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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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der Stadt liegenden Bucht. Im Westen ballen sich wilde Wolkenberge, die untergehende Sonne zaubert einen dramatischen Himmel mit tiefrosafarbenen Streifen zwischen dunklen Schichten. Wie Scherenschnitte stehen schwarze Bullen auf den Weiden gegen den Himmel.
    Plötzlich fallen drei dunkle Punkte wie Steine in das Wasser der Bucht. Als sie auf tauchen , erkennen wir, daß es Vögel sind, drei Bass-Tölpel auf der Jagd. Sogenannte Stoßtaucher, ungefähr so groß wie Kormorane, benannt nach dem Bass Rock, einer Insel vor der Ostküste Schottlands. Sie schießen mit gestrecktem Körper und angewinkelten Füßen und Flügeln aus bis zu dreißig Metern Höhe ins Wasser. Es gibt kaum eine Chance für die Opfer, die sie erspäht haben. Die Körperhaut enthält Luftsäcke, die den Aufprall dämpfen und die Tiere schnell wieder zur Wasseroberfläche bringen, sie bleiben im Gegensatz zum Kormoran nur sehr kurz unter Wasser. Alle drei halten etwas Zappelndes im Schnabel.
    »Arme Fische«, sage ich, »sie hatten sich unter Wasser so sicher gefühlt .«
    »Zu wem hältst du eigentlich ?« fragt Ilse.
    Ich schweige, denke an den leckeren Smoked Salmon, an Kabeljau und Schellfisch und an Plaice, die Scholle.

    Der Wind nimmt zu, die ganze Nacht tobt ein Sturm. Im Fernsehen zeigen sie überschwemmte Gebiete in England, Autos stehen bis zu den Dächern im Wasser. Ob das Wetter besser wird, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß es sich steigern kann.

    Samstag, 12.6.
    Hast du genug Toastbrot, Sean?
    Das Zeltthermometer zeigt am Morgen dreizehn Grad. Welch ein heiterer, milder Sommer. Mai und Juni sollen die beiden besten Monate in Irland sein, heißt es.
    It could be worse.
    Wir warten auf unseren Besuch. Es wird Mittag. Niemand in Sicht. Schließlich trinken wir einen Kaffee in der Hotelbar.
    Vierzehn Uhr, fünfzehn Uhr, nichts.
    Vier Männer sitzen vor einer Theke in einer Bar in Dingle. Jeder hat sein Pint Bier vor sich, einer hat es sich bequem gemacht und seine Beine auf einen zweiten Barhocker gelegt. Die Mittagspause dauert an, Bier macht hungrig. Einer der vier bestellt sich ein Barmeal, ein kleines Essen mit Salat und Chips. Kaum hat Shirley, die Tochter des Wirts, das Barmeal gebracht, macht er sich heißhungrig darüber her.
    Da fragt der Wirt: »He, Sean, hast du nicht zuwenig Toast ?«
    »Ich ?« fragt Sean mit vollen Backen, »ich hab’ doch gar keinen Toast!«
    »Also hast du zuwenig Toast !«
    Auf einen Wink des Wirts bringt Shirley einen Teller mit Toastbrot aus der Küche.
    »Hast du genug Toast, Sean ?« fragt der Wirt.
    »Ja«, murmelt der Esser ergeben, »yes, I’m right now .«

    Sechzehn Uhr, nichts.
    Gegen halb fünf, wir wollen gerade das Warten auf geben , kommen sie, Trudi und Uschy. Wir fallen uns in die Arme, dann wird erzählt, bei einem Pint in der Hotelbar.
    Der Abholdienst des deutschen Reiseunternehmens hatte nicht geklappt, genauer gesagt: er existierte nicht. Auch die als Kontakt in den Reiseunterlagen avisierte Dame gab es nicht. So hatten sich die beiden die hundert Kilometer lange Strecke vom Shannon Airport über Limerick und Tralee mit Linienbussen durchgeschlagen. Trudi ist fünfundsiebzig Jahre alt. Alle Achtung. Aber jetzt sind sie da, die Laune ist gut, Hotel und В & В sind in Ordnung.
    Wir beschließen den Tag mit einem gemeinsamen Abendessen in einem Restaurant in der Dykegatestreet.
    Mit reichlich Toast.
    Yes, we’re right now.

    Sonntag, 13. 6.
    Spaziergang zum Leuchtturm.
    Auf den Karten ist er nicht eingezeichnet. Doch Dingle hat einen. Wir haben ihn gestern schon gesehen.
    Trotz Regen und Nebel ziehen wir los, das Regenzeug an. Die Kapuzen fest über die Köpfe gezogen, sehen wir aus wie vier Zwerge mit Zipfelmützen ohne Schneewittchen.
    Durch Matsch und Morast stapfen wir, über Kieselsteinstrände, müssen über Zäune und Gatter klettern. Die beiden Ankömmlinge murren, so haben sie sich den Empfang auf Dingle nicht vorgestellt. Dann erreichen wir den kleinen weißen, leicht angerosteten Leuchtturm an der Dingle Bay. Das dazugehörige Haus wird gerade renoviert, es ist weiß, die Giebel und Fensterumrahmungen sind rot angestrichen. Auch die weiße Mauer, die das Ganze im Viereck umgibt, hat rote Steinsegemente an den Ecken. Vom Geländer des Umlaufs am Leuchtturm ist die rote Farbe abgeblättert.
    1896 gebaut, wurde der Turm 1986 automatisiert, dann zu einem Leuchtzeichen degradiert, daher gibt es keine Eintragung mehr in den normalen Landkarten. Inzwischen scheint er

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