Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
großen Fisch an Land zu ziehen, oder was mit einem so kleinen Boot passieren würde."
"Dieser Fisch verschaffte ihm die tollste Bootsfahrt seines Lebens", erklärte Barono, unfähig, der Versuchung zu widerstehen.
"Ich wußte nicht einmal, ob es mir gelingen würde, einen zu treffen; ich war den Umgang mit einem Speer mit einer daran befestigten Leine noch nicht gewohnt", fuhr Jondalar fort. "Ich hätte bedenken müssen, was geschehen würde, wenn es mir gelang."
"Das verstehe ich nicht", sagte Ayla.
"Wenn du an Land jagst und etwas triffst, zum Beispiel einen Hirsch, dann kannst du das Tier verfolgen, selbst wenn du es nur verwundet hast und der Speer herausgefallen ist", erklärte Carlono. "Einen Fisch im Wasser kannst du nicht verfolgen. Eine Harpune hat Widerhaken und ist an einer kräftigen Schnur befestigt, und wenn du einen Fisch getroffen hast, sitzt der Haken fest, und du kannst den Fisch im Wasser nicht verlieren. Das andere Ende der Schnur kann am Boot festgemacht werden."
"Der Stör, den er getroffen hatte, zog ihn mitsamt seinem Boot stromaufwärts", meldete sich Barono wieder zu Wort. "Wir standen da hinten am Ufer und sahen, wie er vorüberfuhr und sich an die Schnur klammerte, die am Boot befestigt war. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so schnell fuhr. Jondalar glaubte, er hätte den Fisch am Haken - dabei hatte der Fisch ihn am Haken!"
Ayla lächelte wie alle anderen.
"Als der Fisch endlich genügend Blut verloren hatte und tot war, war ich ziemlich weit stromaufwärts", fuhr Jondalar fort. "Das Boot war mit Wasser vollgeschlagen; schließlich schwamm ich an Land. Das Boot wurde den Fluß hinab-getrieben, aber der Fisch landete dicht am Ufer im Stauwasser.
Mittlerweile fror ich erbärmlich, aber ich hatte mein Messer verloren und konnte kein trockenes Holz finden, womit ich hätte Feuer machen können. Plötzlich tauchte ein Flachschädel - ein Clan-Junge auf."
Aylas Augen weiteten sich vor Überraschung. Die Geschichte hatte eine unvermutete Wendung genommen.
"Er brachte mich an sein Feuer. Dort war ein ältere Frau, und ich zitterte so sehr, daß sie mir einen Wolfspelz gab. Nachdem ich mich aufgewärmt hatte, kehrten wir zum Fluß zurück. Der Junge wollte den halben Fisch, und ich war froh, mich auf diese Weise bedanken zu können. Er schnitt den Stör der Länge nach durch und nahm seine Hälfte mit. Alle, die gesehen hatten, wie ich vorbeifuhr, suchten nach mir, und gerade in diesem Moment fanden sie mich.
Selbst wenn sie heute darüber lachen - ich war überglücklich, sie zu sehen."
"Ich kann noch immer nicht glauben, daß der Flachschädel den halben Fisch allein davontrug. Ich weiß noch, daß drei oder vier Männer zupacken mußten, um den halben Fisch, den er zurückgelassen hatte, ins Boot zu bringen", sagte Markeno.
"Es war ein sehr großer Stör."
"Die Männer vom Clan sind sehr kräftig", sagte Ayla, "aber ich wußte nicht, daß in dieser Gegend Leute vom Clan leben. Ich habe immer geglaubt, sie wohnten alle auf der Halbinsel."
"Früher lebten ziemlich viele von ihnen auf der anderen Seite des Flusses", sagte Barono.
"Und was ist aus ihnen geworden?" fragte Ayla.
Die Leute im Boot waren plötzlich verlegen und senkten den Bück. Schließlich sagte Markeno: "Nachdem Doraldo tot war, versammelte Dolando einen Haufen Männer um sich und - machte Jagd auf sie. Nach einer Weile waren die meisten von ihnen verschwunden. Ich nehme an, sie sind fortgezogen."
"Zeig mir das noch einmal", sagte Roshario; sie wünschte sich, es selbst mit eigenen Händen tun zu können. An diesem Morgen hatte Ayla ihr den Verband aus Birkenrinde angelegt.
Obwohl noch nicht ganz trocken, war das leichte Material bereits so starr, daß es den Arm fest umschlossen hielt, und Roshario genoß die größere Beweglichkeit, die es ihr gestattete. Aber Ayla wollte nicht, daß sie ihre Hand schon jetzt gebrauchte.
Sie saßen mit Tholie in der Sonne, umgeben von mehreren Stücken weichen Gemsenleders. Ayla hatte ihren Nähkasten herausgeholt und zeigte ihnen den Fadenzieher, den sie im Löwen-Lager angefertigt hatte.
"Zuerst mußt du mit einer Ahle Löcher in die beiden Lederteile stechen, die du zusammennähen willst", sagte Ayla.
"So, wie wir es immer tun", sagte Tholie.
"Aber dann benutzt du dieses Ding, um den Faden durch die Löcher zu ziehen. Der Faden läuft durch dieses winzige Loch am hinteren Ende, und wenn du die Spitze in die Löcher im Leder steckst, dann zieht es den
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