Zwischen Rom und Mekka
einschließt. Mit diesen Worten möchte ich nochmals klar meinen tiefen Respekt vor den Weltreligionen und vor den Muslimen bekunden, mit denen wir gemeinsam eintreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.«
Auf Italienisch beschrieb er, wie es zu dem Missverständnis kam:
»Als Thema hatte ich die Frage des Verhältnisses zwischen Glaube und Vernunft gewählt. Um die Zuhörer in die Dramatik und Aktualität des Themas einzuführen, zitierte ich einige Worte eines christlich-islamischen Dialogs des 14. Jahrhunderts, mit denen der Christ - der byzantinische Kaiser Manuel II. Palaeologos - in einer für uns unbegreiflich [!] schroffen Weise seinem islamischen Gesprächspartner das Problem der Beziehung zwischen Religion und Gewalt darlegte. Dieses Zitat hat leider Anlass zu Missverständnissen gegeben. Für den aufmerksamen Leser meines Textes ergibt sich jedoch klar, dass ich in keiner Weise die negativen Worte des mittelalterlichen Kaisers in diesem Dialog mir zu eigen machen wollte und dass ihr polemischer Inhalt nicht meine persönliche Überzeugung ausdrückt. Meine Intention war eine ganz andere: Ausgehend von dem, was Manuel II. in der Folge positiv mit einem sehr schönen Wort über die Vernünftigkeit, die bei der Verbreitung des Glaubens führend sein muss, sagt, wollte ich erklären, dass nicht Religion und Gewalt,
sondern Religion und Vernunft zusammengehen. Das Thema meiner Vorlesung war also die Beziehung zwischen Glaube und Vernunft: Ich wollte zum Dialog des christlichen Glaubens mit der modernen Welt einladen und zum Dialog aller Kulturen und Religionen.
Ich hoffe«, so fuhr Benedikt fort, »dass bei anderen Gelegenheiten meines Besuches - zum Beispiel, als ich in München hervorgehoben habe, wie wichtig es sei, das zu respektieren, was anderen heilig ist - mein tiefer Respekt für die großen Religionen klar geworden ist und, im Besonderen, für die Muslime, die den einen Gott anbeten und mit denen wir verpflichtet sind, zusammen soziale Gerechtigkeit, moralische Werte, den Frieden und die Freiheit für alle Menschen zu verteidigen und zu befördern. Ich vertraue also darauf, dass nach den ersten Reaktionen meine Worte in der Universität zu Regensburg einen Impuls und eine Ermutigung zu einem positiven, auch selbstkritischen Dialog bilden, unter den Religionen wie zwischen der modernen Vernunft und dem Glauben der Christen.«
Konnte der Papst noch mehr sagen?
Diplomatische Offensive
Ja, er musste offenbar. Nun vor den Botschaftern der muslimischen Staaten.
Denn nun ging es nicht mehr nur um päpstliche (oder kaiserliche) Worte, sondern auch um die feindseligen Reaktionen in muslimischen oder halbmuslimischen Staaten, von (un)verantwortlichen Politikern angestoßen, von wilden Massen demonstriert. Ein weiteres Thema zwischen dem Vatikan und den muslimischen Staaten war seit Langem die Lage der christlichen Minderheiten, denen oft weithin bürgerliche Rechte - sowohl für den Einzelnen als auch für die Gemeinden - verweigert werden. Der Heilige Stuhl unterhielt mit 37 muslimischen Staaten diplomatische Beziehungen, die damit - wenn auch häufig nicht mit einer eigenen Botschaft in Rom - das international anerkannte Vertretungsrecht für Katholiken in aller Welt bestätigen.
Keine diplomatischen Beziehungen unterhielt der Vatikan 2006 mit Afghanistan, Brunei, den Komoren-Inseln, Malaysia, Mauretanien, Oman, Saudi-Arabien, Somalia und den Vereinigten Arabischen Emiraten (mit Letzteren seit 2007).
So ermahnte Benedikt am 25. September im Schweizer Saal der Sommerresidenz die muslimischen Botschafter und zahlreiche Führer muslimischer Gemeinden in Italien zu Toleranz und Gewaltlosigkeit im Dialog der Kulturen und Religionen und zum Frieden. »Von diesem Dialog hängt zum großen Teil unsere Zukunft ab«, erklärte der Papst unter Beifall. Die ungewöhnliche und in diesem Kreis erstmalige Initiative bot dem Papst zunächst Anlass, seine ganze Achtung und seinen tiefen Respekt gegenüber den gläubigen Muslimen auszudrücken. »Seit Beginn meines Pontifikats«, so Benedikt wörtlich, »habe ich den Wunsch geäußert, dass die Brücken der Freundschaft zwischen den Gläubigen aller Religionen, mit einer besonderen Wertschätzung für das Wachsen des Dialogs zwischen Muslimen und Christen, sich weiter festigen.«
Das sei, so Benedikt, »keine Wahl des Augenblicks, sondern vitale Notwendigkeit.
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