Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
schalenförmigen Holztrommeln, das Sirren und Donnern der Klapper und der hohe Klageton der Flöte, dies alles beunruhigte das Tier aufs höchste.
Als er den Großen Mog- ur sah, der sich hinkend seiner Bleibe näherte, stellte er sich auf seine Hinterbeine und brüllte aus heißem Rachen seinen Hunger heraus. Erschreckt fuhr Creb zusammen, faßte sich jedoch rasch und verbarg seine Unsicherheit hinter einem, bei ihm nicht ungewöhnlich wirkenden, schwankenden Schritt. Sein Gesicht, das wie die der übrigen Zauberer geschwärzt war, verriet nichts von der Angst in seinem Herzen, als er den Kopf nach hinten neigte, um zu dem gewaltigen Tier aufzublicken. Creb trug eine kleine Schale mit Wasser. Ihrer Form und der elfenbeinhellen Farbe nach war sie einstmals die Schädeldecke eines Erdlings gewesen. Er stellte die Schale vorsichtig zwischen die Pfähle des Verhaus und trat langsam, mit dem Gesicht zum Bären gewandt, zurück.
Während das Tier das Wasser in sich hineinschlabberte, umschlossen einundzwanzig junge Jäger, jeder mit einem neuen Speer in den Händen, den Pfahlverhau. Die Führer der sieben Clans, von deren Männern keiner zum Kampf mit dem Bären erwählt worden war, hatten je drei ihrer besten Jäger für die Feier ausgesucht. Jetzt liefen Broud, Gorn und Voord aus der Höhle und nahmen vor dem mit Riemen fest gesicherten Auslaß des Verhaus Aufstellung. Abgesehen von kurzen Lendenschurzen waren sie nackt, und ihre Körper waren mit roten und schwarzen Zeichen bemalt.
Das bißchen Wasser hatte den Durst des mächtigen Bären nicht im geringsten stillen können. Und als er die Männer rings um seine Bleibe bemerkte, hoffte er natürlich auf mehr. Er hockte sich auf die Hinterbeine und patschte die Vorderpranken zusammen. Als darauf nichts geschah, trottete er zu dem nächststehenden Mann hinüber und stieß seine Schnauze zwischen den dicken Pfählen hindurch.
Mit einem schrillen Ton brach das dünne Wimmern der Flöte ab. Creb holte die Schale aus dem Verhau und nahm wieder seinen Platz vor der Reihe der Zauberer ein. Auf ein Geheimzeichen, das keiner der Umstehenden wahrnehmen konnte, hoben die Mog-urs an, nach der uralten Weise heiliger Zeichen, vereint zu künden: "Nimm das Wasser zum Zeichen unseres Dankes, allmächtiger Beschützer. Dein Clan hat nicht vergessen, was du ihn gelehrt hast. Die Höhle ist unser Heim. Sie schützt uns vor Schnee und Kältnis. Auch wir rasten still, nähren uns von dem Vorrat der Erntezeit und wärmen uns mit Pelzen. Du bist einer von uns gewesen, hast unter uns gelebt und hast gesehen, dass wir deinen Wegen folgen."
Die Zauberer mit ihren schwarzen Gesichtern und den weitfaltigen Umhängen aus Bärenfell schienen zu schweben, als sie mit gemessenen Gebärden dem Schutzgeist ihrer Clans ihre Verehrung bezeugten.
"Dich verehren wir am meisten und vor allen anderen Geistern. Wir bitten dich, in deiner Welt für uns zu sprechen, von der Tapferkeit unserer Männer und der Fügsamkeit unserer Frauen zu künden. Wir bitten dich, uns einen Platz zu geben, wenn wir einst in das Jenseitige zurückkehren. Schütze uns vor dem Bösen. Denn wir sind dein. Allmächtiger Höhlenbär, wir sind der Clan des Bären. Ehre sei mit dir. Größter aller Geister, und auch mit den Erdlingen dein Wohlgefallen. "
Als die Mog- urs zum ersten Mal im Angesicht des mächtigen Tieres ihre Zeichen machten und ihn somit beim Namen riefen, stießen die einundzwanzig Männer ihre Speere zwischen den Pfählen des Verhaus hindurch und bohrten sie dem allmächtigen Geschöpf in das zottige Fell. Nicht alle drangen bis ins Fleisch, doch es schmerzte, was das Tier in wilde Wut brachte. Sein zorniges Gebrüll zerfetzte die Stille. Erschrocken sprangen die Erdlinge zurück.
Etwa zur gleichen Zeit begannen Broud, Gorn und Voord, die Riemen zu zerschneiden, die den Auslaß des Verhaus hielten. Sie kletterten an den Pfählen empor, bis sie die Spitzen der Stämme erreichten. Broud war zuerst oben, doch Gorn war es, dem es gelang, den kurzen, dicken Holzklotz zu fassen, den man früher dort oben bereitgelegt hatte. Der Höhlenbär, der vor Schmerzen hin- und herraste, riß sein dolchzähneartiges Maul auf und brüllte markerschütternd; aus kleinen, blutunterlaufenen Augen sie anblickend, tapste er auf die Männer zu. Sein gewaltiger Kopf reichte bis zu den höchsten Pfahlspitzen des Verhaus. Das Riesentier erreichte die Öffnung und drückte gegen den Auslaß. Krachend stürzten die Pfähle zu Boden. Der Verhau war
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