Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
oder auf seinem Schoß schlafend vor. Ayla war sich selbst nicht ganz sicher, wieso Wolf und Rydag sich so schnell besonders gut verstanden. Rydags angeborene Fähigkeit, feinste Unterschiede in Wolfs Signalen zu erkennen, mochten die Fähigkeit des Jungen erklären, doch wie erkannte ein junger Wolf die Bedürfnisse eines schwachen Menschenkindes?
Ayla entwickelte zusammen mit den anderen Befehlen bei der Ausbildung des Wolfsjungen abgewandelte Wolfssignale. Die erste Lektion bestand nach einer Reihe von unangenehmen Zwischenfällen darin, einen Dung- und Aschekorb zu benutzen wie die Menschen auch, oder aber ins Freie zu gehen. Das erwies sich als überraschend einfach; Wolf schienen seine Kothaufen peinlich zu sein, und er wand sich auf dem Boden, wenn Ayla ihn deshalb ausschimpfte. Die nächste Lektion war schon schwieriger.
Wolf liebte es, auf Leder herumzukauen, insbesondere auf Stiefeln und Füßlingen; ihm das abzugewöhnen, erwies sich als frustrierend. Jedesmal wenn sie ihn dabei erwischte und ihn schalt, war er zerknirscht und von kriecherischem Eifer erfüllt, ihr zu gefallen; gleichwohl war er widerspenstig und machte manchmal gleich weiter, bisweilen sofort, nachdem sie ihm den Rücken gekehrt hatte. Die Fußbekleidung aller war in Gefahr, doch ganz besonders hatten es ihm ihre weichen Lederfüßlinge für drinnen angetan. Er konnte anscheinend nicht von ihnen lassen. Sie mußte sie hochhängen, so daß er nicht herankam; sonst hätte er sie zerfetzt. Doch so sehr sie etwas dagegen hatte, daß er auf ihren Sachen herumkaute, größeren Kummer löste es bei ihr aus, wenn er die Sachen von anderen zernagte. Sie war verantwortlich für ihn, sie hatte ihn in die Erdhütte hereingebracht; infolgedessen fand sie, jeder Schaden, den er anrichtete, gehe auf ihre Kappe.
Ayla war dabei, die letzten Perlen auf den weißen Lederkittel zu nähen, da hörte sie vom Herdfeuer des Fuchses her lautes Geschimpfe.
»He! Gib das her!« rief Ranec laut.
Dem Klang der Stimme entnahm Ayla, daß Wolf wieder irgend etwas anstellte. Sie lief hin, um nachzusehen, worum es diesmal ging, und sah, wie Ranec und Wolf an einem kaputten Schuh zerrten.
»Wolf! Auslassen!« sagte sie und ließ ihre Hand in rascher Geste unmittelbar vor seiner Schnauze herniederfahren. Der Wolfswelpe ließ den Schuh augenblicklich los und hockte sich hin, wobei er die Ohren leicht anlegte und – den Schwanz auf dem Boden – herzerweichend jaulte. Ranec legte seinen Schuh auf die Plattform.
»Ich hoffe, er hat ihn dir nicht kaputtgemacht«, sagte Ayla. »Es spielt sowieso keine Rolle. Er ist schon alt«, sagte Ranec lächelnd und fügte bewundernd noch hinzu: »Du kennst dich wirklich aus mit Wölfen, Ayla. Er tut genau das, was du ihm sagst.«
»Aber nur, solange ich dabeistehe und zusehe«, sagte sie und wandte den Blick dem kleinen Tier zu. Wolf sah aufmerksam zu ihr auf und wedelte erwartungsvoll mit dem Schwanz. »Sobald ich ihm den Rücken zuwende, frißt er wieder etwas aus, obwohl er ganz genau weiß, daß er das nicht soll. Er läßt die Sachen fallen, sobald er mich kommen sieht, aber ich weiß nicht, wie ich ihm beibringe, daß er die Sachen anderer nicht anrühren darf.«
»Vielleicht braucht er etwas, das ihm ganz allein gehört«, gab Ranec zu bedenken. Dann sah er sie mit seinen glutvollen dunklen Augen an.
»Oder etwas von dir.«
Der Welpe fuhr immer wieder zu ihr hoch und buhlte winselnd um ihre Aufmerksamkeit. Schließlich stieß er ein paar ungeduldige Kläffer aus. »Ruhig! Sei still!« befahl sie ärgerlich. Er duckte sich, barg den Kopf zwischen den Pfoten und richtete die Augen völlig zerknirscht zu ihr auf.
Ranec verfolgte das und sagte dann zu Ayla: »Er kann es nicht aushalten, wenn du böse mit ihm bist. Er möchte wissen, daß du ihn liebst. Ich glaube, ich weiß, wie ihm zumute ist.«
Er rückte näher, und es trat jene Wärme und jenes Sehnen in seine Augen, das sie schon einmal so tief angerührt hatte. Sie spürte die kribbelnde Reaktion darauf und rückte verwirrt von ihm ab. Um sich ihre Erregung nicht anmerken zu lassen, hob sie den kleinen Wolfswelpen hoch, woraufhin Wolf ihr aufgeregt das Gesicht leckte.
»Schau, wie glücklich er ist, jetzt wo er weiß, daß du ihn gern hast«, sagte Ranec. »Auch mich würde es glücklich machen zu wissen, daß du mich gern hast. Hast du das?«
»Hm … selbstverständlich habe ich dich gern, Ranec«, stammelte Ayla und fühlte sich keineswegs wohl in ihrer Haut.
Er schenkte
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