Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Durc. Bleib hier", bedeutete ihm Ayla.
Doch nach dem Morgenverzehr entdeckte Durc, dass auch Grev schon auf war. Er vergaß die Jagd und rannte zu Brouds Feuerstätte hinüber. Voll zärtlicher Wärme sah Ayla ihm nach, und ein Lächeln erhellte ihr Gesicht. Es erlosch jedoch, als sie gewahrte, wie Broud ihren Sohn anblickte. Das Herz zog sich in ihr zusammen. Die beiden Jungen stürmten hinaus ins Freie.
Plötzlich spürte sie diese merkwürdige Beklommenheit mit solcher Macht, dass sie meinte, der Magen würde sich ihr umdrehen, wenn sie nicht augenblicklich die Höhle verließ. Sie sprang auf und stürzte zum Eingang. Mit hämmerndem Herzen holte sie wieder und wieder Luft.
"Ayla!" Sie fuhr zusammen. Dann drehte sie sich um, senkte den Kopf und blickte auf den neuen Clan-Führer hinunter.
"Ich grüße den Clan-Führer", machte sie, wie es sich gehörte. Selten kam es vor, dass sie Broud von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Sie war viel höher gewachsen als selbst der größte Mann im Clan, und Broud gehörte nicht zu den größten. Er reichte ihr kaum bis zur Schulter. Sie wusste, dass es ihn wurmte, zu ihr aurblicken zu müssen.
"Bleib in der Nähe, Ayla. Wir alle werden uns in Kürze hier draußen versammeln."
Ayla neigte gehorsam den Kopf.
Es dauerte eine Weile, bis alle Clan-Leute sich eingefunden hatten. Die Sonne schien vom Himmel, und sie waren froh, dass Broud trotz des durchweichten Bodens bestimmt hatte, die Versammlung im Freien abzuhalten. Sie mussten warten, ehe Broud, seiner neuen Würde voll bewußt, an den Platz schritt, den früher Brun eingenommen hatte.
"Ihr alle wißt, dass ich ab heute euer neuer Clan-Führer bin", hob Broud mit stolzer Geste an. "Da nun der Clan einen neuen Führer und einen neuen Mog- ur hat, ist die Zeit gekommen, noch andere Veränderungen vorzunehmen. Ihr sollt wissen, dass von diesem Tag an Vorn der Stammeszweite ist."
Die Leute nahmen es gelassen auf. Sie hatten es erwartet. Brun fand, Broud hätte warten sollen, bis Vorn ein wenig reifer war, ehe er ihn in einen Rang erhob, der Vorn über erfahrenere Jäger stellte, aber alle hatten ja gewußt, dass es so kommen würde. Mag sein, dass es gut ist, es gleich zu tun, dachte Brun.
"Und es gibt noch anderes, was zu ändern ist", fuhr Broud fort. "Es gibt eine Frau in diesem Clan, die keinen Gefährten hat." Ayla spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg. "Sie braucht einen Ernährer. Ich will keinem meiner Jäger die Last aufbürden. Ich bin jetzt der Clan-Führer. Mir obliegt es, für sie Sorge zu tragen. Ich werde Ayla an mein Feuer nehmen, als zweite Frau."
Ayla hatte es erwartet, jedoch kam es wie ein Keulenschlag für sie.
Es wird sie nicht froh machen, dachte Brun, aber Broud tut das Rechte. Stolz blickte Brun auf den Sohn seiner Gefährtin. Broud ist reif, die Führung zu übernehmen.
"Diese Frau hat auch ein mißgestaltetes Kind", machte Broud und zeigte auf Durc. "Ihr alle sollt wissen, dass von diesem Tage an keine mißgestalteten Kinder mehr in diesem Clan aufgenommen werden. Keiner soll glauben, es sei Feindseligkeit von meiner Seite, wenn das nächste mißgestaltete Kind nicht aufgenommen wird. Bringt sie aber ein heiles, wohlgestaltetes Kind zur Welt, so werden wir es annehmen."
Creb stand nicht weit vom Eingang der Höhle und sah, wie Ayla erbleichte und den Kopf senkte, um ihr Gesicht zu verbergen. Du kannst sicher sein, dass ich keine Kinder mehr haben werde, Broud, dachte sie. Nicht, wenn Izas Zauber auch bei mir seine Wirkung tut. Dein Geschlecht wirst du nicht mehr in meinen Leib versenken und dort keinen Lebenskeim mehr pflanzen. Ich werde keine Kinder gebären, die sterben müssen, nur weil du sie als mißgestaltet ansiehst.
"Ich habe es zuvor schon kundgetan", fuhr Broud fort, "und darum sollte es keinen überraschen: An meiner Feuerstätte dulde ich kein mißgeburtiges Kind."
Aylas Kopf fuhr hoch. Was sollte das bedeuten? Wenn sie in seinen Wohnkreis zöge, dann käme doch auch Durc mit ihr?
"Vorn ist bereit, Durc an seinem Feuer aufzunehmen", gab Broud weiterhin bekannt. "Seine Gefährtin ist dem Jungen zugetan trotz seiner Mißgestalt. Er wird gut versorgt werden."
Dieser Eröffnung fo lgten bestürztes Brummen und verwirrte Gebärden. Gewöhnlich gehörten Kinder zu ihren Müttern, bis sie erwachsen waren. Wie konnte Broud Ayla aufnehmen und ihren Sohn ablehnen?
Ayla lief zu Broud und warf sich ihm zu Füßen. Er tippte ihr auf die Schulter.
"Ich bin noch nicht am Ende, Frau. Es zeigt
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