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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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Soldat fasste Anda mit beiden Händen und trug es mit ausgestreckten Armen vor sich her, als wäre es eine Giftschlange.
    Die Gänge, durch die sie von Sardes und vier seiner Männer geführt wurden, waren licht und breit. Die tief stehende Sonne strahlte durch das farbige Glas der Fenster und malte bunteFlecken auf große weiße Steinfliesen. Gemälde schmückten die mit dunkelrot gebeiztem Holz getäfelten Wände. Sie zeigten fast alle idealisierte Schlachtszenen und die Menge der brennenden, schreienden, flehenden Welsen hätte niederschmetternd sein können. Aber die Galerie der Vernichtung hatte den gegenteiligen Effekt auf Felt: In diesem Palast erinnerte man sich noch an die Welsen, auf diesen Bildern kamen sie vor, mehr noch, sie standen im Zentrum. Es hatte die vereinten Kräfte von vier Völkern und das größte Feuer aller Zeiten gebraucht, um ihren König Farsten zu bezwingen. Heute war Fürst Mendron von Pram der mächtigste Mann des Kontinents   – aber er war nichts verglichen mit dem früheren Welsenkönig. Auch diese Pracht hier war vergänglich.
    Felt lächelte, als sich die großen Flügeltüren zum Thronsaal öffneten. Sein Stolz und seine Gelassenheit waren gerade noch rechtzeitig zu ihm zurückgekehrt.
     
    Die rechte Längsseite des ungefähr sechzig Schritte langen und zwanzig Schritte breiten Saals bestand zum Großteil aus bis zum Boden reichenden Fenstern und glühte im Abendlicht. Die linke Wand war fensterlos und schon im Halbdämmer, schemenhaft zeichneten sich in der dunklen Täfelung noch dunklere Türöffnungen ab. Neben jeder stand die Schattengestalt einer mit einem Speer bewaffneten Wache. Von der hohen Gewölbedecke hingen an langen Ketten Lichter   – wie schon bei den Straßenlampen waren es rote Flammen, gefangen in geschliffenem Glas. Warmes Blutrot war auch die alles beherrschende Farbe in diesem Saal. Sie schritten über einen dunkelroten, golddurchwebten Teppich, der mit vergoldeten Nägeln auf dem glatten Steinboden festgehalten wurde. Felt hatte einen solchen Stein nie zuvor gesehen, fast schwarz war er, von roten Adern durchzogen und so glänzend poliert, dasssich die Lichter darin spiegelten. Mendron saß, ein Bein untergeschlagen, auf einem mit rotem Leder bezogenen Sessel aus kunstvoll gedrechseltem und geschnitztem Holz mit hoher, schmaler Rückenlehne. Rechts und links neben dem Thron standen zwei Bronzestatuen, die wahrscheinlich wieder die Segurin Asing darstellten: Sie hatten jeweils einen Arm erhoben und trugen gläserne Zylinder, die gänzlich mit rotem Feuer angefüllt waren. Die Flammen bewegten sich darin auf und ab, als nährten und fräßen sie sich gleichzeitig, und ihr warmes Licht floss über den wartenden Fürsten. Vier Stufen erhöhten ihn über die anderen im Saal: kostbar gekleidete Männer und Frauen, deren Köpfe sich tuschelnd einander zuneigten, während die Welsen und die Undae auf den Thron zuschritten.
    »Kandor«, raunte Marken Felt zu.
    Der beleibte Waffeneinkäufer, dessen Glatze rötlich glänzte, stand links vom Thronpodest und betrachtete die Welsen mit größtmöglichem Desinteresse. Ebenfalls links, aber etwas abseits der Gruppe der übrigen Höflinge, erwarteten drei in stumpfgraue Gewänder gehüllte Personen die Welsen: eine ältere Frau mit streng zurückgekämmten grauen Haaren, eine jüngere, ihr ähnlich wie eine Tochter, und ein schlanker Mann   – alle drei feingliedrig und klein, mit dunklen Augen unter schweren Lidern. Das mussten Seguren sein. Rechts des Throns und dem Fürsten am nächsten stand ein Mann, der sofort Felts Interesse erregte. Verglichen mit dem in golddurchwirkte Stoffbahnen gewandeten Kandor war er schlicht gekleidet, schmalschultrig, hatte schütteres, wild abstehendes Haar, einen ungepflegten Bart und auffällig hellblaue Augen, die alles aufzusaugen schienen, was sie ansahen. Er lächelte.
    Fürst Mendron war der Einzige im Saal, der den auf ihn Zukommenden keine Beachtung schenkte. Er sah zu den Fenstern und schien in Gedanken versunken. Der Fürst war nicht alt, ungefährin Felts Alter, aber die gute Ernährung und das leichtere Leben ließen ihn jünger wirken. Das dunkelblonde Haar war kurz geschnitten, die hohe Stirn faltenlos. Er trug kein Schwert, keine Krone oder sonstige Insignien seiner Macht und war wenig fürstlich gekleidet   – rote Schnürlederhosen waren nachlässig in hohe Stiefel gestopft, ein weißes, weites Hemd am Kragen nicht geschlossen. Das einzig Auffällige war ein

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