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Zwischenspiel: Roman (German Edition)

Zwischenspiel: Roman (German Edition)

Titel: Zwischenspiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Maron
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williges Opfer gewittert hatte, ließ ich nicht zu, jedenfalls nicht an diesem Tag. Für mich enthielt unsere Begegnung eine Botschaft, die sich allerdings, sobald ich versuchte, sie in Worte zu fassen, atomisierte. Ich erinnerte mich an eine Passage aus Tibor Dérys Memoiren: Er habe in der Freundschaft zu seinem Hund Versöhnung gesucht, stellvertretend für alle Tiere, die von den Menschen mit rücksichtsloser Gewalt und Überheblichkeit, bei völliger Missachtung der Autonomie des Lebens, behandelt würden.
    Auch wenn meine Bekanntschaft mit Nicki erst ein paar Stunden dauerte und vielleicht auch nur zu diesem besonderen Tag gehörte, glaubte ich an eine Fügung, die mir die Gegenwart des Hundes beschert hatte, nicht an eine göttliche, auch das Wort schicksalhaft war zu groß, aber ich musste zugeben, dass etwas Religiöses, wenigstens etwas dem Religiösen Ähnliches meinem Gefühl anhaftete. Im Zug hatte ich vor einigen Jahren eine Frau kennengelernt, die zu einem Verein gehörte, der griechische Straßenhunde nach Deutschland brachte, um sie da an hundeliebende Menschen zu vermitteln. Die Frau arbeitete nachts in einer Werkskantine, am Tag kümmerte sie sich um Hunde, fremde und zwei eigene, für die sie gerade einen Mann vor die Tür gesetzt hatte, der sich mit den beiden nicht verstand. Sie sprach während der ganzen Fahrt nur über Hunde. Im Leben der Hunde lag für sie eine Offenbarung und in ihrer Rettung ihre Mission, die sie ganz offensichtlich glücklich machte. Das war die glaubhafteste Religiosität, der ich begegnet war. Die Frau glaubte nicht an Gott, aber an Hunde; oder so: die Hunde waren ihr Gott, dem sie, wie Tibor Déry sagen würde, mit Achtung vor der Autonomie des Lebens diente.
    Ich kaufte zwei Würste, eine mit Senf für mich, die andere ohne Senf für Nicki, dazu eine Limonade, für Nicki erbat ich eine Schale Wasser. Während der Mann die Würste in Stücke schnitt und auf den Papptellern drapierte, überlegte ich, ob es nicht ratsam sei, für Nicki eine Vorratswurst zu kaufen, die, solange ich sie in der Tasche hatte, meine Attraktivität für ihn sicher gewährleisten würde. Der vertraute Umgang des Wurstverkäufers mit dem Hund hatte mich doch leicht verunsichert, und wenn ich an Nickis Durchtriebenheit auch nicht glauben wollte, so war gegen diese kleine, einer Enttäuschung vorbeugende Maßnahme doch nichts einzuwenden. Ich bestellte eine dritte Wurst zum Mitnehmen. Wir setzten uns an den Tisch, der von der Wurstbude am weitesten entfernt war. Nickis Schwanz schlug in höchster Erregung aus und fegte den Sand nach links und rechts.
    Das ist noch zu heiß für dich, sagte ich, was für Nicki ein Grund war, seine kraftvergeudende Freudenbekundung noch einmal zu steigern. Jeden Bissen, den ich mir in den Mund schob, verfolgte er mit beschwörenden Blicken, so dass er mir fast im Hals stecken blieb. Ich stellte seinen Pappteller auf die Erde und überließ es ihm, über die Bekömmlichkeit seiner Mahlzeit zu entscheiden.
    Als ein Telefon läutete, dauerte es eine Weile, ehe ich begriff, dass die Töne aus meiner Handtasche kamen. Fanny, dachte ich und erschrak. Ich hatte fast vergessen, dass ich, wenigstens in den Augen der anderen, Olgas Beerdigung versäumt hatte, was meine Tochter sicher zu missbilligenden, wenn nicht empörten Kommentaren hinreißen würde. Seit einiger Zeit reagierte Fanny schnell ungehalten, wenn ich etwas tat oder sagte, das ihren Erwartungen nicht entsprach, und ich fragte mich manchmal, ob Fannys Gereiztheit mir gegenüber ein Echo war auf Kränkungen, die ich ihr in der Kindheit unbedacht oder unvermeidbar zugefügt hatte und die erst jetzt in ihr zu rumoren begannen. Oder ob es etwa schon mein Alter war, das sie zu diesem vormundschaftlichen Ton ermutigte. Ich zögerte, das Gespräch anzunehmen.
    Nun geh schon ran, sie macht sich Sorgen, sagte eine Stimme in meinem Rücken, in der ich, ohne mich umzusehen, Olga erkannte.
    Aber bleib hier, sagte ich, verschwinde nicht gleich wieder, setz dich doch.
    Olga setzte sich und ich drückte endlich auf die Empfangstaste.
    Was ist los, wo warst du?, fragte Fanny streng.
    Ich habe mich verfahren, mit meinen Augen stimmt etwas nicht.
    Aha. Und jetzt?
    Jetzt ist es zu spät.
    Das habe ich geahnt.
    Was?
    Dass du nicht kommst.
    Ich wollte kommen, ich hatte Blumen gekauft.
    Du wolltest Papa nicht treffen, ist doch klar.
    Wie war es denn?
    Erzähle ich später, wir essen gerade.
    Sie verabschiedete sich knapp und legte

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