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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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schlug eine Tür im Wind, dann schlug sie nochmals, leiser. Oliver fluchte, und als er lauschend auf das dritte Mal wartete, hätte er schwören können, Fußtritte gehört zu haben. Vielleicht blubberte etwas auf dem Herd. Wie leicht man sich etwas einbilden konnte, wenn man allein und hilflos in einem Hause lag. Da war es wieder, und ein Krachen — das war die Treppe, natürlich. Manchmal machte sie nachts dieses Geräusch, krach, krach, krach, gerade, als ob jemand hinauf ginge, während es in Wirklichkeit die alten Stufen waren, die sich von dem Druck der Füße erholten, die sie den ganzen Tag getreten hatten. Aber es war ein anderes Krachen, ein langgezogenes. Jetzt mußte sich eine andere Tür durch den Wind geöffnet haben. Warum, zum Teufel, konnten sie die Türen an einem windigen Tag nicht fest schließen? Konnten sie nicht nachdenken? Er war nicht nervös, aber ärgerlich. Wie würden sie sich vorkommen, wenn man sie allein und hilflos im Hause gelassen hätte und alle Türen einen Lärm machten wie gefolterte Seelen? Er ließ sein Buch sinken — er hatte in den letzten fünf Minuten immer wieder denselben Absatz gelesen — und wartete darauf, daß die Tür, die sich eben quietschend geöffnet hatte, sich mit einem Knall wieder schließen würde. Warum konnte sie nicht endgültig fest zuschlagen, damit sie nicht wieder auffliegen konnte?
    Seine Einbildungskraft arbeitete so lebhaft, weil er noch niemals allein im Hause gewesen war. Was war da nun wieder für ein Geräusch, das sich wie Fußtritte in der Küche anhörte? Es war nicht das Hin- und Herfegen von Ratten; er kannte das Geräusch sehr gut, es war immer nachts über seinem Kopf und ganz angenehm in seiner Vertrautheit. Weder Katzen noch Hunde schienen mit den Ratten unter dem Dach von Hinkley fertig zu werden. Oft hatte er Violet wegen der Unzulänglichkeit ihrer Rattenfänger aufgezogen, aber im Grunde war er sehr stolz auf die zähen Ratten. Es waren eben Hinkley-Ratten; dies war mehr ihr als sein Zuhause; es gehörte seit Generationen ihrer Familie, lange ehe die Norths kamen. Leute in Nachthemden, wie die Elisabethaner trugen — er stellte sie sich lang und weitärmlig vor mit einer Halskrause wie an Muffets blauem Kleid — , hatten vielleicht schon hier gelegen und nach dem gleichen Geräusch gehorcht. Beim Frühstück — es war Steak, drei Eier für jeden und Buttermilch und Käse — hatten sie vielleicht, genau wie die Norths dreihundert Jahre später, gesagt: »Wir müssen uns noch mehr Katzen anschaffen und sie hungern lassen. Das Haus wird keine fünfzig Jahre mehr stehen, wenn wir es von den Ratten zernagen lassen.« Vielleicht würden dreihundert Jahre später die Leute noch immer dasselbe sagen. Wenn nicht eine Atombombe nachholte, was die Ratten versäumt hatten.
    Er versuchte wieder zu lesen. Es war dumm, daß er sein Herz schlagen hörte. Er bildete sich jedenfalls ein, er könnte es hören, genau wie das leise Ticken der Großvateruhr, die ihren Pendel in der Halle wie ein Weihrauchfaß schwang. Angenommen, ein Bettler käme herein, der gehört hätte, daß im Haus nur ein hilfloser Krüppel sei — Was würde der Krüppel tun? Wenn seine Mutter ihn nicht heimlich weggelegt hatte, so mußte sein Revolver in der Schublade des Fenstertisches sein. Würde er ihn erreichen, und würde er ihn laden können, und würde er, vielleicht indem er sich an der Wand entlangtastete, auf die Suche nach dem Mann gehen können? Er könnte ihn vielleicht über dem Silber im Eßzimmer überraschen, aber würde er eingeschüchtert werden von der blassen, traurigen Gestalt mit einem flatternden Pyjamabein und einem Revolver, der in einer knochigen Hand zitterte? Er besah seine Hände. Bei Gott, sie waren dünn. Die Knöchel sahen wie Knoten hervor; nicht sehr anziehend das Ganze. Hugo hatte ihm versprochen, diese blauen Ränder um die Nägel würden verschwinden, sobald er wieder auf wäre und herumgehen könnte. Wie er so auf seine Hände heruntersah, bemerkte er, daß seine Pyjamajacke sich unter den Schlägen seines Herzens leicht auf und ab bewegte. So war es doch nicht Einbildung gewesen. Es wollte sich wohl wieder wie eine lästige, schwerarbeitende Pumpe auf führen. Die Atemlosigkeit, die er plötzlich verspürte, und die kleinen Japser, die er tat, wurden nicht durch die Tatsache verursacht, daß er wieder diese Fußtritte in der Küche hörte, sondern es war allein dies verdammte Herz. Und doch — und er fühlte, wie ein Schauer

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