Zwischen Wind und Wetter
Freude wieder ins Boot, es geht noch einmal los.
Die Zuschauer laufen auseinander, die Frauen sind bereits gegangen, sie haben nichts gekauft.
Three men and a dog in a boat in Ballybunion.
Die Iren sind nicht fischbegeistert. Viel mehr interessieren sich für die hiesigen Lachse, Hechte und Forellen die deutschen Angler, die im Urlaub Flußufer und Seen bevölkern. Von der Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft hatte man sich endlich das Geld für eine eigene, moderne Fischfangflotte und für den Ausbau der Häfen erhofft. Beliefern wollte man den übrigen europäischen Markt. Die sogenannten Marktmechanismen bewirkten das Gegenteil. In den irischen Hoheitsgewässern tummeln sich die modernen Flotten der Deutschen, Dänen und Holländer.
Und wieder einmal wird die grüne Insel kolonialisiert, diesmal durch Preisabsprachen und Fangquoten vom grünen Tisch aus. Experten befürchten, daß der in Brüssel abgesegnete ‘Papierfisch’ aus der Irischen See bald eine Wüste der Weltmeere macht. Wenn nicht vorher Fangverbote ausgesprochen werden müssen, wie schon geschehen, weil die englische Atomanlage Sellafield, früher Windscale, durch ihre radioaktiv belasteten Abwässer die ganze Irische See verseucht.
Leider ist Fisch für die Iren anscheinend immer noch kein verteidigungswürdiges Kulturgut, so daß sie sich das Wolfsgesetz des ‘catch as much as you can and get away with it’ (nimm so viel, wie du kriegen kannst und hau ab damit) gefallen lassen.
Auch wir haben heute keinen Fisch gekauft, essen keinen Fisch im Zelt, sondern Spargelcremesuppe, Ham and Eggs und Joghurt mit Früchten.
UNTER DEM MILCHWALD * )
Wir haben das County Clare verlassen, um nach Kerry zu ziehen. Am Wetter ändert das nichts.
‘It’s cloudy and drizzling.’
Die Nässe hängt in der Luft und löst sich in Tropfen auf.
Vier mal vier Pfund kosteten die vier Nächte im Vorgarten. Wir starten in Richtung Kerry Head, über Ballyduff nach Ballyheigue über Land, einige Male überqueren wir den Feale und seinen Zufluß, den Brick. Wenig Steigungen. Rechts und links geht es zu Altertümern, den Resten von Rattoos, Rundtürmen aus grauer Vorzeit.
Die Jetztzeit erscheint uns ebenso grau. In der Ferne wälzen sich dicke, dunkle Wolkenmassen über die langgestreckten Berge der Dingle-Halbinsel, fransen nach unten aus oder bilden scharfe Kanten, unter denen die lichten Streifen hellerer Wolkenschichten fast den Eindruck von Sonnenschein erwecken. Hellgrün, wie unterirdisch beleuchtet, liegt die Landschaft unter dem Milchwald.
Nach knapp dreißig Kilometern erreichen wir Ballyheigue an der Küste unterhalb des Kerry Heads. Erfreulicherweise, denke ich, steht am Kerry Head kein Light House, so haben wir den direkten Weg zum heutigen Ziel genommen. Wir sind am frühen Nachmittag da und verzehren unsere Unterwegsbrote im Zelt auf einem Caravanplatz, der für solch seltsame Leute wie uns eine Wiese zum Zeltaufschlagen bereithält.
Nach den Butterbroten verspeisen wir noch eine ganze Packung gemein leckerer irischer Plätzchen, sogenannte Hob Nobs.
Ein langer, schmaler Strandstreifen, durch einen Kieselsteinwall abgegrenzt, bot sich zum Laufen an. Die Goretex-Regenjacken, wir können sie bald nicht mehr leiden, fest um uns geschlungen, darunter den dickeren der jeweils beiden Pullover, die wir mitgenommen haben, stürzen wir uns in den zunehmenden Milchwald.
Graugrün lag bleiern das Meer, Tangreste auf dem Sand wickelten sich um unsere Füße. It could be worse, es könnte schlimmer sein, dieser Spruch aus der Grafschaft Mayo kam uns in den Sinn, wir lächelten, doch er half. Er half in Irland immer.
Als der Nebel zu dicht wurde, kehrten wir um. Das auflaufende Meer verdrängte uns vom Strand, wir mußten auf der Krone des Kieselsteinwalls laufen.
Nach vorn, nach hinten, zur Seite war bald außer der weißen Milchsuppe nichts mehr zu sehen wir konzentrierten uns auf die Kieselsteine. Die vielfältigsten Formen, unterschiedlichsten Größen und feinsten Farbnuancen nahmen unsere Blicke gefangen. Graue Steine mit rosa Einschluß und schwarzen Streifen, wie abstrakte Kunst der Natur; sehr unterschiedliche Graus, auch weiße Steine, anthrazitfarbene mit weißen Kreuzen wie verschnürte Postpakete. Manche glänzten, glitzerten von der Feuchtigkeit auf ihrer Oberfläche.
‘Jeder Stein ist ein potentielles Gebirge’, schreibt Roger Caillois in seinem Buch über die Steine. Steine sind Mikrokosmen an Schönheit, edle Steine,
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