Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Wettkämpfen hervorgegangen waren, es würde nichts nutzen, da er Ayla als Clan-Frau anerkannt und dies vor allen dargetan hatte. Nicht lange, nachdem die Hirsekuchen verzehrt waren, fanden sich die Clan-Führer in der Nähe des Höhleneingangs zusammen. Ruhig und gelassen warteten sie, bis das Augenmerk aller Groß-Clan- Leute auf sie gerichtet war. Wie die Wellenkreise eines ins Wasser geworfenen Steins breitete sich Stille aus. Hastig nahmen die Männer die Plätze ein, die ihnen durch Eigenrang sowie Stammesrang vorgegeben waren. Die Frauen legten ihre Arbeit aus den Händen, winkten den Kindern und suchten sich mit ihnen ebenfalls ihre Plätze. Gleich würde das Fest des Bären beginnen.
Der erste Schlag des glatten, harten Schlegels auf die schüsseiförmige Holztrommel zerschlug wie ein Donnerknall die erwartungsvolle Stille. Dann tönten die Schläge gleichmäßig und verhallten weiter. Begleitet wurden sie von den Speerschäften, die auf den Boden gestoßen wurden und eine gedämpft grollende Tonfläche schufen. Ein mit Stöcken auf einer langen, hohlen Bambusröhre gehauener Gegenschlag durchsetzte in scheinbar willkürlich durchsetzten Klangmustem den kräftigen, gleichbleibenden Schlag der Holztrommel, bei deren fünftem Donnern jedoch die helle, hohe, wildhämmernde Baumröhre den Gleichtakt suchte. Wieder und wieder wurde so von neuem eine Schlagspannung geschaffen, die sich zu einer tönenden Raserei steigerte, bis die Schläge wieder in sich zusammenfielen.
Mit einem letzten gemeinsamen Schlag trat plötzlich völlige Stille ein. Wie von Zauberhand herbeigeholt, standen in schweren Bärenfellen die Mog- urs Schulter an Schulter vor dem Pfahlverhau des Höhlenbären. Neun an der Zahl. Der Große Mog- ur stand einsam vor ihnen, er war der zehnte. In den Köpfen der Erdlinge, die atemlos verharrten, dröhnte noch das gewaltige Schlagen der Speere und Trommeln nach. An einem dünnen Seil hielt der Große Mog-ur eine flache ovale Scheibe aus Holz. Und als er sie immer schneller durch die Luft wirbelte, steigerte sich ein kaum vernehmbares Sirren zu einem gewaltigen Donnern. Den Erdlingen ringsum sträubten sich die Haare bei diesem Getön. Sie vernahmen die Stimme des Geistes des Höhlenbären, der alle anderen Geister warnte, dieser Feier, die allein dem Höhlenbären geweiht war, zu nahe zu kommen. Die Geister ihrer Totems würden ihnen hier keinen Beistand leisten können; sie hatten sic h ganz unter den Schutz des Großen Geistes aller Clans zu begeben.
Ein hohes, dünnes Trillern durchschnitt das grollende Dröhnen der kreisenden Klapper; beim Klang dieser hohen, klagenden Töne erfaßte selbst die Furchtlosesten ein Schaudern, während die Klapper sich immer langsamer drehte und ihr donnerndes Sausen verstummte. Wie ein körperloser Geist zog sich der wimmernde, wabernde Klangfaden bis zum Morgenhimmel hinauf. Ayla, die in der vordersten Reihe stand, konnte erkennen, dass diese Töne aus dem Ding kamen, das einer der Mog-urs an den Mund gedrückt hielt.
Die aus dem Röhrenknochen eines Vogelbeins gefertigte Flöte hatte keine Löcher für die Töne; ihre Verschiedenartigkeit wurde durch Öffnen und Schließen des unteren Endlochs erreicht. Die Hände eines begabten Flötners konnten dem Vogelknochen fünf verschiedene Töne entlocken.
Für die junge Frau, genau wie für alle anderen, war es Zauberkraft, die diese fremden Klänge ertönen ließ. Nur für diese Feier klangen sie auf Geheiß des heiligen Mannes aus der Welt der Geister herüber. So, wie die kreisende Klapper das Brüllen des lebenden Höhlenbären nachahmte, so stieg aus der Flöte die Geisterstimme des mächtigen Tieres auf.
Selbst der Zauberer, der den Vogelknochen blies, empfand die Klänge als außerweltlich, obwohl er die Flöte selbst gemacht hatte. Das Spiel auf der Flöte war streng gehütetes Geheimnis des Zauberers seines Clans, ein Geheimnis, das diesem Zauberer bis zum Auftauchen Crebs stets den höchsten Rang unter den Mog- urs aller Clans gesichert hatte. Und der zauberkundige Flötner war es auch, der sich der Anerkennung Aylas am heftigsten widersetzte.
Der mächtige Höhlenbär trottete unruhig in seinem Pfahlverhau auf und nieder. Man hatte ihn nicht gefüttert, und er war es nicht gewöhnt, ohne Nahrung gelassen zu werden. Auch Wasser hatte man ihm an diesem Tag nicht gegeben, und er war durstig. Die schweißdünstende Menge der Erdlinge, die nach Spannung und Erregung roch, das ungewöhnliche Dröhnen der
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