Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
rührte in ihr etwas auf, erregte ein kabbelndes Glühen, und sie spürte, wie mächtig ihre Liebe zu ihm war. Sie konnte nicht zurück ins Tal, nicht ohne ihn. Allein die Vorstellung, ohne ihn zu leben, schnürte ihr den Hals zu, und das Brennen von zurückgehaltenen Tränen in ihren Augen war sehr schmerzlich.
Als sie auf die Gruppe zuritt, fiel ihr auf, daß Jondalar vielleicht nicht so groß war wie der rothaarige Mann, wohl aber mindestens genauso groß, wenn nicht größer, als die anderen drei. Nein, einer von ihnen war noch ein Junge, das sah sie. Und war das ein Mädchen, das sie bei sich hatten? Sie ertappte sich dabei, wie sie die Gruppe verstohlen beobachtete; es widerstrebte ihr, sie offen anzustarren.
Ihre Körperbewegungen signalisierten Winnie, stehenzubleiben; Ayla schwang das Bein über ihre Kruppe und ließ sich zu Boden gleiten. Beide Pferde schienen nervös, als Talut sich näherte, und so streichelte sie Winnie und schlang Renner einen Arm um den Hals. Sie selbst war genausosehr auf das beruhigende Gefühl angewiesen, sie in der Nähe zu wissen, wie umgekehrt die Pferde auch.
»Ayla von den Nicht-Leuten«, sagte er und war sich dabei nicht ganz sicher, ob das die richtige Art war, sie anzureden, obwohl das bei dieser Frau mit den unheimlichen Gaben durchaus sein konnte. »Jondalar sagt, du fürchtest, die Pferde könnten Schaden nehmen, wenn du uns besuchst. Ich erkläre hier, solange Talut Anführer des Löwen-Lagers ist, wird dieser Stute und ihrem Jungen nichts zustoßen. Ich würde es gern sehen, wenn du uns besuchtest und die Pferde mitbrächtest.« Wiederum mußte er kichern, und ein Lächeln breitete sich über seinem Gesicht aus. »Denn sonst glaubt uns niemand ein Wort.«
Ihr war jetzt weniger unbehaglich zumute, und außerdem wußte sie, daß Jondalar das Lager der Fremden gern aufsuchen würde. Sie hatte keinen triftigen Grund, es ihnen abzuschlagen, und das unbekümmerte, freundliche Lachen des riesigen rothaarigen Mannes war ausgesprochen einnehmend.
»Ja, ich komme«, sagte sie. Talut nickte lächelnd. Ihm wollte diese Frau mit der fesselnden Sprechweise und der ehrfurchtgebietenden Art und Weise, wie sie mit Pferden umging, nicht aus dem Sinn gehen. Wer war Ayla von den Nicht-Leuten?
Ayla und Jondalar hatten am schnellfließenden Fluß gelagert und an diesem Morgen, ehe sie auf die Horde vom Löwen-Lager gestoßen waren, beschlossen umzukehren. Der Wasserlauf war zu breit, um ihn mühelos zu überqueren, und es lohnte auch nicht die Mühe, wenn sie ohnehin kehrt machen und wieder zurückkehren wollten ins Tal der Pferde. Die Steppe östlich jenes Tals, in dem Ayla drei Jahre hindurch allein gelebt hatte, war zugänglicher gewesen, und die junge Frau hatte sich nicht oft die Mühe gemacht, weit nach Westen vorzustoßen; infolgedessen war dieses Gebiet ihr weitgehend unbekannt. Wenn sie sich auch zunächst nach Westen gewandt hatten – ein bestimmtes Ziel hatten sie nicht gehabt, und sie waren bald nordwärts gezogen und am Schluß wieder nach Osten abgebogen, dabei allerdings wesentlich weiter vorgestoßen, als Ayla auf ihren Jagdzügen jemals gekommen war.
Jondalar hatte Ayla bewogen, diese Erkundungsreise zu machen, um sie überhaupt an das Unterwegssein zu gewöhnen. Er wollte sie mitnehmen nach Hause, doch sein Zuhause lag weit, weit im Westen. Sie hatte gezögert, hatte Angst gehabt, ihr sicheres Tal zu verlassen und bei unbekannten Menschen an einem unbekannten Ort zu leben. Obwohl er begierig war, nach jahrelanger Abwesenheit nach Hause zurückzukehren, hatte er sich mit dem Gedanken abgefunden, den Winter noch mit ihr in dem Tal zu bleiben. Es würde eine sehr, sehr lange Reise zurück werden – sie konnte ohne weiteres ein ganzes Jahr dauern – und da war es schon ratsam, erst im späten Frühling aufzubrechen. Bis dahin war er bestimmt imstande, sie zum Mitkommen zu bewegen. Er weigerte sich innerlich einfach, eine andere Möglichkeit auch nur in Erwägung zu ziehen.
Ayla hatte ihn zu Beginn der warmen Jahreszeit, die jetzt ihre letzten Tage erlebte, schwer verwundet aufgefunden, und sie wußte um die Tragödie, die er erlebt hatte. Während sie ihn gesund pflegte, hatten sie sich ineinander verliebt; allerdings hatte es lange gedauert, ehe sie die Barrieren überwinden konnten, die ihr so grundverschiedener Hintergrund zwischen ihnen aufgerichtet hatte. Auch jetzt waren sie noch immer dabei, Lebensgewohnheiten und Gefühlslagen des anderen
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