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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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so kostbar war, vielleicht war es noch nicht einmal die Anstrengungen wert, die es ihn kosten würde, aber wie müßte es sich anhören, wenn er nachher wie ein Schaf blökte: »Ich hörte, wie jemand das Haus ausräuberte, und da bin ich liegengeblieben und habe vor Angst geschwitzt, bis er wieder weg war«?
    Gut, daß er den Revolver behalten hatte — mehr als Erinnerungsstück als zu irgendeinem Zweck. Jetzt, da er wußte, was er tun würde, fühlte er sich ruhiger, obgleich sein Herz bei dem Gedanken an all die möglichen Aufregungen pochte, während er dalag und jede Bewegung überlegte. Und wenn er niemals zur Schublade käme und sie ihn ohnmächtig auf den Fußboden gestreckt wiederfinden würden, so hatte er sein möglichstes getan. Natürlich würde er es schaffen. Er hatte sich noch nicht einmal schwach gefühlt, wenn er im Sessel saß; er konnte mehr leisten, als sie ihm zutrauten. Mit einem plötzlichen Impuls schlug er die Bettdecke zurück, weil er wußte, wenn er noch länger darüber nachdachte, würde er es nicht tun; er hielt ein, mit leicht geöffnetem Mund, als er das unterdrückte Husten wieder hörte, diesmal schon näher — zweifellos am Büfett.
    Wie würde er aussehen? Er stellte ihn sich in der üblichen Art vor, einen Schal um den Hals geschlungen, eine Kappe tief ins Gesicht gezogen, mit einem Sack für die Beute. Vielleicht mit einer schwarzen Maske? Nein, ein Gelegenheitsdieb wie dieser, der nur auf geringe Beute aus war und sich durch Husten verriet, trug keine Maske. Vielleicht war es ein alter Landstreicher, der sich den Husten beim Übernachten zwischen den Hecken geholt hatte; er War sicher schmutzig und stopplig und zerlumpt — fast wie eine Gestalt aus der Revolution. Er würde durch den Anblick eines Schießeisens leicht einzuschüchtern sein. Er hob sein Hinterteil und seinen Stumpf mit Hilfe der Hände hoch und schob sein Bein Zoll für Zoll über die Bettkante, krümmte und streckte es, bis sein bloßer Fuß den Bettvorleger berührte. Immer noch mit den Händen auf das Bett gestützt, hob er sich hoch, bis er Fuß gefaßt hatte. Sein Stumpf zitterte, als ob er nach Hilfe verlangte. Er versuchte, sein Gewicht auf das eine Bein zu verlagern, aber sofort schwankte er, drehte sich um sich selbst und konnte sich gerade am Bett festhalten. Er konnte sich nur schlecht im Gleichgewicht halten. Der Chefarzt hatte damals gesagt, ein Bein wiege ungefähr dreißig Pfund. Kein Wunder, daß sein Oberkörper Übergewicht hatte an der Seite, an der dies Bein fehlte. Er schwang sich wieder herum, bis sein Rücken sich gegen das Bett lehnen konnte. Er würde niemals hüpfen können, das war klar; er würde kriechen müssen. Auf allen vieren wäre das beste, so daß sein Stumpf frei über dem Boden schweben konnte — auf allen dreien, natürlich. Er krümmte sein Bein, damit er sich auf dies Knie niederlassen konnte, und fiel auf seine Hände. Nachdem er seine Lage geprüft hatte und damit zufrieden war, machte er sich in der albernsten Weise, die man jemals erlebt hatte, auf den Weg. Ihm fiel ein, daß er Pyjamahosen trug, die nicht zu seiner Jacke paßten. Er hatte geglaubt, es spiele keine Rolle, weil die Besucher ihn doch nur bis zur Taille sehen würden; daß er auf einen Bettler Jagd machen würde, hatte er nicht geahnt. Mühsam, Meter um Meter, unterbrochen durch Pausen, in denen er horchte, ob der Bettler näher kam, was nicht sein durfte, ehe er das Schießeisen erreicht hatte, schob er sich ruckweise zum Tisch hin. Einmal kippte er um und brauchte einige Zeit, um sich wieder aufzukrabbeln. Der Schmerz in seinem ungestützten Stumpf war beträchtlich. Schön, wenn die Wunde wieder aufbrach und er wieder von vorn anfangen müßte, mit Transfusionen und Penicillin und all dem Zeug, was dazu gehörte, so war es ihre Schuld, und diesmal hätte er ein Privatzimmer, bitte sehr. Er würde niemals mehr ein Lazarett ertragen können, nach seiner Krankenzeit unter dem offenen Fenster. Im Lazarett war nie genug Luft gewesen, wenn nicht gerade ein Sturm auf der Fensterseite stand. Sobald sich sein Kopf umnebelte und schwindlig wurde, mußte er anhalten und ihn zwischen seinen Armen herunterhängen lassen, damit er sich wieder mit Blut füllte. Über die Läufer war es gar nicht so schlecht gegangen, aber nun kam zuletzt noch eine kleine Strecke mit Dielen. Als er den Tisch erreichte, wobei sein Herz in seiner Pyjamajacke hing wie die Zwiebeln in seiner Feldbluse bei Arnheim, ließ er mit einer

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