Zwischen Sehnsucht und Verlangen
ihr erst zu Mute sein wird, wenn sie die ganze dreckige Wäsche vor dem Richter ausbreiten muss.”
Abrupt stand er auf und trat ans Fenster. „Ich konnte nicht mehr tun, als ihr die Standardratschläge zu geben”, fuhr er fort. „Na, du weißt schon rechtliche Sachen, Therapieangebote und Schutzmaßnahmen.” Er schluckte. „Und sie saß da vor mir wie ein Häufchen Unglück und weinte still vor sich hin. Ich bin mir vorgekommen wie der letzte Bürokrat.”
Rafe starrte in seinen Kaffee und runzelte die Stirn. „Sag bloß, du empfindest noch immer was für sie, Dev?”
„Ach, das war damals auf der Highschool.” Mit einiger Anstrengung öffnete er seine Faust und wandte sich Rafe wieder zu.
Man hätte tatsächlich meinen können, sie seien Zwillinge, so ähnlich sahen sich die beiden Brüder. Vor allem hatten sie den gleichen wilden, ungebärdigen Blick, nur dass Devins Augen eher Moos-als Jadegrün waren, und seine Narben trug er nicht auf dem Gesicht, sondern in seinem Herzen.
„Aber natürlich mache ich mir Sorgen um sie”, sagte Devin, nun wieder ruhiger geworden. „Herrgott noch mal, Rafe, schließlich kenne ich sie mein Leben lang. Und ich fand es schon immer schrecklich zu wissen, was er ihr antat, ohne dass ich die Möglichkeit hatte, einzuschreiten. Jedes Mal, wenn ich zu ihr nach Hause gerufen wurde, hatte sie riesige Blutergüsse, und jedes Mall erklärte sie, es sei nur ein Unfall gewesen.”
„Diesmal nicht.”
„Nein, diesmal nicht. Ich habe ihr meinen Deputy zur Begleitung mitgegeben, er fährt sie zu ihren Kindern.”
„Du weißt, dass sie die nächste Zeit bei Regan Bishop wohnen wird?”
„Ja, sie hat es mir erzählt.” Er schüttete seinen Kaffee hinunter und ging zur Kaffeemaschine, um sich noch eine Tasse einzugießen. „Nun, immerhin hat sie den ersten Schritt gemacht. Es war wahrscheinlich der schwerste.” Weil es nichts mehr gab, was er noch hätte für sie tun können, bemühte er sich nun, seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden.
„Da wir schon von Regan Bishop sprechen … Mir ist zu Ohren gekommen, dass du hinter ihr her bist. Ist da was dran?”
„Gibt es vielleicht ein Gesetz, das das verbietet?”
„Und selbst wenn es eins gäbe, würde dich das vermutlich nicht abhalten.” Devin ging zum Schreibtisch seines Deputys und durchforstete die Schubladen. Er konfiszierte zwei Schokoladenriegel, von denen er einen Rafe zuwarf. „Sie ist nicht der Typ, den du normalerweise bevorzugst.”
„Mein Geschmack ist besser geworden.”
„Wurde auch langsam mal Zeit.” Devin biss von dem Riegel ein Stückchen ab. „Ist es was Ernsthaftes?”
„Eine Frau ins Bett zu kriegen ist immer ernsthaft, Bruderherz.”
Kauend murmelte Devin etwas, das nach Zustimmung klang. „Und sonst ist nichts dahinter?”
„Ich weiß noch nicht genau. Aber ich habe so das Gefühl, dass es zumindest verdammt gut anfängt.” Er schaute auf und grinste, als Regan das Büro betrat.
Sie blieb fast ruckartig stehen, so wie es wahrscheinlich jede Frau getan hätte, die sich unversehens zwei blendend aussehenden Männern gegenübersieht. „Tut mir leid. Ich wollte nicht stören.”
„Aber nein, Ma’am.” Devin entfaltete seinen ruhigen Country-Charme mit voller Wucht und stand auf. „Es ist mir immer ein Vergnügen, Sie zu sehen.”
Rafe legte den Kopf leicht schräg und grinste sie an. „Die gehört mir, Devin”, sagte er nur in milde warnendem Tonfall.
„Wie bitte?” Regan trat verblüfft einen Schritt zurück und machte ein Gesicht, als wollte sie ihren Ohren nicht trauen. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, aber sagtest du gerade ,Die gehört mir’?”
„Ganz recht.” Rafe biss genüsslich in seinen Schokoriegel und hielt ihr das, was noch davon übrig war, hin. Als sie seine Hand beiseitestieß, zuckte er nur die Schultern und aß den Rest selbst.
„Das ist ja nicht zu fassen – da sitzt ein erwachsener Mann vor mir, futtert Süßigkeiten und sagt ganz einfach ,Die gehört mir’ über mich, so als wäre ich die letzte Packung Eiskrem in der Gefriertruhe.”
„Ich habe es schon früh gelernt, meine Ansprüche geltend zu machen.”
Wie um es zu beweisen, packte er sie an den Ellbogen, hob sie auf die Zehenspitzen und küsste sie lang und hart auf den Mund. „So, das war’s”, sagte er, nachdem er sie wieder losgelassen hatte. „Bis dann, Dev.”
„Ja, bis dann.” Zu weise, um laut herauszulachen, räusperte sich Devin bedächtig. Die Sekunden
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