Zwischen Sehnsucht und Verlangen
geh nach oben, ich habe zu arbeiten. Stell das Zeug hin, wo immer du möchtest.”
„Rafe …”
Er fiel ihr in den Arm, als sie Anstalten machte, ihn zu berühren. „Im Moment solltest du mich vielleicht besser nicht anfassen.” Seine Stimme klang ruhig und sehr kontrolliert. „Es wäre ein Fehler.”
„Du bist unfair.”
„Wie zum Teufel kommst du eigentlich darauf, dass ich fair sein sollte?”
Er kniff die Augen zusammen. „Frag jeden, der mich kennt. Dein Scheck liegt auf dem Kaminsims.” Damit wandte er sich endgültig von ihr ab und ging hinaus.
Wut kochte in ihr hoch. Oh nein, so ließ sie sich nicht von ihm behandeln. Entschlossen lief sie ihm nach aus dem Zimmer und holte ihn in der Halle, kurz vor der Treppe, ein. „MacKade.”
Er blieb am Absatz stehen und drehte sich langsam und widerwillig um. „Was ist?”
„Es interessiert mich nicht, was andere Leute über dich sagen oder denken. Wenn das nämlich der Fall wäre, hätte ich mit Sicherheit versucht, dich mir vom Hals zu halten.” Sie blickte nach oben, als sie bemerkte, dass ein Arbeiter neugierig seinen Kopf durch die Sprossen des Treppengeländers steckte und interessiert zuhörte. „Verschwinden Sie”, fuhr sie ihn an und sah, wie sich Rafes Lippen zu einem widerwilligen Lächeln verzogen. „Ich mache mir ein eigenes Bild von den Menschen, mit denen ich es zu tun habe. Allerdings nehme ich mir dafür auch genau die Zeit, die ich brauche.” Sie ging zur Tür, um den Möbelpackern zu öffnen.
„Da kannst du jeden fragen.”
Als sie sich über die Schulter nach ihm umsah, war er verschwunden.
Der Boden hatte ihn verschluckt, als sei er sein eigener Geist.
Vergiss es, dachte Rafe. Es war bereits später Abend, doch er war noch immer bei der Arbeit. Er war sich nicht ganz sicher, weshalb er heute Morgen in dieser Weise reagiert hatte. Es war noch niemals seine Art gewesen, an eine Frau Forderungen zu stellen. Ebenso wenig wie er sich normalerweise seine Verärgerung und Enttäuschung anmerken lassen würde. Allerdings hatte er das bisher auch noch niemals nötig gehabt. Aber vielleicht, überlegte er, während er sorgfältig Mörtel in eine Fuge strich, war ja das das Problem.
Er hatte bisher jede Frau bekommen, die er wollte.
Er liebte Frauen. Das war schon immer so gewesen. Er mochte die Art, wie sie aussahen, sprachen, dachten. Und dufteten. Frauen stellten für ihn eine Bereicherung des Lebens dar. Weil sie so anders waren als er.
Frauen waren wichtig. Er liebte es, sich mit ihnen zu unterhalten, er mochte die Partnerschaft, die sie anboten, nahm gern die Wärme an, die sie ausstrahlten. Und den Sex natürlich, gab er nach einiger Überlegung mit einem kleinen Lächeln zu, den genoss er selbstverständlich auch. Himmel, schließlich war er auch nur ein Mensch.
Aber Häuser waren auch wichtig. Es befriedigte ihn, ein Haus zu renovieren oder zu restaurieren. Je mehr Arbeit man hineinstecken musste, umso erfüllter fühlte man sich, wenn man damit fertig war. Und das Geld, das dabei heraussprang, war auch nicht zu verachten.
Von irgendwas musste man ja schließlich leben.
Allerdings war ihm bisher kein Haus untergekommen, das ihm so wichtig gewesen wäre wie dieses hier. Und keine Frau, die ihm so viel bedeutet hatte wie Regan. Das Haus und sie.
Wahrscheinlich würde sie ihn zu Hackfleisch verarbeiten, wenn sie wüsste, dass er sie mit einem Haus mit Balken und Backsteinen verglich.
Er bezweifelte, dass sie verstehen würde, was es für ihn bedeutete, dass er sich das erste Mal in seinem Leben ganz und gar auf eine einzige Sache und auf einen einzigen Menschen konzentrierte.
Das Haus hatte ihn schon sein ganzes Leben lang irgendwie beschäftigt, Regan kannte er erst seit einem Monat. Nun spukten sie beide in seinem Kopf herum: das Haus und die Frau. Mit seiner Behauptung, dass er nichts anderes mehr sah als sie, hatte er nicht übertrieben. Sie ließ ihn nicht mehr los, sie war in ihm wie die rastlosen Gespenster hier in diesem Haus.
Allein ihr bloßer Anblick heute Morgen hatte seine Hormone in Aufruhr versetzt. Und dann hatte er alles verpfuscht. Nun, irgendwie würde er die Angelegenheit bestimmt wieder ins Reine bringen können. Was ihn an der Sache so verdammt verwirrte, war, dass ihm das erste Mal in seinem Leben bei seinen Überlegungen Gefühle in die Quere gekommen waren, die er nicht mehr hatte steuern können.
Halt dich zurück, MacKade, befahl er sich selbst, während er einen neuen Eimer mit Mörtel
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