Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
Herz und werfe mich in Nikos Arme. Er fängt mich immerhin auf. Leidenschaftlicher wird es an diesem Abend aber nicht mehr. Wir sehen uns einen französischen Problemfilm (in Originalsprache mit Untertiteln) an und teilen uns eine kleine Tüte Popcorn. Immerhin berühren sich ab und an unsere Hände, wenn wir gleichzeitig in die Popcorntüte greifen. Das ist wenigstens aufregend, weil ich immer noch nicht weiß, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Niko nimmt es gelassener. Einmal geht er sogar richtig ran und streichelt mit seinem Zeigefinger über meinen Handrücken. Und das – und da bin ich mir sicher – passiert NICHT zufällig!
Nach dem Film stehen wir draußen vor dem Kino rum. Wie geht’s jetzt weiter? Gehe ich noch mit zu ihm? Hab ich mir die Beine rasiert? Ist es überhaupt wichtig, oder werden wir uns weiter mit Händchenhalten abmühen? Ein bisschen knutschen wäre angebracht, um sich in der Evolutionskette des Datings nicht wieder hinten anstellen zu müssen. Niko sieht das ein wenig anders: »Das war ein wirklich schöner Abend.«
War?! Ist er schon wieder vorbei?
»Ich muss morgen früh raus«, sagt Niko und nickt mit dem Kopf. Ich nicke übersprungshandelnd mit, mir fällt nichts Besseres ein, so geschockt bin ich. Ich bin aber auch ein Wunder an Eloquenz.
Einen Kuss zum Abschied bekomme ich dann doch noch. Nach Hause gehe ich aber alleine. Ohne neuen Termin. C’est la vie.
Relative Liebe
Dienstag, 12. Januar um 15:50 Uhr
Wieder nichts Neues. Von Niko tröpfeln im gewohnt erniedrigenden Takt Nachrichten ein. Dass er keine Zeit hat, dass dieses Haus fertig werden muss, dass er sich immer noch nicht für die richtigen Schrauben bei der Heizkörperhalterung entschieden hat, dass er an mich denkt, wenn er Zeit hat, und dass ich das alles bitte nicht persönlich nehmen soll – er fände mich toll, und wir hätten ja noch alle Zeit der Welt, bald würden wir uns wiedersehen. Bald. Aha. Schon Einstein wusste: Zeit ist relativ.Ich mag ja Männer mit eigenem Leben. Ich finde das nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch sehr anziehend! Ich möchte gar niemanden haben, der mich auf einen Sockel stellt und als seinen Lebensinhalt abfeiert. Aber das genaue Gegenteil davon? Nach Aufmerksamkeit lechzen. Neue Treffen erfragen. Absagen bekommen. Das reicht mir nicht. Auch wenn mein Herz so gerne für Niko schlagen möchte: Irgendwas in mir sagt, dass die Suche noch nicht beendet ist.
Am Ende
Donnerstag, 14. Januar um 23:36 Uhr
Seit zwei Tagen ist es nun totenstill. Es kommen nicht nur wenige, es kommen gar keine Nachrichten mehr bei mir an. Jetzt hat er mich so weit. Jetzt bin ich mürbe.
»Wir haben ein Problem«, beginne ich eines der seltenen Telefonate. Er kommt gerade von der Baustelle, und obwohl ich ihn fast nicht kenne, höre ich ihm an, wie viel Überwindung es ihn kostet, jetzt zu telefonieren. Er ist müde, er will nur noch ins Bett, aber dieses aufmüpfige Mädchen besteht darauf, zu reden.
»Haben wir?«, fragt er aufrichtig erstaunt.
»Ja, haben wir. Kann ich vorbeikommen? Ich bringe Wein und Gedanken mit.« Ich sollte eine Diplomatenlaufbahn einschlagen.
Als ich bei ihm ankomme, öffnet er mir mit müden Augen die Tür, öffnet die Arme und drückt mich ganz fest an sich, und in diesem Moment ist alles, alles gut. So hat er mich noch nie begrüßt. Ich möchte anfangen zu reden, aber es geht nicht. Ich bin gefangen von seiner Gegenwart, und ich weiß auch gar nicht, was ich vorhin noch verkünden wollte, weil seine Umarmung meine zerknitterte Seele wärmt.
»Welches Problem haben wir doch gleich?«, murmelt er müde.
Und ich nehme all meinen Mut zusammen und frage ihn: »Wann sehen wir uns wieder?«
Und er sagt: »Fragt man das normalerweise nicht eher am Ende einer Verabredung?«
Ich traue mich nicht zu sagen, dass das Ende der Verabredung vielleicht schon näher ist, als er denkt. Niko gibt mir einen Kuss auf die Stirn. »Du weißt doch, das kann ich dir heute noch nicht sagen.«
Ich rücke von ihm ab: »Ich weiß noch nicht einmal, ob du manchmal an mich denkst. Ich spüre dich nicht. Ich verliere ständig die Verbindung zu dir, weil du dich nicht meldest.«
Er nickt. »Aber ich denke an dich. Ich hab nur so wenig Zeit, weißt du, zu wenig Zeit, um dir zu sagen, dass ich an dich denke. Ab März wird es besser.«
Ab März. Oder ab Juni oder September. Oder nächstes Jahr. Es geht nicht um Termine oder ums Vertrösten. Es geht um Platz in seinem Leben. Den hat
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