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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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gepresst.
    »Es war … schlimm«, fuhr Helgend fort. »Es gab Gerüchte über ein großes Feuer in der Stadt und es hieß, dass sich dort der Erdboden aufgetan habe. Im Umland mehrten sich Angriffe von Wölfen, von besonders großen Wölfen   – aber das habe ich nicht selbst gesehen, zum Glück, sondern nur gehört. Und die Swa… ich meine, die Menschen aus Nirwen, Söldner, die haben die Brücke über die Linrade gesperrt. Es war kein Durchkommen, von Süden lassen sie niemanden passieren. Ich bin dann den Eldron entlang zu Fuß wieder bis nach Hause gelaufen, auf der anderen Flussseite. Ja, und als ich endlich hier ankam, war es bereits Firsten und diese Frauen waren im Haus mit ihren Blagen und mein ganzes Laboratorium … ach, das ist ja unwichtig.«
    »Helgend, ganz ruhig«, sagte Reva. Der Alte kämpfte schon wieder mit den Tränen.
    »Bitte verzeiht! Ich bin ein weinerlicher alter Mann geworden! Aber Ihr ahnt nicht … Obwohl es immer mein Traum war, hätte ich nicht zu hoffen gewagt, einer Unda zu begegnen   – und nun spreche ich mit einer, hier, in dieser Kammer, diesem Durcheinander, diesem Elend. Es ist so fantastisch und zugleich so beschämend, so unwürdig …«
    »Was für Nachforschungen waren das? Was genau war der Anlass Eurer Reise?«, fragte Felt nach und bemerkte das Zucken in Helgends Gesicht.
    »Nun, wir Seguren haben schon immer einen gewissen Preis für unseren Forschergeist zahlen müssen«, sagte der Gelehrte vorsichtig.
    »Das können wir abkürzen«, erwiderte Felt abweisend. »Ich weiß, dass die Seguren bereits seit Langem Probleme mit Dämonen haben. Deshalb sind so viele damals nach Pram gekommen: Sie sind geflüchtet, in Agen geschah Furchtbares und sie wollten eine Lösung finden. Das ist nicht gelungen, oder?«
    Helgend hörte Felt mit unverkennbarem Staunen zu. Anscheinend hatte er geglaubt, dies alles sei nicht allgemein bekannt   – und erst recht nicht einem Welsen. Das war es normalerweise auch nicht, aber Wigo hatte es Felt erzählt, damals, im Theater. Zu einer Zeit, in der Felt noch nicht an Dämonen glauben wollte. Inzwischen war er eines Besseren belehrt worden. Er trat nun doch von der Tür her in die Kammer und sogleich wurde es beklemmend eng. Helgends Gesicht, von der Kälte gerötet, erblasste.
    »Ich kann verstehen, dass die Hohe Frau Euch beeindruckt, Helgend«, sagte Felt und blickte auf den Gelehrten hinab. »Aber wir reisen nicht zum Vergnügen und wir müssen weiter. Wenn Ihr uns nichts wirklich Neues zu berichten habt, dann solltet Ihr uns nicht länger aufhalten.«
    Helgend öffnete den Mund, doch es kam nichts heraus. Seine Lippen bebten, seine Augen waren aufgerissen. Und endlich erkannte Felt, wie groß die Furcht des Alten vor ihm war. Dabei lag ihm gar nichts daran, diesen armen alten Mann zu ängstigen. Aber es konnte einfach nicht sein, dass sie auf der Suche nach Babu noch mehr Zeit verloren, nur damit Helgend in den Genuss von Revas Anwesenheit kam. Felt spürte, wie der Druck inseinem Innern stieg   – und wie einfach es wäre, das Schwert zu ziehen und sich mit ein paar Hieben Erleichterung zu verschaffen.
    Er beherrschte sich. Wandte sich zum Gehen, trat wortlos aus der Kammer in den schmalen Gang.
    » Wigo! «, rief der Alte krächzend. Er räusperte sich und Felt drehte sich um, war mit einem Schritt wieder bei Helgend.
    »Was?«
    »Wigo von Pram war es, in dessen Auftrag ich nach Agen reiste. Er … er war sich nicht sicher …«
    »Worüber? Worüber war er sich nicht sicher?«
    Felts Stimme war ein so drohendes Grollen, dass sogar Reva irritiert zu ihm aufsah. Seine Linke klammerte sich um den Schwertgriff, wollte die Waffe ziehen.
    »Helgend, mach endlich den Mund auf und rede, oder ich bringe dich für immer zum Schweigen.«
    Der Alte war der Ohnmacht nahe. Felt ging wieder auf Abstand, schloss kurz die Augen und nahm die Hand vom Schwert. So kam er nicht weiter. Doch er musste nun unbedingt mehr erfahren. Wigo hatte also Nachforschungen anstellen lassen? Agen war verschlossen? Wigo war sich nicht sicher gewesen? Worüber?
    Felt griff sich ins Wams unter dem Brustschutz und holte das in weiches Leder gebundene Buch heraus. Er blätterte, fand, was er suchte, hielt es Helgend hin.
    »Ihr seid ein Gelehrter, ja? Dann könnt Ihr mir das hier vielleicht erläutern.«
    Der Alte nahm das Buch und blickte auf eine Zeichnung: Ein Punkt, eine zittrige Linie und wieder ein Punkt. Darüber der Schmier von mit schweißfeuchten Fingern

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