Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
Vom Netzwerk:
Quelle des Naryns ist sehr wichtig«, erklärte Kersted, wohl wissend, dass er sich auf dünnes Eis begab. »Utate überlegt, diese Quelle aufzusuchen, falls Smirn sie nicht erreicht.«
    »Interessant. Interessant auch, dass ich von solchen Überlegungen ausgeschlossen werde.«
    »Nendsing, bitte …«
    Sie drehte den Kopf weg, wollte nichts hören. Dern erhob sich und sprach wieder Utate an. Aber auch ihm antwortete die Unda nicht sogleich; sie ging in Schleifen auf und ab, den Kopf gesenkt.
    Sollten sie zurück oder nicht?
    Utate blickte den Wasserlauf hinauf Richtung Osten und sagte schließlich: »Ich habe mich entschieden. Kein Weg wäre zu weit oder zu beschwerlich, der die Quelle der Liebe zum Ziel hat. Sie darf niemals versiegen, sie ist jede Anstrengung wert. Aber ich muss meine Zweifel überwinden, ich muss die Zeichen erkennen und darf mich nicht in meinen Sorgen verstricken. Eine Szasla ist ein solches Zeichen. Es steht nicht gut um die Welt, wenn die Szaslas fliegen. Aber sie haben die Menschheit schon einmal in ein neues Zeitalter geführt. Warum sollte es dieses Mal anders sein? Diese Szasla hat uns die Bedrohung gezeigt: Der Dämon will Mensch werden. Und uns gleichzeitig Unterstützung gesandt: Dern wird uns helfen. Smirn ist die älteste von uns Undae, Kwothien ist ihre Heimat.Sie wird ganz bestimmt einen Weg finden, die Quelle zu erreichen.«
    Utate lächelte   – seit Langem das erste Mal   – und Kersted spürte eine Welle der Erleichterung durch seine Brust branden. Sie fuhr fort: »Wir gehen weiter, wie die Sonne durch den Tag: unaufhaltsam und unbeirrbar . Denn unser Ziel ist nun noch wichtiger geworden. Wir müssen, so schnell es geht, die Quelle der Friedfertigkeit erreichen und sie neu beleben. Vielleicht ist dies die letzte Möglichkeit, den Krieg in Kwothien noch zu verhindern. Einen Krieg, der kein Ende finden wird, wenn die Quelle versiegt.«
    Sie blickte wieder nach Osten, wie zum Abschied, obwohl die Quelle des Naryns für sie unsichtbar weit hinter dem Horizont lag.
    »Jene Quelle dort, sie sprudelt noch. Man muss nicht das Wasser lesen können, um es zu wissen. Das Zeichen dafür ist leicht erkennbar. Ich sehe es leibhaftig vor mir. Bei all dem Schlimmen, das geschieht, machst du mir das Herz ein wenig leichter, Kersted.«
16
    Zwischen den Soldaten des kwothischen Trupps   – es waren nur fünf   – herrschte eine besondere Stimmung. Sie waren alle wahrlich nicht mehr jung, aber von der Idee der Revolte durchdrungen: In der Überzeugung, endlich auf dem richtigen Weg zu sein, strahlten ihre goldenen Augen hell in den faltigen Gesichtern. Das Leben dieser Männer, sie nannten sich selbst die Freien Söhne, näherte sich dem Ende. Umso erbitterter würden sie darum ringen, dem letzten Rest einen Sinn zu geben. So mächtig die Dhurmmets auch waren, in ihren Söhnen brannteebenfalls ein Feuer. Marken dachte an die Folterstätte mit den enthaupteten Gerippen, die ihnen den Weg in diesen Krieg gewiesen hatte. Und wie er den Eindruck gehabt hatte, die Männer auf den Stangen hätten sich beim Sterben gegenseitig mit den Schultern gestützt. Auch diese fünf Männer hier standen füreinander ein, waren Kameraden im besten Sinne. Dass sie, im Gegensatz zu Ormn, auch der Unda mit dem nötigen Respekt begegneten, nahm Marken zusätzlich für diese Kwother ein.
    Sie waren das Tal der Globa zu einem guten Teil wieder hinabgestiegen und etwa eine Zehne lang nordwärts durch eine bewaldete Hügellandschaft gewandert. Die Stimmung der Nord-Kwother hatte sich mit jedem Schritt gehoben, denn jeder Schritt entfernte sie von Jirdh, der Hauptstadt des Bösen. Hardh, Vetter ihres Führers Dern, sei zwar selbst kein Dhurmmet, hatte einer von ihnen Marken erzählt. Das mache ihn aber nicht besser. Denn er habe das Böse ganz in sich aufgenommen.
    »Wie meint er das?«, hatte Marken gefragt und Smirn hatte übersetzt: »Es heißt, er habe seinen Vater verspeist. Lebendig und mit dessen Einverständnis. Stück für Stück hat sich Hardh den mächtigen Dhurmmet, den ehemaligen Heerführer der Allianz, einverleibt, und durch diese Vereinigung von Vater und Sohn ist etwas Neues entstanden. Ein Wesen, das Menschen und Dämonen fürchten.«
    »Widerlich.«
    » Nar , widder-lech«, hatte der Kwother zugestimmt. Es war der, den Marken in der tosenden Globa beinahe erschlagen hätte. Er hieß Drugh.
    Hätte Marken gewusst, dass Drugh keine Zeit bleiben würde, mehr als ein einziges Wort Welsisch zu lernen,

Weitere Kostenlose Bücher