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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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Das hier ist   … ein Buch?«
    »Ja«, nickte Reva, nachdem sie sich kurz umgedreht und einen Blick darauf geworfen hatte. »Wigos Buch. Ich wusste nicht, dass Felt es mitgenommen hat. Noch was?«
    »Nein, oh, doch, hier ist noch was, Feuersteine und Zunder und so ein Päckchen, da sind   … Haare drin.«
    Reva verließ ihren Aussichtsposten und trat zu Babu.
    »Ristra«, sagte sie. »Das ist eine Locke von Ristras Haaren.«
    »Seine Frau?«
    »Nein, seine Tochter.«
    »Ich wusste nicht, dass er ein Kind hat.«
    »Sogar zwei. Eine Tochter und einen Sohn.«
    Babu schwieg. Er hatte die Vorstellung gehabt, Felt sei ein einsamer Mann, ein Kämpfer, dem allein sein Schwert etwas bedeutete. Dass er auch ein Ehemann und ein Vater war, überraschte ihn. Er zwang sich, nicht auf das blasse, reglose Gesicht zu sehen aus Furcht, auch in Felts strengen Zügen die Spuren eines Verlustes zu entdecken. Seitdem Juhut fort war, sah Babu überall nur Trauer und Verzweiflung, schon die weichen, hellen Kinderhaare erzählten eine Geschichte, die er auf keinen Fall hören wollte. Er packte sie zurück in die Tasche, griff sich den Becher und erhob sich.
    »Ich werde Wasser suchen.«
    »Wenn du den Pfad weiter bergauf gehst, wirst du welches finden. Und such auch Holz. Er braucht Wärme.«
     
    Babu hatte viele Fragen, er wollte wissen, wo sie waren, wohin der Pfad führte, den Reva den Vergessenen Steig nannte; er wollte wissen, wo Reva und Felt hinwollten, und vor allem wollte er wissen, wie er Juhut wiederfinden konnte. Der Falke war in die ferne Stadt geflogen, da war Babu sich sicher. Aber wie dorthin gelangen? Von ihrem Aufenthaltsort aus, einem breiten, fast vollkommen planen Vorsprung über das Nichts,konnte man keine Verbindung zur Stadt erkennen. Wo waren sie bloß? Babu hatte keine Orientierung und kein Zeitgefühl mehr, er erinnerte sich nur noch an den Abschied von Timok, was er ihm geschworen hatte in Bezug auf Nuru, und an den Abschied von Juhut, das Ziehen in seinen Eingeweiden, als der Vogel durch den großen Steinbogen, durch den Wind, davongeflogen war. Warum hatte Felt ihn diesen Bergsteig hinaufgeschleppt? Warum hatte er ihn nicht einfach zurückgelassen, ihn in das weiße Meer stürzen lassen? Er hatte nicht darum gebeten, gerettet zu werden. Nun war Babu hier, auf einem trostlosen Berg über den Wolken, abgeschnitten von allem, was er liebte, und seinen Zielen ferner denn je. Er hatte die Spur verloren, er konnte den Kreis nicht vollenden.
    Zorn stieg in ihm auf, ein vertrautes Gefühl und besser als die Wehleidigkeit, die lähmend war. Er würde seine Fragen nicht fragen, noch nicht. Er würde erst Wasser holen   – das war er dem Ohnmächtigen schuldig   – und danach würde er fragen. Diese Frau würde ihm antworten müssen, ihm sagen müssen, wie er zu der Stadt im Wind gelangen konnte. Und wenn sie es nicht wusste oder ihm nicht sagen wollte, dann würde er erst sie in den Abgrund stürzen und danach sich selbst.
     
    Das Wasser lief in einem Rinnsal und ohne Geräusch über den rauen Stein und färbte ihn dunkel. In einer mit leuchtend grünem Moos bewachsenen Mulde, nur wenig größer als eine Waschschüssel, sammelte es sich und schien dann in einem verborgenen Abfluss zu versickern. Babu kniete sich, beugte sich über das stille Wasser, um zu schöpfen   – und sah sein Gesicht. Die langen Haare, die er nicht mehr zu Zöpfen flocht, hingen ins Wasser, die echten Haarspitzen berührten die gespiegelten und sein Gesicht begann zu zittern, sodasser keine Gelegenheit hatte, den eigenen Ausdruck genauer zu betrachten. Er richtete sich wieder auf, warf die Haare auf den Rücken, löste vorsichtig das lederne Stirnband. Seit der ersten Begegnung mit den Wölfen im Hochgebirge der Galaten   – wie lange war das her, ein dreiviertel Solder?   – hatte er es nicht mehr abgenommen aus Angst, der Kopfschmerz könnte aus ihm herausbrechen und ihm den Schädel zertrümmern. Das blieb nun aus, denn da war kein Schmerz mehr, Juhut hatte ihn mitgenommen. Es war ein seltsames Gefühl ohne den festen Streifen um den Kopf   – freier zwar, aber auch ungeschützt, verletzlich. Vorsichtig betastete Babu seine Stirn, er wollte den Splitter abnehmen, er brauchte ihn nicht mehr. Aber was es auch war, steinhartes Wolfsblut, ein Stück vom Bösen, es ließ sich nicht so einfach abnehmen. Babu spürte nur Krümel, altes Blut und tote Haut. Und jetzt, da das Stirnband herunter war, roch er auch den Gestank. Er ließ

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