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Zwischen zwei Nächten

Zwischen zwei Nächten

Titel: Zwischen zwei Nächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Wohnung gründlich durchsucht hat. Selbstmorde sind für die Behörden nicht besonders aufregend.“
    Entweder hat Alfred seinen Namen gehört oder er hat gespürt, daß von ihm die Rede ist, jedenfalls unterbricht er ihr Gespräch.
    „Sondert euch nicht so ab, ihr beiden, setzt euch herauf zu uns.“
    Er scheint bereits ein paar Gläschen zuviel getrunken zu haben.
    Paul und Ann-Marie wechseln einen vielsagenden Blick, kommen aber seiner Aufforderung nach.
    Sie verabschiedet sich von den Mariceks, die gerade gehen wollen. Dem Jungen klopft sie freundschaftlich auf die Schulter. Er ruft ihr halblaut nach: „Sie sind okay, die andere war auch schwer in Ordnung, obwohl sie Geld wie Heu hatte.“
    „Geld, Geld, Geld, für ihn dreht sich immer alles nur ums Geld“, sagte Anna.
    „Mein lieber Ehemann verlangt plötzlich als gleichberechtigter Partner am Büro beteiligt zu werden. Er begründet seine Forderung damit, daß er einen Großteil der Arbeit erledigt – wofür er übrigens ausgezeichnet bezahlt wird, das möchte ich nur nebenbei bemerken. Immer wieder bekomme ich zu hören, daß ich den Laden ohne ihn schon längst hätte dichtmachen müssen. Vielleicht hat er sogar recht. Er vergißt nur, daß er seit Jahren in die eigene Tasche wirtschaftet. Ich bin ihm erst vor kurzem, als die Steuerprüfer da waren, auf die Schliche gekommen. Er kümmert sich um die Aufträge, zahlt großzügige Provisionen, natürlich von meinem Geld, und steigt selbst recht gut dabei aus. Ich nehme an, er hat sich bereits eine hübsche Summe beiseite gelegt.“
    „Das kann ich mir gut vorstellen.“
    „Obwohl, die wirklich großen Aufträge sind seit Vaters Tod ausgeblieben. Zuerst gab ich ausschließlich meiner eigenen Unfähigkeit die Schuld daran. Nach dem Tod meiner Mutter bemühte ich mich sehr um ein besseres Verhältnis zu meinem Vater. Soweit ich mich erinnern kann, ist unsere Beziehung immer sehr ambivalent und auch spannungsgeladen gewesen. Als wir beide dann allein waren, fühlte ich mich ihm so nahe wie nie zuvor und hatte wahnsinnige Angst, auch ihn zu verlieren. Ich merkte plötzlich, wie sehr ich ihn brauchte, und konnte mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen. Doch uns blieb nicht viel Zeit miteinander, knapp zwei Jahre nach Mamas Tod starb auch er. Und ich verlor völlig den Kopf, fühlte mich verraten durch seinen Tod, kam mir total ausgeliefert vor und sah keinen anderen Ausweg, als mich selbst umzubringen. Aber nicht einmal dazu war ich fähig. Meine dilettantischen Versuche, zum Beispiel diese leidige Tablettengeschichte, waren eher lächerlich als lebensgefährlich. Ich hatte einfach Angst, Angst vor den Menschen, vor meiner Arbeit, vor dem Leben. Tage-, nein, wochenlang verließ ich nicht das Haus. Damals stand mir Alfred bei. Er kam mir wie ein Fels in der Brandung vor, und ich klammerte mich an ihn, brauchte ihn mindestens ebenso sehr wie er mich. Außer ihm hatte ich keine Freunde, sondern nur Bekannte, denen meine so offen zur Schau gestellte Traurigkeit unangenehm war. Auch du warst nicht da, Annemarie, um mit mir zu weinen, um mich in die Arme zu nehmen und zu trösten. Versteh mich bitte nicht falsch, ich mache dir keinen Vorwurf. Du bemühtest dich damals gerade, in New York Fuß zu fassen, hattest kein Geld, nicht einmal eine eigene Wohnung. Ich hätte dir einfach ein Ticket schicken sollen, anstatt dich auf der Avenue of the Americans Fruchtsäfte verkaufen zu lassen. Aber ich war nicht fähig zu schreiben, meine Finger waren wie gelähmt. Ich schloß mich ein mit meiner Angst und widmete mich ausschließlich meinem Schmerz.“
    Alfreds Trauer scheint sich in Grenzen zu halten , denkt Ann-Marie.
    Der Anblick des vor Gesundheit nur so strotzenden Mannes bereitet ihr geradezu körperliches Unbehagen. Sie muß sich sehr zusammennehmen, um höflich zu bleiben.
    Die Frau an seiner Seite ist bestimmt diese Margot.
    Sie wird gleich noch eine Spur aggressiver.
    Tatsächlich besitzt er die Unverschämtheit, sie seiner Geliebten vorzustellen.
    „Das ist die beste Freundin meiner verstorbenen Gattin, ich habe dir schon von ihr erzählt.“
    Seine Unverfrorenheit bringt Ann-Marie gehörig aus der Fassung. Sie übersieht demonstrativ die ausgestreckte Hand der fremden Frau, holt sich einen Stuhl und setzt sich neben Alfred.
    Zum Glück wird von ihr nicht erwartet, daß sie viel sagt. Alfred bestreitet die Unterhaltung allein. Nur manchmal, wenn er es gar zu arg treibt und zu vergessen scheint, daß heute seine

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