Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
er nicht. Nicht für mich, nicht für eine Beziehung, für niemanden. Es ist nicht seine Schuld, es ist nicht meine. Es sind verschiedene Auffassungen von »Platz machen«, »Raum geben«. Und ich habe zu oft gewartet; gewartet, dass Platz geschaffen wird, dass ich Raum einnehmen darf.
Ich atme tief durch. Dann erkläre ich ihm ruhig und sachlich, warum ich nicht bleiben kann. Und nicht wiederkommen werde. Er steht nur da und sieht mich an. Er schweigt. Und schweigt. Und sieht mich an. Und als er nach mehreren Minuten Stille immer noch nicht zu Ende geschwiegen hat, nehme ich meine Jacke. Und dann ziehe ich sehr leise die Tür hinter mir zu und verbiete mir zu weinen.
Kein Verlust
Samstag, 16. Januar um 16:39 Uhr
Ich halte mich wacker. Sehr tapfer schlage ich mich weiter durch dieses anstrengende und verwirrende Leben und unterdrücke todesmutig jeden Versuch, alles rückgängig zu machen. Niko meldet sich nicht, weil er entweder noch nicht bemerkt hat, dass ich weg bin, oder aber, was wahrscheinlicher ist, weil er mich doch verstanden hat.
Wenn zwei Menschen so grundlegende und so unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was Liebe ist und wie sie aussehen soll, wie man sich sagt, dass man sich vermisst, und wie man sich zeigt, was man sich wert ist, dann helfen keine Gebärdensprache, keine Wörterbücher und auch keine Megaphone mehr. Ich kann mir niemanden zurechtbiegen. Ich kann nichts schöner machen, als es ist. Ab März wird es besser.
Aber jetzt ist Januar. Das Leben ist jetzt, ICH bin jetzt, nicht erst im März. Meine Liebe kennt keinen Terminplaner. Und keine Pausetaste. Ich kenne fast forward und rewind. Ich kenne stop und play. An Pausen glaube ich nicht. Und an tröpfelnde, dosierte Liebe erst recht nicht. Das kann funktionieren, wenn beide gleich ticken. Wenn beide gleich wenig oder viel Zeit veranschlagen wollen und die süße Sehnsucht mindestens genauso lieben wie das Hier und Jetzt. Wenn zwei es miteinander versuchen wollen, müssen sie denselben Zug entwickeln. Dasselbe Tempo. Man spürt das. Man spürt intuitiv, ob der andere dieselbe Geschwindigkeit aufnimmt wie man selbst. Man spürt, ob da Platz ist oder nicht. Hier, in dieser kleinen Geschichte, da war keiner.
Peinlichkeiten
Sonntag, 24. Januar um 12:05 Uhr
Ich schäme mich so. Nicht nur, weil ich bislang mein Monatsmotto schändlich vernachlässigt habe, sondern auch,
weil ich mich wieder einmal zutiefst selbst gedemütigt habe. Ganz allein, fast ohne fremde Hilfe.
Zurück zum Motto. Eines meiner großen Interessen ist ganz klar Feiern, gerne auch ohne ersichtlichen Anlass. Höchste Zeit, sich unter den feierwütigen Mitmenschen nach paarungsbereiten Singles umzusehen. Praktischerweise schlage ich damit auch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Ich bewältige meine Trauer um die verpasste Chance mit Niko und kümmere mich gleichzeitig um meine Großbaustelle. Gestern war ich also auf einer Party bei meiner alten Freundin Maria, die ich seit Jahren nicht gesehen und nur peripher vermisst hatte. Es waren viele Leute aus vergangenen Schultagen anwesend und ich erkannte staunend, dass sich einige Freundeskreise seit dem Übergang in die Oberstufe gar nicht verändert hatten. Ich hingegen habe immer mal wieder meine Freunde neu sortiert, neue gefunden, einige leider und einige zu Recht verloren, bis ich nach langer Arbeit die Menschen um mich geschart habe, die zu mir passen und mir guttun.
Im Laufe des Abends tauchte immer mal wieder ein junger Mann in der Küche auf, der mich freundlich begrüßt hatte und auch weiterhin angrinste. Ich lächelte freundlich zurück, begeistert darüber, dass Maria offensichtlich auch nette Arbeitskollegen eingeladen hatte.
»Angriff ist die beste Verteidigung«, betete ich mein Mantra herunter und trat dem Liebeskummer in den Allerwertesten. Nach der zweiten Flasche Sekt wagte ich es endlich. Ich schlingerte zielstrebig auf den jungen Mann zu, lächelte umwerfend, streckte ihm meine Hand entgegen und sprach deutlich und ein wenig zu laut: »Hallo! Ich finde lächeln reicht nicht, ich bin bereit für Stufe zwei: Sprechen!«
Stolz strahlte ich ihn an und unterdrückte ein Aufstoßen.
»Hallo, ich weiß, wer du bist, und ehrlich gesagt waren wir zwei auch schon wesentlich weiter.«
WAAAAAAS?? Wann? Warum kennt er mich und ich ihn nicht? Habe ich etwa einen meiner Liebhaber vergessen? Nein! Oder? Wer ist der Kerl?
»Aha. Na, dann …«, rette die Situation, sag was, sei lustig!, »… geh ich mal
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