Zwischen Sehnsucht und Verlangen
hast.”
„Ja. Es geht voran.”
„Du arbeitest schnell.”
„Ja. Das hat man mir schon immer nachgesagt.” Er zog einen Scheck aus seiner Brusttasche hervor und hielt ihn ihr hin. „Hier. Der Scheck.”
„Danke.” Sie nahm ihn, öffnete ihre Handtasche, die sie auf dem Tisch abgestellt hatte, und schob ihn hinein. „So. Dann werde ich jetzt mal gehen.” Sie warf sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter, drehte sich brüsk um und rannte direkt in ihn hinein. „Oh, Entschuldigung.” Als sie Anstalten machte, um ihn herum zu gehen, verstellte er ihr den Weg. Ihr Herz schlug plötzlich wie ein Schmiedehammer. „Lass mich durch.”
Ungerührt blieb er stehen und musterte sie von Kopf bis Fuß. „Du siehst nicht besonders gut aus.”
„Vielen Dank.”
„Du hast Ringe unter den Augen.”
So viel zu meiner Schminktechnik, dachte sie mit bitterer Ironie. „Es war ein langer Tag, und ich bin müde.”
„Wie kommt’s, dass du überhaupt nicht mehr zu Ed zum Essen gehst?”
Sie fragte sich, wie sie jemals auf den Gedanken hatte verfallen können, dass es angenehm sei, in einer Kleinstadt zu leben. „Selbst wenn du zusammen mit dem Nachrichtendienst von Antietam da anderer Meinung sein solltest: Was ich in meiner Mittagspause mache, ist noch immer ganz allein meine Angelegenheit. Lass dir das gesagt sein.”
„Dolin ist im Gefängnis. Er kann dir nicht mehr zu nahe kommen.”
„Ich habe keine Angst vor Joe Dolin, das kannst du mir glauben.” Stolz auf ihre gespielte Tapferkeit warf sie den Kopf zurück. „Ich trage mich mit dem Gedanken, mir eine Waffe zuzulegen.”
„Das solltest du dir vielleicht noch mal überlegen.”
In Wirklichkeit hatte sie noch keine Sekunde daran gedacht. „Ah ja, ich verstehe, du bist der Einzige auf der ganzen weiten Welt, der in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen und andere gleich mit dazu, stimmt’s? Mach Platz, MacKade, ich habe hier nichts mehr verloren.”
Als er sie am linken Arm packte, verpasste sie ihm ohne nachzudenken mit der Rechten eine schallende Ohrfeige. Entsetzt über sich selbst, wich sie gleich darauf einen Schritt zurück.
„So weit musste es also kommen.” Fassungslos und den Tränen nahe riss sie sich ihre Handtasche von der Schulter. „Ich kann es nicht glauben, dass du mich dazu gebracht hast, so etwas zu tun. Noch nie in meinem Leben habe ich einen Menschen geschlagen.”
„Dafür, dass es das erste Mal war, war es schon ganz gut.” Während er sie nicht aus den Augen ließ, fuhr er sich mit der Zunge über die Innenseite seiner Wange, die wie Feuer brannte. „Du solltest es das nächste Mal mit einem Schwung aus der Schulter heraus versuchen.
Im Handgelenk hat man nicht genug Kraft.”
„Es wird kein nächstes Mal geben. Im Gegensatz zu dir halte ich nichts von roher Gewalt.” Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen. „Entschuldige bitte.”
„Solltest du versuchen, zur Tür zu gehen, muss ich mich dir leider wieder in den Weg stellen, und der ganze Zirkus fängt von vorn an.
„Also gut.” Sie ließ ihre Tasche auf dem Boden, wo sie sie hingeschleudert hatte, liegen. „Offensichtlich hast du mir noch etwas zu sagen.”
„Hör auf, so trotzig das Kinn zu heben, das macht mich langsam wahnsinnig. Also, da ich ein zivilisierter Mensch bin, erkundige ich mich jetzt ganz höflich nach deinem werten Befinden. Zivilisiert ist das, was du bist, denk dran.”
„Mir geht es gut”, schleuderte sie ihm wütend entgegen. „Und wie geht es dir?”
„Gut genug jedenfalls. Möchtest du ein Bier? Oder lieber einen Kaffee?”
„Nein, vielen Dank.” Wer zum Teufel war dieser Mann? Wie kam er bloß auf die Idee, in aller Seelenruhe eine vollkommen sinnlose Unterhaltung führen zu wollen, während in ihrem Inneren ein Hurrikan tobte? „Ich will weder Bier noch Kaffee.”
„Was willst du dann, Regan?”
Jetzt erkannte sie ihn wieder. Dieser scharfe, ungeduldige Ton, den er nun anschlug, brachte ihr den alten Rafe MacKade zurück. Nach dem sie sich sehnte. „Ich will, dass du mich gehen lässt.”
Ohne ein Wort machte er einen Schritt zur Seite und gab den Weg frei.
Sie bückte sich und hob ihre Handtasche auf. Gleich darauf stellte sie sie wieder ab. „Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein.” Zum Teufel mit ihrem Stolz und ihrem Gefühl. Was scherte sie das alles? Schlimmer verletzt, als sie es ohnehin schon war, konnte sie schließlich nicht mehr werden.
„Du hättest es sowieso nicht bis zur Tür
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