Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
Regeln.«
»Na toll.« Ist das nicht auch mein Revier und meine Wohnung? Wann kann ich endlich meine eigenen Regeln aufstellen? Oder wann wird mir genug Vertrauen entgegengebracht, dass es ohne Regeln geht?
Als die Couch die Transformation zum Bett vollzogen hat, wende ich mich an Avi. »Du kannst als Erster ins Bad.«
»Todah«, sagt er und nimmt eine Zahnbürste, Zahnpasta und eine blaue Flanellhose.
»Bitte.«
Ich gehe schnell in mein Zimmer und schlüpfe in ein Tanktop und Shorts – mein übliches Schlafgewand. Dann setze ich mich aufs Bett, starre Avis Foto auf dem Nachttisch an und kann es noch immer nicht fassen, dass er wirklich da ist … in meiner Wohnung, in meinem Leben. Es ist nicht so perfekt, wie es in Israel war, aber Avi hat etwas an sich, das mir unheimlich guttut und mich ruhig werden lässt.
Gleichzeitig sage ich mir, dass es nur für eine Woche ist und nicht für immer. Bald fliegt er wieder zurück und dann sitze ich wieder allein da … ohne Einladung zum Valentinstanz, ohne Freund an Silvester, ohne Verabredung am Valentinstag und ohne Date für das Feuerwerk am vierten Juli, falls aus dem Sommerurlaub in Israel nichts wird.
Nathan ist da. Jeden Tag.
Warum denke ich an Nathan, wenn Avi hier ist? Ich kann Nathan nicht mal leiden, und seine Smaragdaugen auch nicht.
Bestimmt ist Avi längst mit Umziehen und Zähneputzen fertig. Doch die Badezimmertür geht gerade erst auf, als ich direkt davor stehe. Avi kommt heraus … ohne Oberteil, frisch geduscht, mit feuchten Haaren.
Braun gebrannte Haut, Schokoladenaugen, Haare, die fast schwarz wirken, wenn sie nass sind. »Hi«, sage ich.
Er kämmt sich mit den Fingern durch die nassen Haare. »Entschuldige, dass es so lang gedauert hat, aber nach dem langen Flug und so habe ich dringend eine Dusche gebraucht.«
»Ich glaube, Dad muss mir diesen Sex-Vortrag noch mal halten«, flüstere ich, dann lächle ich ihn verlegen an, husche an ihm vorbei und sperre mich im Badezimmer ein.
Ich betrachte mich im Spiegel und frage mich, wie Avi darauf kommt, dass wir aussehenstechnisch in derselben Liga spielen. Meine Zähne könnten gerader sein, meine Oberlippe verschwindet, wenn ich lächle, meine Haare sind zu kraus, und meine Brüste haben eine Körbchengröße zu viel. Unter meinem Pyjama habe ich sogar den BH anbehalten, damit Avi nicht merkt, wie sehr meine Dingdongs hängen, wenn ich »die Mädels« von der Leine lasse.
Er sagt, dass er mich dafür mag, dass ich mich nicht mit halben Sachen zufriedengebe. Aber kämpft nicht jeder dafür, dass alles so läuft, wie er es sich vorstellt? Manche finden sich wahrscheinlich mit dem Status quo ab – zum Beispiel Jessica. Aber es liegt in meiner Natur zu kämpfen. Das habe ich vermutlich von meinem Dad.
Mir ist auch nicht entgangen, dass ich seit Neuestem ziemlich verrückt nach Jungs bin. Meine Gedanken kreisen ständig um sie. Das hat angefangen, als ich Avi kennengelernt habe, und seitdem nicht wieder aufgehört. Manchmal muss ich in den seltsamsten Momenten an Jungs denken, zum Beispiel im Konversionsunterricht oder sogar beim Shoppen. Als mir Jessica letzte Woche von ihrem Tanzturnier erzählt hat, hat sich mein Gehirn an dem Wort »Tanzen« festgesaugt, und meine Gedanken sind zu meinen letzten Sommerferien in Israel abgeschweift, als ich Avi in der Disco beim Tanzen beobachtet habe. Er ist ein großartiger Tänzer und bewegt sich unheimlich entspannt zur Musik – im Gegensatz zu den meisten anderen Jungs, die ich kenne.
Vielleicht sind Dads Regeln doch nicht so verkehrt.
Bevor ich ins Bett gehe, werfe ich noch einen Blick ins Wohnzimmer. Avi liegt auf der Couch, hat jedoch die Decke nicht ganz hochgezogen, sodass seine muskulöse Brust herausschaut. Ein Arm liegt unter seinem Kopf, wodurch sein Bizeps hervortritt.
»Was?«
»Nimmst du Anabolika oder so etwas?«
Er lacht. »Halte du mal eine Kalaschnikow über den Kopf und wate damit zweimal am Tag fünf Kilometer durch hüfthohes Wasser. Dann hättest du genauso kräftige Arme. Und wenn das Gewehr mit Wasser in Berührung kommt, kriegst du einen weiteren Kilometer aufgebrummt.«
Danke nein. »Ich dachte, ihr hättet in der Wüste trainiert.«
»Dort auch. Entweder muss man einen jerikon voll Wasser tragen, der über zwanzig Kilo wiegt, oder einen von vier Trägern spielen, die den schwersten Kerl der Einheit im Laufschritt auf einer Bahre transportieren. Und egal, wo man sich gerade befindet, wenn der Anführer sagt, runter auf den
Weitere Kostenlose Bücher