Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
nicht einfach ihre Gefühle und forderten dann Ranec auf, an ihrer Verbindung teilzuhaben? Nezzie jedoch spürte, daß es so einfach nicht war. Die weise, mütterliche Frau spürte, daß Jondalars Liebe zu Ayla zu stark war; sie ließ sich bestimmt nicht unterdrücken, bloß weil ein paar Worte nicht ausgesprochen wurden. Etwas viel tiefer Liegendes stand zwischen ihnen. Außerdem verstand sie mehr als irgend jemand sonst, wie tief Ranecs Liebe zu der jungen Frau ging. Sie glaubte nicht, daß es sich hier um eine Situation handelte, die sich durch die Doppelbindung einer Dreierbeziehung lösen ließ. Ayla würde sich entscheiden müssen.
Als berge die Vorstellung etwas Zwingendes, war Ayla, seit Ranec sie gebeten hatte, zu überlegen, ob sie nicht an sein Herdfeuer übersiedeln wolle, und die schmerzlich-offenkundige Tatsache angesprochen hatte, daß sie jetzt allein schlief, kaum imstande gewesen, an irgend etwas anderes zu denken. Sie hatte sich an den Glauben geklammert, Jondalar werde ihrer beider harte Worte vergessen und zu ihr zurückkehren, zumal es so aussah, als ob sie jedesmal, wenn sie zur Kochstelle hinüberblickte, zwischen den Tragepfeilern und den von der Decke herabhängenden Dingen einen Blick von ihm erhaschte, wie er sich gerade abwandte. Sie dachte, er müsse wohl immer noch interessiert genug sein, nach ihr Ausschau zu halten. Doch jede allein verbrachte Nacht ließ ihre Hoffnung mehr schwinden.
»Denk darüber nach …« Ranecs Worte wollten ihr nicht aus dem Kopf. Als sie getrocknete Kletten und süße Farnblätter zerstieß, um einen Tee gegen Mamuts Gliederreißen aufzubrühen, mußte sie an den dunkelhäutigen, lächelnden Mann denken und überlegte, ob sie wohl lernen könnte, ihn zu lieben. Doch die Vorstellung von einem Leben ohne Jondalar bewirkte, daß sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen breitmachte. Sie fügte frisches Wintergrün hinzu und goß heißes Wasser in eine Schale mit den zerstoßenen Blättern und brachte dies dem alten Mann.
Sie lächelte, als er sich bedankte, schien jedoch bekümmert und traurig. Sie war den ganzen Tag über in Gedanken gewesen. Mamut wußte, daß sie seit Jondalars Auszug völlig durcheinander war, und er wünschte, er könnte helfen. Er hatte früher am Tag gesehen, wie Ranec mit ihr redete, und überlegte, ob er sie darauf ansprechen sollte, doch war er der Meinung, daß in Aylas Leben nichts ohne Sinn und Zweck geschah. Er war überzeugt, Die Mutter habe ihre augenblicklichen Schwierigkeiten geschaffen, weil Sie etwas ganz Bestimmtes damit bezweckte. Deshalb zögerte er, sich einzumischen. Welche Prüfungen sie und die beiden jungen Männer auch zu bestehen hatten, sie waren notwendig. Er sah ihr nach, als sie in den Pferdeanbau hinausging, und es entging ihm auch nicht, als sie einige Zeit später wieder hereinkam.
Ayla deckte das Feuer für die Nacht ab, kehrte zurück zu ihrer Bettplattform, zog sich aus und machte sich schlafbereit. Es war eine Qual, die Nacht vor sich zu haben und zu wissen, daß Jondalar nicht neben ihr schlief. Sie beschäftigte sich mit kleineren Aufgaben, um das Schlafengehen noch hinauszuzögern, denn sie wußte, daß sie ohnehin die halbe Nacht wach liegen würde. Schließlich nahm sie Wolf, setzte sich auf den Bettrand, herzte und streichelte das Tier und redete mit ihm, bis es in ihren Armen einschlief. Dann legte sie Wolf in seinen Korb und streichelte ihn, bis er sich wieder hinlegte. Mamut wurde wach und schlug die Augen auf. Er konnte in der Dunkelheit nur undeutliche Umrisse erkennen. In der Erdhütte herrschte Ruhe, und die nächtliche Stille wurde nur von raschelnden Geräuschen, schwer gehendem Atem und tiefem Schlafgemurmel unterbrochen. Langsam drehte er den Kopf in Richtung auf den schwachen Schimmer der Glut in der Feuergrube und bemühte sich dahinterzukommen, was ihn aus dem Tiefschlaf herausgerissen und hellwach gemacht hatte. Er hörte gepreßten Atem in der Nähe, ein unterdrücktes Schluchzen, und stieß seine Felldecken beiseite.
»Ayla? Ayla, hast du Schmerzen?« fragte Mamut leise. Sie spürte eine warme Hand auf ihrem Arm.
»Nein«, sagte sie. Ihre Stimme war ganz heiser, so sehr mußte sie sich bezwingen. Sie kehrte das Gesicht zur Wand.
»Du weinst.«
»Tut mir leid, daß ich dich geweckt habe. Ich hätte leiser sein sollen.«
»Du warst leise. Es war nicht das Geräusch von dir, das mich geweckt hat; das war dein Bedürfnis. Die Mutter hat mich zu dir gerufen. Du leidest Schmerzen. Du
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