Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
auf. »Überleg dir gut, mit wem du dich anlegst, Amy.«
»Wieso? Willst du mir drohen?« Ich schnappe mir ein Kissen und schleudere es auf ihn. Mit seiner freien Hand fängt er es auf, ohne mit der Wimper zu zucken.
Er zieht eine Augenbraue hoch. »Du suchst wohl Ärger?«
»Ich bin Ärger.« Ich nehme mein letztes Kissen und hole aus. »Du hast keine Hand mehr frei«, sage ich zu Avi. »Was machst du jetzt?«
Noch ehe ich es auf ihn werfen kann, ist Avi mit einem Satz auf dem Bett und setzt mich außer Gefecht, indem er meine Hände links und rechts von meinem Kopf auf die Matratze runterdrückt und meine Beine mit seinen einklemmt.
»Hast du das im Kampftraining gelernt?«, frage ich lachend und versuche, mich zu befreien, was mir aber nicht gelingt. Der Typ besteht nur aus Muskeln. Wahrscheinlich liegt sein Körperfettanteil bei null Prozent. Wetten, dass meine Brüste allein mehr Fett haben als er am ganzen Körper?
Er sitzt auf mir, aber nicht mit seinem vollen Gewicht, damit er mir nicht wehtut. »Man muss die Stärken seines Feindes richtig einschätzen … und seine Schwächen«, sagt er.
»Bin ich der Feind, Avi?«
»Und, bist du’s? Denn gerade werde ich das Gefühl nicht los, dass du etwas im Schilde führst. Dein hyperaktives Gehirn plant die Flucht.«
»Woher weißt du das?«
»Ich sehe es in deinen Augen«, sagt er. »Und ich spüre das Adrenalin, das durch deine Adern schießt.«
Mein Herz schlägt schneller, und ich bin angespannt, aber bestimmt nicht, weil ich ihm entkommen will. Ich war keinem Jungen mehr so nahe, seit Avi und ich im letzten Sommer unsere Tour durch Israel gemacht haben. Ich will, dass er mich küsst, so wie vorhin. Doch er tut es nicht. Warum nicht?
»Amy, ich bin wieder da!«, höre ich die Stimme meines Vaters über den Flur schallen. Noch schneller, als er auf mein Bett gesprungen ist, springt Avi davon runter und nimmt wieder seine Position an meiner Kommode ein.
Als Dad den Kopf zur Tür hereinsteckt, blickt er von mir zu Avi. Ich habe es geschafft, mich aufrecht hinzusetzen, aber die Decke ist völlig zerwühlt, und ich möchte wetten, meine Haare sehen nicht viel besser aus.
»Avi, warte doch bitte im Wohnzimmer, ich muss kurz mit Amy reden. Es dauert nur eine Minute.«
Avi fährt sich mit den Händen über seinen Bürstenschnitt und zögert. Es ist ihm anzumerken, dass er lieber hierbleiben und mich beschützen würde.
»Dad, du blamierst mich«, sage ich, nachdem ich Avi gebeten habe, im Wohnzimmer zu warten, damit er die Standpauke meines Vaters nicht mitbekommt.
»Es dauert nicht lange, Amy. Reg dich nicht auf.«
»Wenn es um Sex geht – Mom hat mich schon aufgeklärt.«
»Ja, dann bekommst du jetzt die Dad-Version, okay?« Er reibt die Hände aneinander, als wolle er ein schweres Gewicht stemmen. Das Schmirgelpapier-Geräusch seiner rauen Haut lässt mich wieder an die Handcreme denken, die die Kosmetikerin ihm empfohlen hat. Ich wünschte, ich hätte ihn gezwungen, sie zu kaufen. Er räuspert sich und sagt: »Kein Sex.«
»Alles klar. Danke für das Gespräch, Dad. Unheimlich hilfreich. Was bin ich froh, dass wir auf einer Wellenlänge liegen.«
»Amy …«, sagt er und in seiner Stimme schwingt ein warnender Unterton mit.
Ich stöhne, ordne meine Kissen, die über mein Bett verstreut sind, und lehne mich dagegen. »Was?«
»Avi ist achtzehn. Ein Mann. Du bist gerade erst siebzehn geworden –«
»Vor über einem Monat«, unterbreche ich ihn.
»Ja, gut. Jungs ticken anders als Mädchen. Jungs, ähm, haben … Triebe und, ähm, deshalb musst du dich vorsehen, und, äh, dein eigener Körper hat sich auch verändert, äh, du weißt schon. Vielleicht hast du ja auch, ähm, Gefühle …«
All diese Ähms und Ähs machen mich ganz kirre.
» Aba , vielleicht hättest du letztes Jahr zu diesem Seminar von meiner Schule gehen sollen, in dem es darum ging, wie man mit seinen Kindern über Sex spricht. Mom war dort. Sie hat mir gesagt, dass ich gut aufpassen muss. Dass jede Menge Krankheiten übertragen werden können. Und dass ich nie, unter gar keinen Umständen ungeschützt Sex haben soll. Und wenn ein Typ verlangt, dass ich irgendwas mit ihm machen soll, was ich nicht will, dann soll ich ihn zum Teufel schicken. Und dass die Risiken, die Sex in meinem Alter mit sich bringt, gegenüber den schönen Seiten bei Weitem überwiegen. Und dass jeder vernünftige Junge mich genauso lieben wird, ohne dass ich meine Werte verrate oder meine Grenzen
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