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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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habe jetzt keine Zeit mehr für Förmlichkeiten. Und Euch möchte ich sagen   …«, er schaute wieder zu den Fenstern hin, das Glas war stumpf geworden, die Sonne untergegangen, »…   es war ein Missverständnis, mehr nicht.«
    Ein Missverständnis? Mehr nicht? Pramsche Soldaten waren erschlagen worden   – von Welsen.
    »Ich habe bereits Bericht erhalten von der
Sache
, wie Ihr es nennt, Marken   …«, der Fürst machte eine vage Geste nach rechts und links, Kandors gesenkter Kopf leuchtete rot im Schein der Lichter, die Gesichter der Undae waren im Schatten der weiten Kapuzen verborgen, »…   von verschiedenen Seiten. Ich glaube nicht, dass weitere Aufklärung nottut, jedenfalls nicht heute, nicht jetzt, ich bin in Eile. Ich habe Verpflichtungen.«
    Er trat noch einen Schritt näher zu den Welsen.
    »Seid willkommen in meiner Stadt, Welsen«, sagte er leise und ernst. »Es ist eine Zeit her.«
    Und zu lang ist sie gewesen. Sie sprachen es nicht aus, sie waren stumm vor Erstaunen über den Verlauf dieser Audienz. Der Fürst hatte sich bereits von ihnen abgewendet. Er gab ein paar knappe Anweisungen, der Übersetzer sprang von den Stufen, rannte aus dem Saal und war so schnell zurück, dass Kandor kaum Zeit hatte, den Kopf zu heben und den Hass in seinem Gesicht unter Kontrolle zu bringen. Er machte einen taumelnden Schritt, seine Hand krampfte sich um den Becher. Der Übersetzer hielt dem Fürsten ein paar steife Pergamentstreifen hin, in die Mendron seinen großen Ring drückte, und sagte: »Papiere. Papiere für Euch. Ihr könnt Euch frei in der Stadt bewegen, in Begleitung, versteht sich   … Es ist Kremlid!«
    Kandor ließ den Becher fallen. Obwohl der Saal vollständig in rotes Licht getaucht war, wirkte sein schwammiges Gesicht bleich.
    »Diese Stadt lebt von mir!«, stieß er hervor.
    »Und durch mich«, sagte der Fürst kühl.
    Ohne weitere Umstände, ohne ein weiteres Wort, schritt der Fürst aus dem Saal und die dunkle Täfelung verschluckte ihn.
     
    Einen Moment lang herrschte Stille im Saal, der Abgang des Fürsten hatte ein Vakuum hinterlassen. Kandor war der Erste, der sich fasste. Er raffte die Stoffbahnen seines langen Gewands vor seinem beträchtlichen Bauch zusammen und segelte davon, ohne einen der Anwesenden eines weiteren Blickes zu würdigen. Das nervöse Kichern einer Frau war wie ein Signal zum Aufbruch für die Höflinge. Mit dem Rascheln eines Kornfeldes, durch das eine Windbö fährt, fegten sie aus dem Saal. Von dieser Audienz gab es einiges zu berichten.
    Die Seguren blieben und sprachen leise miteinander. Der Übersetzer klatschte kurz in die Hände und sagte: »Nun.«
    Sardes brummelte ihm etwas zu, dann wandte er sich zu den Undae. Sie umkreisten ihn mit fließenden Bewegungen, Felt hörte Utates Stimme. Wo die Undae gingen, zuckten die roten Flammen der Lichter über ihnen wie in einem Luftzug.
    »Vielleicht darf ich mich kurz vorstellen«, sagte der Übersetzer und überreichte den Welsen die Papiere mit dem Siegel des Fürsten. »Ich bin Wigo, Lehrer, Schreiber, Übersetzer und so weiter   … Tragt diese Dokumente immer bei Euch, nur für den Fall.«
    Wigo lächelte, zupfte seinen dünnen Bart. Die Unruhe hatte wieder von ihm Besitz ergriffen, er machte den Eindruck eines Gastgebers, der sich, halb wahnsinnig in seiner Vorfreude, nun besonders zusammennahm, damit er die lang erwarteten Gäste nicht verschreckte. Mit ausladender Geste lud er die Welsen ein, ihm zu den drei Seguren zu folgen.
    »Ich möchte Euch gerne bekannt machen: die ehrwürdigeGilmen, zweite Vorsitzende im Rat der Hama und bedeutendste Gelehrte unserer Zeit. Ihre, ich darf es so sagen, liebste Schülerin Nendsing und der weit gereiste Telden, der Kartograf unserer Welt. Falls Ihr Euch mal verlaufen solltet, haltet Euch an ihn.«
    Er wechselte ins Segurische und stellte die Offiziere vor. Die Seguren grüßten höflich, indem sie die Fingerspitzen gegeneinanderlegten und mit schlanken Händen einen Giebel formten, den sie kurz vor die Brust hielten, als wollten sie dem Gegenüber ein Guckloch in ihr Inneres öffnen oder doch wenigstens vom Äußeren ablenken. Denn das war betörend. Alle drei waren gleichermaßen schön, ganz besonders die ältere Frau. Das war Felt schon aus der Entfernung aufgefallen und nun, von Nahem, verschoben sich die Maßstäbe noch weiter. Die Welsen kamen sich mit einem Mal grob und ungelenk vor, ihre Füße steckten in plumpen Stiefeln und auch die Rüstung, die sie

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