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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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hinaufschauten, von denen die Balkone abrutschten, wurde deutlich, wie unfassbar jämmerlich ihr eigenes Zuhause sein musste.
    Jämmerlich war auch das, was sich nun am Ufer in Schlamm und Aschewolken abspielte. Denn Menschen, Tiere und schwere Waffentaschen mussten mit Flößen übergesetzt werden. Die Nukks scheuten das Wasser und die schwankenden Flöße. Jede Überfahrt kostete zwei Petten, ein nicht voll beladenes Floß war Verschwendung, ein überladenes ein Risiko. Die Fährmänner waren untereinander verfeindet, abgerissene Gestalten aus der Lagerstadt, deren Haupteinnahmequelle das Übersetzen der Welsen war, zwei Mal pro Solder, und die sich die übrige Zeit irgendwie durchschlugen.
    »Unsere Waffen wollen sie haben«, sagte Marken bitter. »Aber eine Brücke wollen sie uns nicht geben.«
    »Es wird jedes Solder schlimmer«, sagte Felt, aber Marken hörte nicht hin, er war schon davongesprintet. Die Ladung eines gerade ablegenden Floßes war in eine gefährliche Schieflage geraten. Marken rannte bis zur Brust ins Wasser, um die kostbare Fracht vor dem Untergang zu retten; Felt hörte ihn den Fährmann anbrüllen. Kersted, über und über mit Schlamm bespritzt, half einer Gruppe Mädchen, mehr als zwanzig nervöse Nukks im Zaum zu halten. Von der Besatzung des Uferpostens sprang niemand den Welsen bei, und auch Felt fühlte sich seltsam betäubt und war nicht in der Lage, sich ins Getümmel zu stürzen. Der Treck musste hinüber, heute noch, selbst wenn die Eskorte zurückblieb. Denn die Nukks konnten am Ascheufer nicht versorgt werden und vor allem die Kinder waren nach der langen Passage nicht mehr in der Verfassung, noch eine weitere Nacht in den Aschenlanden zu bleiben. Felt aber rührte sich nicht. Sein Blick wanderte wieder zu den Undae, die sacht ihre Hände auf die Wasseroberfläche legten, als wollten sie ein großes, krankes Tier besänftigen. Ihr Tun blieb ihm rätselhaft, aber seit der Geburt der Quelle auf der staubigen Höhe von Wandt fühlte Felt sich den Hohen Frauenseltsam verbunden. Er hatte niemandem von dem nächtlichen Ausflug erzählt. Es erschien ihm ratsam, dieses Wissen für sich zu behalten. Der glitzernde, fingerdünne Wasserlauf kam ihm so schützenswert und gleichzeitig so gefährdet vor, dass er fürchtete, ihn schon allein durch eine Erwähnung zum Versiegen zu bringen. Seinen Kameraden von der tiefen Besorgnis um diese Quelle zu erzählen kam ihm zudem lächerlich vor   – er war ein Welsenoffizier und kein ängstliches altes Weib.
    Felt sah über die Frauen im Wasser hinweg zum pramschen Ufer. Auch die gegenüber Ankommenden hatten Schwierigkeiten: Der Eldron führte so wenig Wasser wie nie und das Ufer war steil. Für die Nukks war das kein großes Problem. Endlich angelangt, sprangen sie mit ein paar Sätzen übers glatte, feuchte Gras hinauf ans Ufer. Aber die schweren Waffentaschen die rutschige Böschung hochzubringen war schwierig, und je mehr Menschen und Tiere das Ufer zertrampelten, desto schwieriger würde es werden. Die Fährmänner mussten eine andere Stelle anfahren. Felt wollte schon Marken Bescheid sagen, aber etwas hielt ihn immer noch ab, sich in Bewegung zu setzen. Er sah die Fährmänner mit ihren Stangen die Flöße dirigieren und endlich wurde es ihm klar: Die Stangen waren lang. Und sie blieben lang. Er spürte einen Blick auf sich. Die Undae standen still am Saum des Wassers und sahen zu ihm hin. Felt verstand und nickte. Sie waren sich einig. Und jetzt endlich rannte er los.
    »Aufladen!«, rief Felt. »Alles wieder rauf auf die Nukks!«
    Er lief, der Schlamm spritzte.
    »He, Soldat, aufladen, eine Reihe bilden, marsch! Ihr da, aufsitzen! Aufladen!«
    »Felt! Was ist in dich gefahren?« Marken sprang ihn förmlich an.
    »Reiten! Hol unser restliches Zeug von den Flößen. Und belade die Nukks. Sie sollen reiten, durch den Fluss, verstehst du?«
     
    Smirn und Utate gingen gemeinsam ins Wasser, immer weiter, und der träge Fluss schien vollends einzuschlafen. Wo sie waren, wurde das Wasser glatt und still, als zögen die Frauen eine Schneise der Ruhe ins Fließende. Etwa in der Mitte des Stroms blieb Utate stehen, nur noch ihr kahler weißer Schädel schwamm über dem Spiegel des Wassers. Smirn, die kleinere, war verschwunden. Aber bald schon tauchte sie wieder auf und zog den glatten Pfad bis ans andere Ufer. Dort blieb sie stehen und winkte.
    Reva, die den Vorgang am diesseitigen Ufer beobachtet hatte, bückte sich, nahm eine Handvoll Flusswasser

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