Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
aussah? Musste er auch noch so unverschämt viel Geld haben? Kaum hatte ich mich daran gewöhnt, dass er etwas reicher als der Rest war, kam er mit diesem Hammer um die Ecke. Wie hatte ich damit umgehen können, als wir zusammen waren?
»Ich bin dadurch nicht mehr oder weniger wert. Du hast dich bisher nicht davon beeindrucken lassen, es war einfach ein Teil von mir. Und ich würde mir wünschen, dass es so bleibt.« Er hob seine Hand und strich mir ohne Vorwarnung eine Locke, die sich aus meiner Mütze gelöst hatte und mir die Sicht versperrte , hinter mein Ohr. Heiß und kalt durchfuhr es mich und überrascht blickte ich zu ihm auf. Wieder hatte ich ein Bild vor meinem inneren Auge: Wie durch einen Schleier nahm ich wahr, wie er mir ebenfalls eine Locke aus dem Gesicht strich. In seiner anderen Hand hielt er eine Art Taschentuch. War das der Grund für die verschwommene Sicht? Hatte ich etwa geweint? Das war nicht das Erschreckende, sondern die Tatsache, dass er, wie schon in allen anderen Visionen, Wams und Pumphosen trug. Was war hier los? Waren wir in einem früheren Leben schon einmal aufeinandergetroffen? Und durch meinen Knacks im Gehirn fand ich plötzlichen Zugang zu meinem inneren, verborgenen Ich? Was für ein Schwachsinn! Ich glaubte nicht an Seelenwanderung und den ganzen Quatsch. Aber irgendwoher mussten doch diese ganzen Bilder kommen!
»Ist irgendetwas mit dir?«, fragte er mich besorgt. Schuldbewusst fiel mir ein, dass ich länger als gewollt geschwiegen hatte. Ich konnte ihm schlecht sagen, was geschehen war, wenn er nicht glauben sollte, dass ich total durchgeknallt war. Eine andere Erklärung für die merkwürdigen Bilder wollte mir einfach nicht einfallen.
»Nein, nein, alles bestens«, beeilte ich mich ihm zu versichern.
»Also glaubst du, dass du mich einfach nur als normalen Kollegen betrachten kannst, und gibst mir vielleicht eine zweite Chance?«
»Ja, klar«, murmelte ich gedankenverloren, immer noch mit dem beschäftigt, was gerade vor meinem inneren Auge vorbeigezogen war.
»Ehrlich? Was hat dich zu dem Sinneswandel bewogen? Nein, lass es, ich will es gar nicht wissen! Wann können wir uns treffen? Passt es dir dieses Wochenende?« Halt! Was hatte ich getan? Zugestimmt, dass ich mich noch einmal mit ihm treffe? Ich musste echt aufpassen, was ich da tat, wer weiß, was mir sonst noch so passieren konnte? Ich musste die Sache unverzüglich klarstellen, damit er sich nicht falsche Hoffnungen machte.
»Phil, das ist ein Missverständnis. Es macht mir nichts aus, dass du Geld hast, und ich werde dich wie jeden anderen auch behandeln, dich noch nicht mal darauf ansprechen, wenn du es wünschst. Aber eine zweite Chance kann ich dir nicht geben, so leid es mir tut«, sagte ich bedauernd. Und merkwürdigerweise bedauerte ich es wirklich, aber ich war kurz davor, meinen Verstand zu verlieren, da brauchte ich nicht noch meine achterbahnfahrenden Gefühle. Sein Lächeln sank in sich zusammen, stattdessen verwandelte sich sein Gesicht in eine Maske des Schmerzes. Sein Anblick versetzte meinem Herzen einen Stich, doch ich musste eisern bleiben. Philemon Berger war nicht gut für mich und meinen Seelenfrieden. Je früher er aus meinem Leben verschwand, umso besser war es für mich.
»Wie du meinst. Dann gehe ich jetzt wohl besser, bevor ich dich weiter belästige!« Enttäuscht drehte er sich um und machte sich auf den Rückweg zur Schule. Wieder zog sich etwas in mir schmerzhaft zusammen und ich war mir mit einem Mal nicht sicher, ob meine Entscheidung tatsächlich die richtige gewesen war. Frustriert kickte ich gegen eine auf dem Boden liegende Dose, dabei nahm ich zu viel Schwung , und statt die Dose gegen den nächstliegenden Baum zu befördern, donnerte mein Fuß gegen den Baumstamm. Schmerzen durchfuhren mich und die Tränen schossen mir in die Augen. Verdammter Mist! Hatte sich alles und jeder gegen mich verschworen?
10. Kapitel
Am folgenden Samstag hatte ich mich mit Sarah in meiner Wohnung verabredet. Nach einem leckeren Essen machten wir es uns auf der Couch bequem und ich begann, ihr meine Geschichte zu erzählen. Auf mein Geständnis, dass mir ein Teil meiner Erinnerungen fehlte, reagierte sie mit Entsetzen und Bedauern. Sie konnte sich fast gar nicht mehr beruhigen und versicherte mir immer wieder ihre Verschwiegenheit.
»Keine Angst, dein Geheimnis ist bei mir sicher. Aber jetzt mal unter uns Betschwestern: Was läuft wirklich zwischen Berger und dir?« Ich versuchte
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