Zwölf um ein Bett
Toby sagte: »Ich werde dir mal etwas sagen. Du solltest so schnell wie möglich wieder in die Stadt kommen, sobald sie dich aufstehen lassen — im Rollstuhl oder am Stock oder sonstwie — , und ich werde ein dolles Ding von einer Party arrangieren, mit den besten Sachen, die die Welt zu bieten hat«, stimmte Oliver zu, in der sicheren Gewißheit, daß er all dies nicht tun würde.
»Ich muß sausen«, sagte Toby und schleuderte seinen Ärmel von der goldenen Armbanduhr zurück. »Heute läuft zum letztenmal ein Film in Shrewsbury, den ich einfach sehen muß. Warum kommen Sie nicht mit?« Er guckte auf Anne herunter und brachte die Einladung so nebenbei heraus, als ob es ihm gleich wäre, ob sie mitkäme oder nicht.
Sie gab dem Bett kleine Klapse. »Sehr vielen Dank, aber ich bleibe bei meinem kleinen Ollie. Wir wollen Schach spielen.«
»Nein, nein, du gehst ins Kino, Anne. Ich bin hier ganz zufrieden. Wahrscheinlich werde ich überhaupt schlafen.«
»Bestimmt nicht. Das sagst du bloß.«
»Nein, ehrlich. Geh ruhig.«
»Aber ich sagte doch, ich...« Sie guckte voller Zuversicht von einem zum anderen. Oliver sah schläfrig aus und abgeklärt, im Zimmer herrschte eine dumpfe Luft, und sie machte sich gar nichts aus Schachspielen.
Toby war in mancher Beziehung sehr anziehend, da waren Möglichkeiten — und er hatte einen Wagen. Vielleicht würden sie nach dem Kino irgendwo hingehen und einen Schluck trinken.
Zum Glück kam Elisabeth in diesem Augenblick in weißem Kittel und Häubchen und sagte: »Es tut mir leid, aber ich glaube, ich muß jetzt Olivers Verband wechseln, und dann sollte er eigentlich schlafen.«
Anne und Toby gingen wie Kinder, die der Schule entronnen sind. Anne kam nach einigen Minuten wieder und sah aus wie eine Sportreklame aus dem »Spectator«, in einem dicken Tweedmantel und einem hellgelben Schal. Sie kam nicht weiter als bis zur Tür, weil Elisabeth bereits mit Olivers Bein beschäftigt war.
»Du nimmst es mir bestimmt nicht übel, wenn ich gehe, Liebling?« fragte sie, lehnte sich auf die Klinke und schlenkerte ein Bein.
»Nicht ein bißchen. Macht dir doch viel mehr Spaß, als wenn du hier mit mir die ganze Zeit eingesperrt bist. Sei auch nett zu Toby. Wie findest du ihn?«
»Ach, so leidlich«, sagte Anne vorsichtig, »er ist wirklich ganz lustig.« Draußen hupte es. »Mein Gott«, sagte sie, »diese eingebildeten Männer.« Sie zögerte noch etwas unentschlossen.
Als sie schließlich gegangen war, sagte Oliver zu Elisabeth: »Arme Anne.« Sie beschäftigte sich weiter schweigend mit seinem Verband.
»Ich sagte >arme Anne<«, wiederholte er.
»Ich habe es gehört.«
»Sie haben Ihr Stichwort überhört. Sie müssen jetzt sagen: >Warum arm?<, damit ich die Versammlung wissen lassen kann, was ich denke. Ich werde langsam so alt und verstaubt, Elisabeth, daß sich mir das Herz herumdreht, wenn ich sehe, wie dies Unglücksmädchen wieder in den alten Schlendrian verfällt. Sie wissen ja, wie das so geht — gegenseitige Anziehung, Werbung, Eroberung, Vertraulichkeiten, zu genaues Sichkennenlernen, Überdruß, Streitigkeiten und dann all diese lästigen Quälereien, bis man wieder voneinander losgekommen ist. Ich mag gar nicht daran denken, wie sie dies alte Spiel nun wieder mit Toby spielen wird, und dann kommt ein anderer dran und dann wieder ein anderer, immer auf der Suche nach einem Etwas, das sie doch nie finden wird.« Er gähnte. »Es ödet mich an, wenn ich nur daran denke. Komisch, auch mir schien das einmal der Sinn des Lebens, und heute möchte ich nichts mehr damit zu tun haben.«
»Ich dachte, Sie wären es, in den sie verliebt ist«, sagte Elisabeth schroff und wickelte weiter den Verband.
»Was zeigt, mein Liebling, daß entweder Anne eine bessere Schauspielerin ist oder Sie weniger intelligent sind, als ich dachte.« Plötzlich hatte er genug von dieser Unterhaltung. »Mein Gott, bin ich müde«, sagte er. »Nach meiner Meinung, Elisabeth«, er sah ernst zu ihr auf, »wird das nicht viel besser mit mir, nicht wahr?« Schnell hob er die Hand, als sie schon ihren Mund zu einer Antwort öffnete. »Nein, sagen Sie jetzt nicht: >Natürlich geht es schon besser!<, weil es nämlich nicht stimmt. Ich weiß genau, wie es mir geht.«
»Das wollte ich gar nicht sagen«, meinte sie, »ich wollte sagen, daß Sie eigentlich noch gar nicht so viel Menschen auf einmal vertragen können.«
»Ich weiß«, sagte er, »ich habe meine Familie sehr gern — aber der
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