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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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überstehen willst, wenn andere vor dir gehen. Ich habe mir diese Gedanken bereits vor langer Zeit gemacht. Und ich weiß, auch du hast schon darüber nachgedacht. Aber nicht gründlich genug.«
    Dann hatte sie ihn umarmt und ihm gesagt, dass sie ihn sehr gern habe. Ein solcher Satz aus Teleias Mund rührte Felt zutiefst. Er hatte schwer mit sich zu kämpfen, seit er Babu dem Dämon überlassen hatte, und dass der junge Merzer noch in derselbenNacht verschwunden war, hatte ihn kalt erwischt. Er hatte es ihm einfach nicht zugetraut. Ein Fehler, sicher verhängnisvoll. Als er Babus Abwesenheit bemerkt hatte, war der schon so weit voraus, dass eine Verfolgung sinnlos war. Wo hätte er suchen sollen? Es gab keine Spuren auf dem gefrorenen Boden und Juhut war ebenfalls fort. Felt wollte die Wache sein, die Wache vor dem Tor, durch das der Dämon in die Welt treten würde? Nie hatte er gründlicher versagt.
    »Du musst vertrauen«, hatte Reva ihn zu beruhigen versucht. Immer wieder verlangte sie das von ihm, aber nur selten gelang es ihm auch. »Nicht alles liegt allein in deiner Verantwortung, Felt. Du hast Verbündete. Die Szasla kämpft um seine Seele, Juhut gibt nicht auf. Das liegt nicht in seiner Natur.«
    »Und wenn doch?«, hatte Felt gefragt, aber Reva hatte nicht geantwortet und Felt hatte sich denken können, warum: Wenn die Szasla Babu aufgab, wäre er nicht mehr zu retten. Er nicht und der Kontinent auch nicht. Dann wäre es für alles zu spät.
    Aber sich zu sorgen brachte nichts; es blieb nur, Babu zu finden, und zwar schnell. Es war so grausam wie einfach: Entweder er erfror und verhungerte in der Einsamkeit des Hügellandes zwischen den Ubid Engat und den Ufern des Eldrons   – oder Babu schaffte es zurück in die bewohnte Welt. Dort wollten sie suchen: erst in Gaspen und dann Richtung Agen. Reva hatte mit einer seltsamen Müdigkeit von den beiden Quellen der segurischen Hauptstadt gesprochen   – so, als seien sie bereits in eine unerreichbare Ferne gerückt   – und Felt war das Gefühl nicht losgeworden, dass auch die Unda allmählich die Hoffnung verlor. Er hatte immer noch den Beutel mit Quellwasser um seinen Hals hängen; notfalls würde er ihn ihr geben, denn er selbst konnte auch ohne Hoffnung weitermachen. Felts Wut auf sich selbst und seine Verzweiflung über Babus Flucht hatten sich auf der Flussfahrt die Weiße Aelga hinab zu einer grimmigenEntschlossenheit verdichtet. Viel hatte sich verändert, aber die welsische Sturheit hatte Felt nicht abgelegt. Er war immer noch der Offizier, den allein sein Wille gegen einen eisigen Wind anmarschieren lassen konnte. Felt wollte Babu finden. Also würde er ihn finden. Der Zweifel war von ihm abgefallen und darunter kam das hervor, was Felt wirklich war: ein Mann mit einer Aufgabe   – und einem Schwert. Ein Kämpfer.
    Felt stieg aus dem Boot und half auch Reva auf den von der Nässe glatten Steg. Vielleicht wusste dieser Alte hier von einem Fremden, einem jungen Mann mit langen schwarzen Haaren und einem sehr großen weißen Falken. Eine Szasla konnte nun wirklich niemand übersehen. Der Mann streifte Felt nur mit einem Blick, er war ganz hingerissen von der Unda.
    »Ich ahnte es schon früher«, sagte er ehrfürchtig und fuhr sich mit zwei Fingern über die Stirn. »Aber nun, wo ich Euch sehe, Hohe Frau, da weiß ich es sicher: Mein ganzes Leben habe ich nur auf diesen einen Moment gewartet, in dem ich Euch gegenübertreten darf.«
    »Wohl gesprochen, alter Mann.« Felt war mit einem großen Schritt vor Reva. »Aber Zeit, diesen Moment zu genießen, kann ich dir keine gewähren.« Er zog sein Schwert. Und sogleich hatte er die volle Aufmerksamkeit des Mannes.
    »Bitte! Nicht! Schlagt mich nicht!«
    Der Alte hob flehend die Hände. Felt hatte vergessen, wie schmächtig die Seguren waren beziehungsweise wie groß er selbst war.
    »Wie ist dein Name? Ist dir ein junger Mann mit einem ungewöhnlich großen Falken begegnet oder hast du von einem solchen gehört? Antworte schnell   – und sag die Wahrheit, ich rate es dir.«
    Er drehte sich zu Reva um, wollte sie um eine Übersetzungbitten. Da hörte er den alten Mann schon eine Antwort stammeln.
    »Ich bin Helgend, Gelehrter, Schreiber   – nun, das bin ich gewesen … und nein, weder ist mir ein solcher Mann begegnet noch habe ich von ihm gehört. Ein ungewöhnlich großer Falke   … etwa eine Szasla? Eine Unda … und eine Szasla?«
    Die dunklen Augen des Mannes waren weit geworden. In seinem

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