Zwischen uns die Zeit (German Edition)
Alzheimererkrankung bemerkbar macht, werden er und Brooke nachts ins Haus kommen, um aufzuräumen und die offenen Rechnungen zu bezahlen. Sie werden für sie kochen, und tagsüber, wenn Maggie unterwegs ist, heimlich den Kühlschrank füllen. Und eines Tages, kurz vor ihrem Tod, wird Bennett seine Großmutter in sein Geheimnis einweihen. Sie wird nur einen Moment lang von der wunderbaren Gabe ihres Enkels wissen und dann wieder alles vergessen, aber zumindest wird sie gespürt haben, dass die letzten Jahre ihres Lebens ohne ihn ganz anders verlaufen wären.
» Anna?«, unterbricht die alte Dame meine Gedanken. » Was soll ich tun?«
» Geben Sie keine Vermisstenanzeige auf«, sage ich leise.
Sie zieht überrascht die Brauen hoch. » Warum nicht?«
Ich betrachte einen Moment lang schweigend das Farbenspiel des Lichts auf der Tischplatte, bis ich dann doch beschließe, ihr zumindest so viel zu erzählen, wie ich verraten kann, ohne Bennetts Geheimnis preiszugeben. » Ich habe keinen Kontakt zu ihm, aber ich weiß, dass er in Sicherheit ist«, beginne ich zögernd. » Er ist wieder in San Francisco, seiner Heimatstadt. Ich weiß, dass er nicht von hier wegwollte, aber er hatte keine andere Wahl. Ich weiß auch, dass es nie seine Absicht gewesen ist, Sie zu belügen oder zu verletzen, und wenn er es doch getan hat, dann nur, weil ihm nichts anderes übrig blieb.«
Maggie runzelt die Stirn. » Wer ist er?«
Ich schüttle traurig den Kopf. » Das darf ich Ihnen leider nicht sagen, Maggie. Bennett hat lange gebraucht, bis er es mir anvertraut hat, und ich musste ihm versprechen, mit niemandem darüber zu reden. Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich es Ihnen nicht sagen kann, aber es ist nun einmal seine Geschichte und nicht meine, weshalb er auch der Einzige ist, der sie erzählen kann. Aber Sie müssen wissen, dass er kein schlechter Mensch ist.« Am liebsten würde ich hinzufügen… und dass er Sie über alles liebt, verkneife es mir aber, weil das alles nur noch komplizierter machen würde. » Alles andere wird er Ihnen selbst erzählen, wenn er wiederkommt.«
Die alte Dame beugt sich über die Tischplatte zu mir vor. » Und wann wird das sein?«
» Ich habe keine Ahnung, Maggie«, sage ich und bin froh, wenigstens in diesem Punkt ehrlich zu ihr sein zu können. » Aber er hat mir einmal gesagt, dass er wiederkommen wird, und ich kann nicht anders, als es ihm zu glauben.«
Sie runzelt sichtlich verwirrt die Stirn und einen Moment lang habe ich Angst, doch zu viel gesagt zu haben. » Was soll ich der Polizei erzählen?«
Ich denke einen Moment lang nach. » Dass es einen Notfall gab«, antworte ich schließlich. » Dass ein naher Angehöriger plötzlich krank wurde. Ein Freund hat ihn zum Flughafen gefahren und er hat Ihren Wagen auf dem Parkplatz stehen lassen. Aber zwischenzeitlich hat er sich gemeldet und gesagt, dass es ihm gut geht. Er ist…« Ich hole tief Luft, um Kraft zu sammeln und den Satz beenden zu können, ohne dass mir die Tränen kommen. » Er ist wieder bei seiner Familie in San Francisco.«
» Ich soll also lügen?«
» Das ist keine Lüge, Maggie. Er ist tatsächlich zu Hause in San Francisco. Sie können ihn natürlich auch einfach als vermisst melden und gar nichts weiter dazu sagen, aber die Polizei wird ihn nicht finden.«
» Falls er zurückkommt…«
» Wenn«, unterbreche ich sie mit fester Stimme. » Wenn er zurückkommt, werde ich es als Erste erfahren und Sie sofort benachrichtigen, das verspreche ich. Und ich werde dafür sorgen, dass er Ihnen alles erzählt, in Ordnung?«
Die alte Dame nickt nachdenklich. » Aber was soll ich mit seinen Sachen machen? Was ist mit dem Wagen?«
Der Jeep. Bennett hat gesagt, dass er Maggie gehört. » Ich glaube, Bennett hat ihn für Sie gekauft.«
Sie sieht mich entgeistert an. » Aber warum um alles in der Welt hätte der Junge das denn tun sollen? Er kennt mich doch erst seit ein paar Monaten.«
Ich seufze lächelnd. » Ja und nein. In gewisser Weise kannte er Sie schon ein bisschen länger. Ich weiß, dass das für Sie jetzt keinen Sinn ergibt…« Ich zögere, als ich mich plötzlich an einen Satz erinnere, den ich gestern Abend gelesen habe. Einen Satz, den ich in sechzehn Jahren in einem Brief an Bennett schreiben werde.
» Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als mir zu vertrauen, Maggie. Ich verspreche Ihnen, dass das alles eines Tages einen Sinn für Sie ergeben wird, auch wenn Sie es im Moment nicht verstehen.«
34
Ich trage
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