Zwischen Vernunft und Sehnsucht (Julia) (German Edition)
beliebtesten Stars des Landes Misstrauen hervorrief. „Und bevor du voreilige Schlüsse ziehst, Declan Carstairs, solltest du wissen, dass ihn lediglich meine Hilfsbereitschaft beeindruckt hat. Ich habe ihm aus einer heiklen Lage herausgeholfen, das ist alles.“ Mehr würde niemand von ihr erfahren. Auch Damon Yves hatte ein Recht auf Privatsphäre.
Sie stützte sich auf, um Declan ins Gesicht zu sehen.
„Habe ich etwas anderes behauptet?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
„Du hast es zumindest angedeutet.“
„Verzeih mir, Chloe.“ Er legte die Hände um ihren Nacken und zog ihren Kopf zu sich herab. Seine warmen Lippen streiften ihre, seine Zungenspitze liebkoste ihren Mundwinkel. „Bitte.“
Und sie gab nach, schmiegte sich seufzend an ihn. Doch als seine Hand zwischen ihre Schenkel glitt, schob Chloe sie sanft, aber bestimmt weg. Sex mit Declan war wundervoll, aber im Moment suchte sie in seinen Armen nur Geborgenheit und das Gefühl, dass sie beide mehr verband als die Lust aufeinander.
„Willst du nicht?“ Er sah so frustriert aus, dass sie lächeln musste.
„Später. Erzähl mir von dir.“
„Da gibt’s nichts zu erzählen. Mein Leben ist ein offenes Buch.“
„Gibt es denn gar nichts, was du mit mir teilen möchtest?“ Mühsam verbarg sie ihre Enttäuschung.
Er schüttelte den Kopf. „Höchstens, dass ich in letzter Zeit ständig heiße Träume von meiner Haushälterin hatte.“
„So?“ Es war ein plumpes Ablenkungsmanöver, doch Chloe strich ihm sanft über die Wange. Was hatte ihn nur zu einem so verschlossenen Menschen gemacht?
„Oh ja. Ihre sexy Stimme macht mich ganz verrückt. Sie braucht mir nur die Mails vorzulesen, und schon werde ich ganz scharf auf sie.“ Er grinste. Dann griff er plötzlich nach Chloes Hand und drückte sie an die Narbe. „Und das stört dich wirklich nicht?“
„Aber nein, das weißt du doch.“
Es tat ihr weh, den Zweifel in seiner Miene zu sehen. Aber sie wollte Declan, mit allem Drum und Dran. Der Unfall hatte drastische Spuren hinterlassen, von denen die äußerlich sichtbaren noch die harmlosesten waren.
„Hast du eigentlich Schmerzen?“
„Kaum. Mein Knie ist ein bisschen steif, und manchmal habe ich leichte Kopfschmerzen, mehr nicht.“
Lügner. Sie wusste, wie er sich oft mit seinen Übungen abquälte. Ihr Herz quoll über vor Zuneigung und Zärtlichkeit. Sie schmiegte das Gesicht an seinen Hals und schlang einen Arm und ein Bein um ihn, als wollte sie ihn vor allem Leid bewahren.
Doch wer achtete auf sie, nachdem ihr Schutzwall nun endgültig eingebrochen war?
„Chloe?“ Declan spürte das Flattern ihrer Wimpern und etwas Feuchtes an seiner Schulter. Weinte sie etwa? „Geht es dir gut?“
„Es ging mir nie besser.“ Sie kuschelte sich so eng an ihn, dass es ihm schwerfiel, nicht auf ihren warmen weichen Körper zu reagieren.
„Es muss furchtbar gewesen sein“, sagte sie leise, „als ihr abgestürzt seid …“
Er spannte sich an. Zu oft waren mitfühlende Worte nur ein Vorwand gewesen, ihn über die Einzelheiten der Tragödie auszufragen.
Chloe aber sagte nichts weiter, hielt ihn nur fest. Seltsamerweise brachte gerade das ihn dazu, sein Schweigen zu brechen. Vielleicht auch das Bedürfnis, sich endlich jemandem anzuvertrauen. Der Frau, die ihm inzwischen so viel bedeutete.
Bisher hatte er niemandem erzählt, was wirklich vorgefallen war. Seit dem Unfall hielt er Freunde und Bekannte auf Distanz, um nicht mit ihnen über Adrians Probleme reden zu müssen. Es genügte, wenn er sich Vorwürfe machte, seinem Bruder nicht geholfen zu haben. Er wollte nicht noch andere damit belasten.
„Ja, es war furchtbar. Ein Albtraum.“
Adrians trauriger Monolog, das Messer, mit dem er das Seil durchschnitt … wie in Zeitlupe hatte sich das Drama vor seinen Augen abgespielt. Warum hatte er nicht früher gemerkt, was Adrian vorhatte?
Chloes Nähe bot ihm Trost, als die Schuldgefühle mit voller Wucht über ihn hereinbrachen.
„Es war ein schwieriger Aufstieg. Zu schwierig.“ Er hätte wissen müssen, dass Adrian nach Jahren des Großstadtlebens den Anforderungen dieser Bergtour nicht gewachsen war, auch wenn er das Gegenteil beteuert hatte.
„Hinterher ist man immer klüger.“
„Das ist keine Entschuldigung.“
„Brauchst du denn eine?“ Ihr Flüstern verursachte ihm eine Gänsehaut.
Er würde sich sein Versäumnis nie verzeihen. Niemals. Jeden Tag, jede Stunde, die er in dieser Finsternis ausharren musste,
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