Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
sich und verfolgte die beiden. Doch er hatte das Rennen schon verloren.
Broud und Gorn sausten mit fliegenden Füßen und hämmernden Herzen dem Ziel entgegen. Gorn holte auf und mit letzter Kraft schob sich der junge Mann an Broud vorbei. Doch als dieser seinen Gegner von hinten sah, der ihn den Staub seiner wirbelnden Füße schlucken ließ, wurde Broud erst recht wütend. Er meinte, sein Brustkorb müßte bersten, als er noch schneller vorwärts stürmte. Einen Herzschlag vor Broud erreic hte Gorn das ausgebreitete Fell. Doch wie er den Arm hob, schoß Broud unter ihm hindurch und rammte im rasenden Lauf den Speer tief in den Boden. Ein Atemzug noch - und Gorns Speer zitterte auch darin. Zu spät.
Als Broud zum Stehen kam, umdrängten ihn sogleich die Jäger seines Clans. Brun betrachtete das Bild mit stolzglühenden Blicken. Sein Herz raste fast so wie das von Broud. Von Anfang bis zum Ende des Rennens hatte er mit dem Sohn seiner Gefährtin gezittert. Einige qualvolle Augenblicke lang, die für ihn eine Ewigkeit währten, war er sicher gewesen, es wäre alles verloren. Doch Broud hatte alles gegeben und hatte den Sieg doch noch errungen, wodurch die Stellung des Clans und seines Führers wieder ein wenig gefestigt war.
Ich werde wohl alt, schoß es Brun durch den Kopf. Ich habe den Kampf mit der Wurf schlinge verloren. Aber Broud hat nicht versagt. Er hat gesiegt. Vielleicht ist es an der Zeit, den Clan seiner Führung zu übergeben. Ich könnte ihn zum ClanFührer machen. Ich könnte es hier und jetzt verkünden. Ich werde um den ersten Rang kämpfen und ihn mit der Ehre heimwärts ziehen lassen. Mit diesem Rennen hat er sich als fähig erwiesen. Ja, das werde ich tun. Ich will es ihm gleich offenbaren.
Brun wartete, bis um Broud ein minderes Gedränge war, dann ging er auf den jungen Mann zu, das strahlende Gesicht Brouds vor Augen, wenn er ihm eröffnete, welch große Ehre er ihm zuteil werden lassen wollte. Es war die höchste Gabe, die er dem Sohn seiner Gefährtin übergeben konnte.
"Brun!" Broud gewahrte den Clan-Führer und riß das Wort an sich. "Warum hast du das Rennen hinausgezögert, Brun?" schalt er zornig. "Beinahe hätte ich verloren. Leicht hätte ich ihn schlagen können, hättest du ihm nicht Ruhe gegönnt. Ist es dir denn gleich, ob unser Clan an oberster Stelle steht oder unten? Oder macht es dir nichts aus, weil du weißt, dass du beim nächsten Miething zu alt sein wirst? Wenn ich Clan-Führer werden soll, so könntest du ruhig dafür Sorge tragen, dass ich auf jenem Platz anfange, auf dem auch du angefangen hast."
Entsetzt wich Brun zurück, wie vor den Kopf geschlagen von Brouds giftigen Schmähungen. Widerstreitende Gefühle tobten in ihm. Du bist blind, Broud, dachte er. Wirst du jemals sehend werden? Der Clan steht an der Spitze. Wenn es in meiner Macht liegt, wird er auch dort bleiben. Was aber wird geschehen, wenn du Clan-Führer wirst, Broud? Wird dieser Clan dann weiter erster sein?
Das Feuer des Stolzes in seinen Augen flackerte und erlosch. Eine große Traurigkeit breitete sich über sein Herz. Doch auch die zeigte er nicht nach außen, auch die ließ er nicht überhandnehmen.
Mag sein, dass er noch zu jung ist, hielt Brun sich vor. Mag sein, dass er noch Zeit braucht und Erfahrung. Habe ich ihm denn erklärt, was mich trieb, den Kampf zu verschieben?
"Broud", begann er mit ruhiger Gebärde, "wäre Gorn müde gewesen, wäre dann dein Sieg so hervorragend? Hättest du es verwunden, wenn die anderen Clans Zweifel gezeigt hätten an deiner Fähigkeit, ihn zu besiegen, wenn er frisch gewesen wäre? So ist doch klar und deutlich, dass du gesiegt hast. Du hast gut gekämpft, Sohn meiner Gefährtin."
Trotz seiner Bitterkeit achtete Broud diesen Mann noch immer höher als alle anderen. Und in diesem Augenblick hatte er wie nach seiner ersten Jagd das Gefühl, dass er für solches Lob von Brun alles geben würde.
"Das habe ich nicht gesehen, Brun. Du hast recht. So wissen alle, dass ich gesiegt habe. So wissen alle, dass ich besser bin als Gorn."
Die Jäger anderer Clans umringten Broud, als er zur Höhle zurückkehrte. Brun blickte ihm nach, und sein Auge fiel auf Gorn, der, begleitet von seinen Clan-Leuten, ebenfalls zur Höhle schritt. Ein älterer Mann klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
Norgs Zweiter im Clan darf stolz sein auf den Sohn seiner Ge fährtin, dachte Brun. Broud mag den Kampf gewonnen haben, aber ich bin nicht sicher in meinem Herzen, dass er auch der bessere Mann
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