Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
gerührt, als Brun gegen den Mann gewettert hatte, den er noch kurz vorher zum Führer gemacht, und einfach nicht zu glauben war schließlich Brouds Befehl gewesen, Ayla zum Tode zu verfluchen.
Ayla zitterte so heftig, dass sie auf das Beben der Erde unter ihren Füßen erst aufmerksam wurde, als sie sah, wie den Umstehenden die Füße weggerissen wurden und sie zu Boden stürzten. In ihrem Gesicht stand die gleiche Überraschung wie auf den Gesichtern der anderen. Doch sie wurde rasch zu Furcht und dann zu nacktem Entsetzen. Und dann hörte auch sie das ferne, wütende Grollen aus den Tiefen der Erde.
"Durc!" schrie sie und sah, wie Uba ihn packte, dann über ihn stürzte, als wollte sie seinen kleinen Körper mit ihrem eigenen schützen. Ayla rannte auf sie zu. Doch plötzlich machte sie kehrt und schrie mit schrecklicher Stimme: "Creb! Er ist noch in der Höhle."
Stolpernd und kriechend mühte sie sich den schwankenden Hang hinauf zur großen keilförmigen Öffnung. Ein riesiger Stein sprang die Steilwand hinunter, in der sich der Eingang befand und schlug, von einem Baum behindert, donnernd neben Ayla zu Boden, die nichts hörte und nichts sah, nur blindlings nach oben strebte.
Der Boden unter ihren Füßen sackte plötzlich ab und bäumte sich gleich wieder auf. Ayla stürzte, rappelte sich hoch und sah, wie die Höhlendecke zerbrach. Scharfgezackte Felsbrocken regneten herunter und zersprangen, als sie aufschlugen. Rings um Ayla herum kollerten und sausten Steine und Felsbrocken die Wand herunter, rollten weiter über den Hang und klatschten mit tödlicher Wucht in den eisigen Bach. Wie ein Blitz durchzuckte ein riesiger Riß den Felsgrat; das mächtige Gestein bröckelte, zerbröselte, schwankte und versank in der Tiefe.
Drinnen in der Höhle hagelte es felsige Splitter, Steine und Schmutz, und die Wände und die Decke dröhnten unter dem gewaltigen Weh der Erde. Draußen schwankten die himmelhohen Bäume wie ungelenke Riesen in einem rauschhaften Tanz und splitternackte Bäume wurden vom Beben geschüttelt. Der Einriß in der Wand barst ohrenbetäubend zu einem gähnenden Spalt auseinander, aus dem sich ein wilder Gesteinsschwall ergoß. Das entsetzliche Donnern aus den Tiefen der Erde und das Schrappen und Krachen von Fels und Stein zertönten alles Schreien nach Hilfe.
Doch schließlich verebbte das Beben. Noch ein paar Steine kollerten hurtig den Hang herab, sprangen, hüpften, rollten aus. Noch zitternd vor Angst und Erregung begannen die Clan-Leute, sich abzutasten, standen vorsichtig auf und irrten wie benommen umher. Dann schauten sie sich um, sahen Brun und versammelten sich um ihn. Er war ihr Führer gewesen, der Fels, der unerschütterlich stand. Er war ihre einzige Sicherheit. Er sollte die Führung wieder übernehmen.
Doch Brun tat nichts dergleichen. Niemals in der langen Zeit, da er den Clan geführt hatte, glaubte er, so wenig Scharfblick gezeigt zu haben wie an dem Tag, an dem er Broud zum neuen Oberhaupt des Clans gemacht hatte. Jetzt aber sah er, wie blind er gegen die Schwächen seines Sohnes gewesen war. Selbst dessen Stärken, seine Unerschrockenheit und sein Wagemut, entsprangen doch mehr jener Kälte des Herzens und jener mangelnden Selbstbeherrschung. Doch das war es nicht, weshalb Brun sich weigerte zu handeln. Broud war jetzt der Clan-Führer; für Brun war es zu spät, hier einzuspringen und einen anderen Mann auf die Führung vorzubereiten, obwohl er wusste, dass der Clan es ihm gestattet hätte. Broud hatte verkündet, dass er der Führer wäre. Gut, Broud. Dann führe, dachte Brun. Ganz gleich, was dieser von nun an entscheiden würde oder nicht, Brun würde nichts mehr dagegensetzen.
Als die Clan-Leute merkten, dass Brun nicht bereit war, sie zu führen, wandten sie sich schließlich Broud zu. Denn sie waren einen starken Mann gewöhnt, und Brun war ein starker Mann gewesen. Auf seine unerschütterliche Ruhe und seinen klaren Blick war sicher Verlaß gewesen. Sie waren nicht fähig, selbst zu handeln und selbst zu entscheiden. Sogar Broud erwartete, dass Brun die Führung wieder übernehmen würde. Auch er brauchte jemanden, auf den er sich stützen konnte. Doch als er schließlich sah, dass nun die Last auf seinen Schultern liegen würde, mühte er sich ab, sie ohne Straucheln auch zu tragen.
"Wer fehlt? Wer ist verletzt? Seid ihr alle heil?" fragte er mit besorgter Hand die Leute.
Ein Seufzer der Erleichterung ging durch die kleine Schar. Familien fanden sich zusammen, und es
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