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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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sich in ihren Bergflanken festgebissen zu haben. Der über neunhundert Meter hohe Brandon Mountain schaut oben aus den Wolken heraus, ebenso einige andere Bergrücken.
    Schwebendes Land.
    Fische springen im Wasser, Möwen schreien, ein Kormoran streicht vorüber; Lerchen sind zu hören; und nur für kurze Zeit unterbricht das langsame Tuckern eines blauen Fischerbootes die natürlichen Geräusche.
    Ilse findet im Ort Fenit ein zweites Malmotiv, die Kneipe ‘O’Sullivan’s’ mit ihrer gelben Fassade und der kräftigen, rotschwarzen Beschriftung. Daneben eine der alten Telefonzellen, früher einmal gelb-grüngestrichen, heute weiß mit blauen Randstreifen. Auch in Irland, ebenso wie es in England und Wales mit den alten, roten Telefonzellen geschieht, werden die Zellen nach und nach durch moderne Glashäuschen von Telecom ersetzt. Telefoniert wird fast nur noch mit Karten, die in allen Läden und Gaststätten zu bekommen sind.

    Noch siebeneinhalb Meilen bis Tralee, elf Kilometer.
    Am Straßenrand wachsen Beinwell und Fingerhut. Ausgeschildert ist nichts (no soign!); den auf unserer Karte eingezeichneten Campingplatz gibt es nicht, weites Land ist dort, es sieht nicht so aus, als sei an dieser Stelle jemals so etwas wie ein Campingplatz gewesen. Es gibt aber einen Platz in Tralee, in der Stadt, nach dreimaligem Fragen finden wir ihn. Für Zelte ist eine Rasenfläche angelegt, die sanitären Anlagen sind ausgezeichnet, und nach dem Duschen lassen wir uns in der Campers-Küche nieder, dort gibt es Tische und Bänke, die wie auf einem Schiff fest angeschraubt und miteinander verbunden sind. Und so eng aneinander, daß man kaum dazwischen gelangt.
    Wenn es nur nicht wieder so regnen würde, die Versprechungen des Nachrichtenmenschen haben nicht lange vorgehalten.
    »Der hat sich versprochen !« sagt Ilse.
    Wenn es nicht wieder so regnen würde, gingen wir lieber in unser Zelt, trotz des undichten Bodens, den wir mit der Lebensrettungsfolie und zwei großen Mülltüten unterlegt haben. Denn die Rückenlehnen der Bänke steigen im rechten Winkel empor, wir fühlen uns wie die Kinder des Herrn Schreber.
    Schreber, der nicht nur die nach ihm benannten Gärten erfand, sondern auch mit allerlei Geräten, Bändern und Riemen versuchte, seinen Kindern körperlich und seelisch eine aufrechte Haltung beizubringen. Letzteres mißlang, die Kinder verkümmerten, und so ist Vater Schreber lediglich mit den Gärten für jedermann und jedefrau in die Geschichte eingegangen.
    Ein junger Heidelberger gesellt sich zu uns, wir reden über die Freuden und Tücken des ‘outdoor-Lebens’, über Materialschwächen der Fahrräder. Sein Spezial-Mountain Bike sei ihm im vorigen Jahr in Schottland auseinandergefallen, erzählt er. Die scheinen trotz der recht hohen Preise nicht unbedingt stabiler zu sein; still danken wir unseren beiden normalen Sporträdern mit 12-Gangschaltungen für ihre bisherige problemlose Leistung, die verschiedenen Plattfüße wollen wir nicht rechnen.
    Wir gehen früh auf die Matten. Aus Wut über die ständigen Pladdergeräusche auf dem Zeltdach höre ich noch zwei Stunden lang Musik im Transistor.

    Donnerstag, 10.6.
    Es hat die ganze Nacht geregnet, es regnet immer noch. Der Heidelberger will nicht weiterfahren:
    »Das tu ich mir nicht an !«
    Wir tun es uns an. Wir starten!
    ‘A weak rain belt will cross the country’, hatte der ‘Irish Independent’ noch vor ein paar Tagen verkündet, nur ein schwacher Regengürtel. Das Tief vom Atlantik war auf der Wetterkarte eingezeichnet gewesen, 990 Hektopascal * ) hatten wir gelesen.
    Heute schien der Regengürtel einige Löcher enger eingestellt worden zu sein. Im ‘The Star’ bildeten sie sonnige Strandszenen vergangener Jahre ab, wie es war, wie es sein könnte. ‘But the way we are: Cats ‘n dogs time.’ Aber so, wie es ist, regnet es mal wieder Katzen und Hunde.

    ‘Bei Regensturm sind Mensch und Tier Gefangene... Der Wanderer auf der Straße ist machtlos gegen solches Unwetter, schutzlos der Eingeborene auf seinem Weg über die baumlosen, unbewohnten Berge…’ (August Closs im ‘ Irischen Bilderbuch’).
    Unwetter?
    ‘Man kann diesen Regen schlechtes Wetter nennen, aber er ist es nicht. Er ist einfach Wetter...’(Heinrich Böll).
    Da sind wir, im Wetter, zwischen Wind und Wetter. Fühlen wir uns gestraft? Haben wir nicht schon genug Wetter erlebt? Eigentlich ist unser Kontingent an Regen erschöpft, der Bedarf nach Sonne wächst. Erfreulicherweise hat

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