Zwischen Sehnsucht und Verlangen
geworfen hat.” Seine Augen funkelten belustigt. „Sie waren gerade dabei, die Rohre in einer der beiden Toiletten im ersten Stock zu legen. Plötzlich schrie der Junge, dass sich eine Hand von hinten in seine Schulter gekrallt hätte, und ist davongerast, als sei der Teufel persönlich hinter ihm her. Den bin ich wohl leider los.”
„Aber sonst hast du keine Probleme?”
„Jedenfalls keine, für die ich einen Anwalt bräuchte. Kennst du eigentlich den von dem Anwalt und der Klapperschlange?”
„Oh Gott, der hat ja nun wirklich schon so einen Bart”, erwiderte Jared und schnitt eine Grimasse. „Glaub mir, ich kenne sie alle, ich hab mir eigens einen Ordner dafür angelegt.”
Rafe lachte und wischte sich die Hände an seiner Jeans ab. „Gut gemacht, Jared. Überhaupt würde Mom sich darüber freuen, was aus dir geworden ist.” Anschließend hüllte er sich für einige Zeit in Schweigen, und man vernahm nur das schabende Geräusch, das entstand, wenn er mit der Kelle den Mörtel in den Fugen glatt strich. „Auf der Farm ist’s ja irgendwie seltsam. Shane und ich sind meistens allein, Devin verbringt die Hälfte seiner Nächte auf einer Couch im Sheriffoffice, und du bist in deinem netten kleinen Stadthaus. Wenn Shane aufsteht, ist es immer noch stockduster, aber der Idiot pfeift so laut und fröhlich vor sich hin, als ob es für ihn kein größeres Vergnügen gäbe, als an einem kalten dunklen Januarmorgen die Kühe zu melken.”
„Ist aber so. Es hat ihm schon immer Spaß gemacht. Shane war der, der die Farm am Leben erhalten hat.”
„Ich weiß.”
Jared glaubte, ein leichtes Schuldgefühl in der Stimme seines Bruders mitschwingen zu hören, und schüttelte den Kopf. „Du hast deinen Teil dazu beigetragen, Rafe. Das Geld, das du uns geschickt hast, hat uns viel geholfen.” Jared starrte sinnend aus dem Fenster. „Ich denke darüber nach, ob ich das Haus in Hagerstown nicht wieder verkaufen sollte.” Als Rafe nicht darauf einging, zuckte er die Schultern. „Damals, nach der Scheidung, erschien es mir am besten, es zu behalten, nachdem Barbara kein Interesse daran hatte.”
„Hast du an der Trennung noch zu knabbern?”
„Nein. Es ist jetzt drei Jahre her, und Gott sei Dank ging alles zivilisiert über die Bühne. Wir liebten uns einfach nicht mehr.”
„Ich habe sie nie besonders gemocht.”
Jared verzog die Lippen zu einem kleinen Lächeln. „Ich weiß. Ist doch jetzt auch egal. Ich überlege jedenfalls, ob ich das Haus nicht verkaufen soll. Während der Übergangszeit, bis ich etwas gefunden habe, was mir wirklich zusagt, könnte ich mich auch auf der Ranch einquartieren.”
„Shane würde sich bestimmt darüber freuen. Und ich auch. Du hast mir gefehlt, Jared.” Rafe wischte sich mit einer rußverschmierten Hand übers Kinn, das ebenfalls rußig war. „Eigentlich ist mir das erst jetzt, nachdem ich wieder hier bin, so richtig klar geworden.” Zufrieden mit seinem Werk taxierte er das Mauerwerk und kratzte am Eimerrand den restlichen Mörtel von seinem Spachtel ab. „Du willst mir also am Samstag wirklich helfen?”
„Du besorgst das Bier.”
Rafe nickte zustimmend und erhob sich. „Lass mal deine Hände sehen, du feiner Pinkel.”
Jareds Erwiderung war alles andere als fein und hing noch in der Luft, als Regan den Salon betrat.
„Aber, aber, Herr Rechtsanwalt”, tadelte Rafe seinen Bruder mit einem leisen Grinsen und wandte sich dann Regan zu. „Hallo, Darling.”
„Oh, ich störe wohl.”
„Nein, überhaupt nicht. Dieser vulgäre Mensch hier ist mein Bruder Jared.”
„Wir kennen uns bereits. Er ist nämlich mein Anwalt. Hallo, Jared.”
„Hallo, Regan.” Jared ließ seinen Zigarrenstummel in eine leere Mineralwasserflasche fallen. „Wie läuft denn das Geschäft?”
„Es blüht und gedeiht – dank Ihres kleinen Bruders.” Sie lächelte und wandte sich Rafe zu. „Ich habe Stoff- und Tapetenmuster und Farbproben dabei. Ich dachte, du würdest es dir vielleicht gern ansehen.”
„Du scheinst dir ja schon eine Menge Arbeit gemacht zu haben.” Er bückte sich und machte sich an einer kleinen Kühlbox zu schaffen.
„Möchtest du einen Drink?”
„Nein, danke.”
„Du, Jared?”
„Ich würde mir ganz gern was für unterwegs mitnehmen, wenn du nichts dagegen hast. Ich muss nämlich jetzt los.” Jared griff nach der Colaflasche, die Rafe ihm hinhielt, zog seine Sonnenbrille aus der Tasche und setzte sie auf. „Nun will ich euch nicht länger
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