Zwoelf Rosen fuer ein Herz
ich sauer!
Als ich die steile Anhöhe vom Flussufer Richtung Innenstadt
hochstrampelte, klingelte mein Handy. Es war Pia. »Mann Pia, wo warst du denn? Ich hab mir in die Hose gemacht vor Sorgen! Gehtâs dir gut, ist alles o. k.?« So viel zum Thema sauer und an den Kopf werfen â¦
Eine gute Stunde später hockten wir zusammen in meinem Zimmer in den beiden Sitzsäcken, die mein Vater mir zum letzten Geburtstag geschenkt hat. Zwei Originale aus den 1970er-Jahren, entsprechend angeschrammelt, aber unheimlich gemütlich. Leider mit einem Nebeneffekt: Es stehen einem sofort die Haare elektrisch zu Berge. Aber das Phänomen der Elektrostatik ging uns zurzeit völlig am A â¦, äh, am Haar vorbei, denn wir hatten drei wirklich brennende Themen zu besprechen: 1. mein Vorstellungstermin fürs Schülerpraktikum, ein spannendes, aber schnell erzähltes Thema ohne seelische Komplikationen. 2. Pias Date mit Ole, auch relativ schnell erzählt: »Wir waren im Zoo, im Regenwaldhaus, und da muss man das Handy ausmachen. Und im Affenhaus war soân Lärm, da hab ichâs nicht klingeln gehört.« Nach dieser nachvollziehbaren Erklärung hatte ich auch mit diesem Thema keine seelischen Komplikationen mehr, vor allem weil Pia meinte: »Ich glaub, dieser Ole ist ein bisschen lahm â¦Â« Und so blieb das Thema Nummer drei: Von wem sind die Rosen? Seelischer Komplikationsfaktor 200 000!
»Also, wir sollten da mal ganz systematisch vorgehen«, meinte Pia, raschelte sich noch eine bisschen tiefer in den Sitzsack und sah nachdenklich auf den RosenstrauÃ, den ich genau zwischen uns auf ein Tischchen gestellt hatte.
Systematisch! Eine Superidee. Ich sprang auf - o. k., ich wühlte mich unbeholfen hoch, denn wenn man was nicht kann aus einem Sitzsack, dann ist das aufspringen - und nahm Papier und Bleistift. Pia sah mich etwas seltsam an, aber ich mochte die Idee sehr, mir Notizen zu machen. Ganz systematisch!
»Auf jeden Fall ist der Typ von unserer Schule«, stellte ich fest, nachdem ich wieder im Sitzsack saÃ.
»Wieso? Die Schulen sind doch nicht abgeschlossen, das kann jeder gewesen sein«, entgegnete Pia.
Ich sah sie streng an. »Ja klar, ich bin ja auch ein Mädchen, hinter dem völlig unbekannte Kerle stundenlang herrennen, um rauszufinden, wo es zur Schule geht und in welches Klassenzimmer!«
Pia sagte darauf nichts, sondern guckte nur noch ein bisschen seltsamer.
»Also von unserer Schule«, stellte ich fest. »Nehmen wir das Naheliegende zuerst: unsere Klasse.«
Wir sahen uns an und mussten lachen. Von den zwölf Jungs in unserer Klasse sind neun in Nina verknallt, zwei sind komplette Computerfreaks, die noch nicht mal gemerkt haben, dass es Mädchen gibt, und Malte, der verschrobene Sitzenbleiber, hält Valentinstag ja für amerikanischen Kulturimperialismus und wird deswegen wohl kaum strauÃweise Rosen verteilen. Ich war erleichtert, dass von den Jungs aus meiner Klasse keiner in Frage kam, denn die sind alle weder interessant noch nett noch gut aussehend. Vor allem nicht im Vergleich zu - Dominik. Den hätte ich ja am liebsten direkt aufgeschrieben, aber ich zögerte. Pia weià natürlich, dass ich schon lange in Dominik verschossen bin, aber wir reden da nicht viel drüber. Wahrscheinlich ist ihr ebenso klar wie mir, dass ich da nie eine Chance hab, und sie will mir das nicht noch extra unter die Nase reiben. Und auch ich wollte diesen Namen hier nicht allein als Erstes stehen haben. Mein Mut sank. Denn wer bitte sollte denn jemals auf der Liste stehen?
»Lukas!«, rief Pia. »Der hat dir auf dem Sommerfest so nett aufgeholfen.«
Ja, das stimmte. Ich war am Waffelstand über eine leere Coladose
gestolpert und Lukas war wirklich nett und hat auch fast gar nicht geflucht, obwohl ich ihn beim Fallen von oben bis unten mit Puderzucker von meiner Waffel eingestäubt hatte. Die Sache hatte nur einen kleinen Haken: »Lukas ist letzten Oktober nach Saarbrücken gezogen.« O.k., also weiter nachdenken.
»Jonas! Und Felix! Und Tom!«, rief Pia. »Eigentlich alle aus der 9b.«
Ich hielt kurz inne beim Schreiben und grinste Pia an. »AuÃer vielleicht Ole, was?«
»AuÃer vielleicht Ole«, sagte sie lächelnd. Wir versuchten, uns an so viele Jungsnamen aus der 9b zu erinnern wie möglich. Das ergab eine ganze Menge. Und rein theoretisch kamen die tatsächlich alle in
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