, so weiter, »bin ich mit größter Zuvorkommenheit und Aufmerksamkeit empfangen worden; das hat mich tief beeindruckt […]. Im Glauben bin ich gewiss, dass sich in [Gottes] Wort der Weg finden lässt, um nicht nur die ewige Glückseligkeit zu erlangen, sondern auch um eine menschenwürdige Zukunft schon auf dieser Erde zu bauen. Von diesem Bewusstsein angetrieben, hat die Kirche unter der Führung des Geistes die Antworten auf die Herausforderungen, die im Laufe der Geschichte auftraten, immer neu im Wort Gottes gesucht.«
Die Medienfalle schnappt zu
Da jedoch geisterte schon das Wort des Kaisers durch die Welt, hatte die Medienfalle zugeschnappt, ein Schreckensszenario des internationalen Kulturkampfs begonnen.
Nach einem bekannten Regiebuch der Politik: Jemand sagt etwas. Journalisten, Oppositionelle, die politisch Korrekten spitzen die Ohren. Einer stellt fest, dass da ein Wort, ganze Sätze uneindeutig, missverständlich, übel lautend, frevelhaft seien. Ein zweiter, dritter stimmt zu. Zaghaft kommt der Einwand, so sei es doch gar nicht gemeint gewesen. Wie, heißt es nun in anschwellendem Empörungsgesang zwischen den Interessierten und den vielleicht Betroffenen, hier den Muslimen, du bist durch des Kaisers Worte nicht beleidigt, betroffen, verletzt, entrüstet, entsetzt?! Hast du keine muslimische Ehre im Leib,
wenn der Führer der Ungläubigen den Propheten Mohammed schmäht?! So wurde es immer deutlicher.
Da half es nichts, dass nach dem Abflug des Papstes alle, der bayerische Ministerpräsident Stoiber, der Münchner Kardinal-Erzbischof Wetter als Hauptgastgeber, Kardinal Lehmann als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, dazu die Bischöfe der besuchten Bistümer Passau (mit Altötting) und Regensburg, Schraml und Müller, eine uneingeschränkt positive Bilanz der Papstvisite zogen. Nichts Kritisches wurde vermerkt. Kardinal Lehmann zögerte nicht, den »großen Rang dieses Besuches« anzuerkennen; nun gelte es, »die Impulse aufzunehmen und mit Nachhaltigkeit zu pflegen«.
Letzteres geschah. Überall in der muslimischen Welt. Doch anders als gewünscht.
Kritik und Empörung in der muslimischen Welt wurden laut und lauter. Muslimische Verbände in Deutschland zeigten sich irritiert. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, und der Vorsitzende des deutschen Islamrats, Ali Kizilkaya, erinnerten an die Geschichte des Christentums mit blutigen Kreuzzügen und Zwangsbekehrungen. Der Chef der türkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, forderte eine Entschuldigung; der Papst habe eine »Kreuzfahrermentalität« und eine »feindselige Haltung« an den Tag gelegt. Die Christen sollten erst einmal erklären, wie ihre Religion mit der Vernunft in Einklang gebracht werden könne. Der Vorsitzende des französischen Islamrats, Dalil Boubakeur, verlangte vom Papst eine »Klarstellung«; die katholische Kirche müsse deutlich machen, dass sie den Islam als
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