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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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sich vornüberkippen, tunkte den ganzen Kopf unter Wasser, rieb sich das Gesicht, kratzte sich die Stirn, wühlte in seinen Haaren, bis er wieder Luft holen musste.
    Ihm saß ein Horn unter der Haut.
    Wie bei einem Kälbchen, dachte Babu, nur umgekehrt. Während bei einem kleinen Kafur die Hörner zwei bis drei Zehnen nach der Geburt aus dem Kopf zu brechen begannen, war der Splitter Babu unter die Haut gewachsen. Er fühlte die Beule, die zwischen den Augenbrauen, an der Nasenwurzel, begann und sich dann nach oben verjüngte bis zum Haaransatz. Ob es so abstoßend aussah, wie es sich anfühlte? Das Wasser in der Mulde war jetzt trüb und Babu war froh, dass er sich darin nicht recht erkennen konnte. Er band sich den Lederstreifen wieder um und schöpfte das schmutzige Wasser ab. Bis sich das kleine Becken wieder gefüllt hatte, würde er Holz suchen.
    Als er den Pfad weiter bergauf ging, war Babu in einer eigenartigen Stimmung: Er fühlte sich entstellt, aber stolz. Er trug ein Mal, ein geheimes Zeichen der Leidensfähigkeit, der Treue. Er hatte sich den Splitter als Gegengewicht zum Kopfschmerz auf die Stirn gedrückt, nun war er ein Teil von ihm geworden und Beweis seiner Verbundenheit mit Juhut. Die einseitig war. Ohne den Falken konnte Babu den Kreis nicht vollenden, den Dämon nicht besiegen. Ohne Juhut war er gescheitert.
    Was auch immer passiert war, wie auch immer das Band zwischen ihm und dem Vogel gewebt war   – es war zu stark. Es war zu tief in Babu verankert gewesen, und als der Falke ihn verlassen hatte, hatte er mit dem Band etwas Lebenswichtiges aus Babu herausgerissen. Ohne sein zweites Herz konnte auch das erste nicht mehr schlagen.
     
    Wie sollte er auf diesem Berg   – der nichts war als ein zerklüfteter Steilhang und einige über den Abgrund ragende steinerne Auswüchse   – so etwas wie Brennholz finden? Babu war erschöpft und enttäuscht, er wollte sein Leben beenden. Aber das ging nicht, denn es gelang ihm nicht, sich Revas Wunsch, nein, ihrem Befehl zu widersetzen. Er
musste
erst Holz suchen. Also beschleunigte Babu seine Schritte, fing an zu laufen, schließlich rannte er den Berg hoch, als sei ein wütender Bulle hinter ihm her. Als er völlig außer Atem war und es ihm in den Seiten stach, sah er die Bäume am Ende eines langen, wie ein Finger in die Ferne weisenden Felsvorsprungs.
    Es gab keine Erde, die Bäume waren entlaubt und vertrocknet. Die Rinde war kaum vom Fels zu unterscheiden   – sie war genauso hart, grau und rissig wie der Stein, aus dem die Bäume herausgewachsen waren. Babu reckte sich nach einem toten Zweig, der sofort brach. Dieses Holz war so trocken, er musste achtgeben, dass es ihm nicht in der Hand zerkrümelte. Es dürftenicht schwer sein, ein schönes Feuer daraus zu machen. Babu nahm den Saum seines inzwischen reichlich mitgenommenen Mantels auf, brach die dürren Zweige, bis er genug Holz beisammen hatte, und machte sich auf den Rückweg.

 
    SIEBENTES KAPITEL
DIE ALTE ZEIT
     
    Er fand die anderen vor, wie er sie verlassen hatte: Felt blass und wie tot am Boden liegend, Reva am Rand des Vorsprungs auf und ab gehend, den Blick auf die ferne Stadt gerichtet. Wie dort hinkommen? Babu glaubte nicht mehr daran. Einmal noch fragen und dann Schluss. Er stellte den großen Becher ab, ließ das Holz aus dem Mantel zu Boden fallen.
    »Hier habt Ihr, was Ihr wolltet.«
    Reva sah ihn prüfend an und Babu fürchtete schon, sein Vorhaben wäre ihm ins Gesicht geschrieben. Aber sie sagte nur: »Mach Feuer.«
    »Erst will ich wissen, wie ich zu der Stadt kommen kann.«
    »Erst wirst du Feuer machen.«
    Babu rührte sich nicht. Es war klar: Sie wusste es nicht, deshalb zögerte sie, hielt ihn beschäftigt. Es gab keine Möglichkeit.
    »Badak-An-Bughar Bator, du wirst jetzt ein Feuer machen. Ich bitte dich darum, denn ich kann es nicht.«
    Wie in Trance schichtete Babu die Zweige, riss ein wenig Zunder ab, nahm die Feuersteine, schlug sie zusammen und nicht nur der Zunder, sondern auch das Holz fing sofort Feuer und brannte rauchlos.
    Das war nun seine letzte Tat gewesen.
    Keine große Leistung und unerklärlich, warum Reva behauptete, das nicht zu können. Die Unda weiß alles, echoten Felts Worte in Babus Kopf. Eine Lüge, diese seltsame Frau konnte nicht einmal ein Feuer machen. Wie sollte sie einen Weg über die Wolken finden? Es würde nicht gelingen, Juhut blieb unerreichbar. Babu wunderte sich über sich selbst, denn er war nun nicht mehr zornig auf Reva oder

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