Zwölf Wasser Zu den Anfängen
war den Menschen immer unbequem und unheimlich gewesen, in großen Höhlen zu arbeiten. Man braucht eine Begrenzung um sich und ein paar gerade, von Menschen gemachte Wände, damit man sich nicht wie ein Tier fühlt. Der Meister führte in seiner Werkstatt nur Privataufträge oder Sonderanfertigungen aus – die meiste Zeit verbrachte er am Amboss in der Hadred, der großen Schmiede, wo die Waffen und Rüstungen für Pram hergestellt wurden. Dieses Gespräch schien eine intimere Atmosphäre zu fordern.
Marken nahm den Becher mit Ganse, den Remled ihm reichte, und wartete gespannt, dass Borger erklärte, was es mit diesem Treffen, mit diesem Buch auf sich hatte. Normalerweise waren die Schmiede nicht sehr gesprächig – was angesichts des Lärms, den die Ausübung ihres Handwerks verursachte, nicht weiter verwunderlich war. In dem kleinen, mit Eisenteilen und erstaunlich vielen Büchern, Schriftrollen und Stapeln angesengten Pergaments vollgestopften Raum aber war es still.
Dann, endlich, fing Borger an: »Die Schmiede waren seit jeher das Rückgrat Welsiens. An uns hat sich das Land zu voller Größe aufgerichtet. Du weißt das, Marken, und du schätzt unser Handwerk – wenn du auch nicht nur Waffenmeister, sondern zu einem guten Teil Kaufmann bist. Aber so sind die Zeiten. Früher war es anders. Auf unseren Ambossen wurde Welsiens Macht geschmiedet. Den Ruhm aber, den ernten die Soldaten. So war es und so wird es sein.«
»Wie meinst du das, Borger?«, fragte Marken. »Was wird sein?«
Remled lächelte, aber sein Vater blieb ernst und sprach weiter, als habe er Marken nicht gehört.
»Ein Schmied steht nicht im Licht. Ein Schmied gehört ins Dunkel. In die Dunkelheit seiner Werkstatt. Denn nur sokann er die Farbe, das Glühen des Eisens sehen und beurteilen, wann es Zeit ist zu schlagen.«
Er schaute Marken an. Im schummrigen Licht der einzigen Lampe im Raum glänzten die grauen Augen fast schwarz.
»Wir brauchen keinen Ruhm«, sagte der alte Schmied, »aber wir sehen, wenn die Zeit gekommen ist, dass andere ihn erlangen können.« Er legte beide Hände auf das Buch. »Hier, in diesen alten Aufzeichnungen, wird von einem Schwert berichtet, das mächtiger ist als alle Schwerter vor ihm und alle Schwerter nach ihm. Ein königliches Schwert.«
Borger lehnte sich in seinem Eisenstuhl zurück und prüfte, welche Wirkung seine Worte hatten. Marken nippte an seinem Tee. Er wollte sich nicht anmerken lassen, wie neugierig er war.
»Immer wieder taucht es auf, dieses Schwert«, warf Remled ein. »Es wird beschrieben, wie es zu schmieden sei …«
»Aber«, ging Borger dazwischen, »du musst nicht denken, das sei so einfach wie ein Rezept für Zwiebelsuppe. Nein. Die Anleitungen sind dunkel, verschlüsselt, schwer zu verstehen. Alles in allem ist das Schwert eher ein Mythos als eine wirkliche Waffe. Zumindest haben wir das immer geglaubt.«
»Und was hat diesen Glauben nun erschüttert? Der neue Stahl?« Markens Geduld war begrenzt.
»Ja«, nickte Borger, »das auch. Wir wissen jetzt, wie er zu schmieden ist. Und wir kennen die Legierung. Nun, die Schmelzer kennen sie. Und der alte Dem war es auch, der uns das hier brachte.«
Er rückte drei gusseiserne Gefäße, bauchige Töpfchen mit Deckeln, in die Mitte des Tischs zwischen ihre Teebecher.
»Das ist Asche eines Kindes, eines Mannes und eines Greises. Alle drei gestorben, alle drei durchs Feuer gegangen an einem Tag, noch bevor die Sonne wieder aus dem Berst gestiegen ist.«
»Du willst mir sagen«, Marken nahm seinen Becher weg, »dass das … Zutaten sind? Für das Schwert?«
»Für ein Schwert, das jede Art von Leben nehmen kann. Das sogar das töten kann, was nicht mehr lebt. Aber was wir dazu brauchen, mit diesem Wissen werde ich dich nicht belasten, Marken.« Er klappte das Buch zu, ließ aber seine Hände darauf. »Wir konnten mit dem, was wir hier haben, vor allem mit unserem Wissen von dem neuen Stahl, gewissermaßen rückwärts die Anleitungen entschlüsseln. Wir könnten dieses Schwert jetzt schmieden.«
»Aber? Was hindert euch?«
Borger warf seinem Sohn einen Blick zu. Endlich kamen sie zum Kern der Sache. Borger nickte und Remled sagte: »Wir müssen wissen, für wen. Es muss geschmiedet werden für den einen. Für den, der in der Lage ist, Ruhm zu erlangen. So steht es da. Das ist der Haken. Es ist das Schwert für den König – und wir haben keinen.«
»Und was nun? Ihr hättet mir das doch alles niemals erzählt, wenn
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