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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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Vorzügen des Feng-Shui. Dass Marie dann doch ziemlich normal geworden war, war für mich immer noch eines der modernen Wunder unserer Zeit. Maries Vater war schon vor vielen Jahren mit der örtlichen Sparkassenberaterin durchgebrannt und Marie hatte den Großteil ihrer Teenagerzeit bei ihrer Mutter verbracht. Wahrscheinlich hatte ihr Vater sich nach etwas mehr Bodenständigkeit gesehnt und hatte nun die Spießerin in Person zur Gattin. Maries Aussagen zufolge waren sie überglücklich, nun ja, jeder nach seiner Façon.
    »Deine Mutter ist echt der Knaller«, kicherte Marie auf unserem Weg zu ihrem Auto.
    »Ich weiß, und dabei meint sie es ja auch nur gut, aber manchmal nervt es total«, erwiderte ich, während wir ins Auto stiegen und in Richtung Italiener losfuhren.
     
    »Was sehen meine armen alten Augen? Die zwei hübschesten Mädchen des ganzen Ortes sind zurück!«, rief Guido, der Inhaber des ›Vesuvio‹, als er uns zur Tür hereinkommen sah. Der kleine, grauhaarige Mann mit dem enormen Bauchumfang kam mit einer Geschwindigkeit auf uns zu, die man ihm bei seiner Größe und seinem Gewicht kaum zutraute. Ehe wir uns versahen, hatte er jede von uns in die Arme geschlossen und herzte uns. Jetzt war ich wirklich wieder zu Hause, denn das ›Vesuvio‹ war nicht nur Restaurant, sondern auch Kneipe und Lebensmittelpunkt des Dorfes. Taufen, Firmungen, Hochzeiten, alles wurde hier gefeiert, und wenn die Wände dieses Ladens hätten reden können, dann wäre schon so mancher dicke Wälzer mit Geschichten gefüllt worden.
    »Wir freuen uns auch , wieder hier zu sein, Guido. Hast du einen Tisch für uns?« Marie hatte sich aus der Umarmung des Italieners gelöst und blickte sich suchend in der Gaststätte um, denn trotzdem es mitten in der Woche war, waren viele der Tische besetzt.
    »Für euch doch immer! Kommt mit!« Er ging uns voraus und führte uns zu einem kleinen Tisch für zwei Personen. Er eilte kurz davon, kam mit Menükarte, Besteck, Gläsern und Servietten zurück und deckte den Tisch neu ein.
    »Bitte schön, Signorinas. Kann ich euch einen Aperitif bringen, geht selbstverständlich aufs Haus, obwohl ich böse mit euch sein sollte. Ihr wart eine Ewigkeit nicht mehr hier!« Doch er lächelte uns so freudig an, dass wir wussten, er meinte es nicht ernst.
    »Guido, du weißt, dass wir nicht mehr hier wohnen, da können wir nicht mehr so oft herkommen«, erklärte ich ihm. Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, als würde er das Gesagte für eine billige Ausrede halten.
    »Ach ja, wie ich gehört habe, bist du schon länger im Ort. Bist sogar wieder bei Mama und Papa eingezogen. Und wie man hört, hast du Kummer mit einem Mann«, flüsterte er mir in vertraulichem Ton zu. Wobei Flüstern vielleicht nicht ganz das passende Wort war, so ziemlich jeder in unserer Umgebung hatte es mitbekommen. Sofort richteten die anwesenden Gäste ihr Augenmerk auf unseren Tisch, fast jeder im Restaurant kannte mich. Ich war in diesem Dorf aufgewachsen und meine Eltern waren äußerst aktiv im Gemeindeleben. Der Name Simon war kein unbekannter, und wenn es etwas Neues aus der Familie zu berichten gab, spitzte man schnell die Ohren. Manchmal verfluchte ich es, aus so einem kleinen Ort zu kommen, und dies war einer der Momente. Ich spürte, wie ich rot anlief, weil ich es nicht gewohnt war, im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen, riss mich aber schnell zusammen.
    »Woher hast du das denn?«, wollte ich von ihm wissen.
    »Na, Frau Steffens hat dich die Tage mit einem sehr attraktiven Mann gesehen und ihr seid nicht in Freundschaft auseinandergegangen, du sollst sogar handgreiflich geworden sein«, brachte er mich auf den neuesten Stand meines Beziehungslebens. Frau Steffens, na klar, wer auch sonst. Ich hatte beim Spaziergang mit Phil nicht genau darauf geachtet, wo wir stehen geblieben waren, und wir hatten uns ausgerechnet das Haus der größten Klatschbase ausgesucht, die der Ort zu bieten hatte. Und ich hatte es mal wieder fertiggebracht, ihr Gesprächsstoff zu liefern. Es wunderte mich, dass es noch nicht bis zu meinen Eltern vorgedrungen war.
    »Dann sag Frau Steffens, dass du aus ganz zuverlässiger Quelle weißt, dass der Mann nur ein Kollege war und er nicht der Grund für meine Rückkehr ist.« Den wahren Grund verschwieg ich besser, denn wenn das erst mal die Runde machte, würde bei meinen Eltern weder Telefon noch Haustürklingel stillstehen.
    »Wird gemacht, Schätzchen. So und jetzt hole ich euren

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