Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
an ihm hoch, und gemeinsam liefen sie zu dem Platz, an dem die Pferde angebunden waren. Winnie war fort!
"Sie ist fort!" rief Ayla. Sie pfiff und rief sie mit jenem Wiehern, nach dem sie die Stute benannt hatte. Aus der Ferne kam ein Wiehern als Antwort.
"Das ist sie! Das ist Winnie! Diese Pferde, sie haben sie mitgenommen. Ich muß sie zurückholen!" Ayla begann hinter den Pferden herzulaufen und stolperte durch die Dunkelheit.
Jondalar holte sie nach wenigen Schritten ein. "Ayla, warte! Wir können jetzt nicht gehen. Es ist zu dunkel. Du siehst ja nicht, wohin du trittst."
"Aber ich muß zu ihr, Jondalar!" "Wir holen sie. Morgen früh", sagte er und nahm sie in die Arme.
"Bis dahin sind sie alle fort", schluchzte sie. "Aber dann ist es hell, und wir können ihre Spuren sehen. Wir werden sie verfolgen. Wir holen Winnie zurück, Ayla. Ich verspreche es, wir holen sie zurück."
"Ach, Jondalar. Was soll ich ohne Winnie machen? Sie ist mein Freund. Eine lange Zeit war sie mein einziger Freund", sagte Ayla und brach in Tränen aus.
Der Mann hielt sie fest und ließ sie eine Weile weinen, dann sagte er "Erst einmal müssen wir sehen, ob auch Renner verschwunden ist, und dann müssen wir Wolf suchen."
Ayla erinnerte sich plötzlich, daß sie gehört hatte, wie Wolf vor Schmerz aufjaulte; sie begann sich um ihn und den jungen Hengst zu sorgen. Sie pfiff nach Wolf und machte dann das Geräusch, mit dem sie die Pferde zu rufen pflegte.
Sie hörten zunächst ein Wiehern und dann ein Winseln. Jondalar ging fort, um Renner zu suchen, während Ayla dem Winseln des Wolfes folgte, bis sie ihn fand. Sie tastet ihn ab und fühlte etwas Feuchtes und Klebriges.
"Wolf! Du bist verletzt." Sie versuchte, ihn aufzuhelfen und zum Lagerplatz zu tragen, wo sie das Feuer neu anfachen wollte, um ihn zu untersuchen. Er jaulte vor Schmerz auf, als sie unter seinem Gewicht strauchelte. Dann befreite er sich auf ihren Armen und blieb auf eigenen Beinen stehen. Obgleich es ihn offensichtlich Mühe kostete, hinkte er allein zum La-gerplatz zurück.
Auch Jondalar kam mit Renner am Zügel zum Lager zurück, während Ayla das Feuer anfachte. "Sein Strick hat gehalten", sagte er. Er hatte sich angewöhnt, feste Stricke zu nehmen, um den Hengst zu halten, der für ihn immer etwas schwieriger zu handhaben war als Winnie für Ayla.
"Ich bin so froh, daß er in Sicherheit ist", sagte Ayla und kraulte die Mähne des Hengstes. Dann trat sie zurück, um ihn näher in Augenschein zu nehmen. "Warum habe ich keinen festen Strick genommen, Jondalar?" sagte sie, über sich selbst verärgert. "Wenn ich daran gedacht hätte, wäre Winnie noch hier." Ayla hatte Winnie immer nur mit einem leichten Seil festgebunden, um zu verhindern, daß sie sich zu weit entfernte.
"Es ist nicht deine Schuld, Ayla. Die Pferde waren nicht hinter Renner her. Sie wollten eine Stute, keinen Hengst. Winnie wäre nicht mitgegangen, wenn sie es nicht selbst gewollt hätte."
"Aber ich wußte, daß diese Herde da war, und ich hätte wissen müssen, daß sie kommen würden, um Winnie zu holen. Nun ist sie fort, und auch Wolf ist verletzt."
"Ist es schlimm?" fragte Jondalar.
"Ich weiß es nicht", sagte Ayla. "Es tut ihm zu weh, wenn ich ihn untersuche. Aber ich glaube, er hat sich eine Rippe gebrochen. Er muß getreten worden sein. Ich werde ihm etwas gegen seine Schmerzen geben und morgen früh herausfinden, was er hat - bevor wir Winnie suchen." Sie warf sich dem Mann in die Arme. "Ach, Jondalar! Was ist, wenn wir sie nicht finden? Was ist, wenn ich sie für immer verloren habe?"
25. KAPITEL
"Schau, Ayla", sagte Jondalar. Er ließ sich auf ein Knie nieder, um den Boden zu untersuchen, der mit den Abdrücken von Pferdehufen übersät war. "Die ganze Herde muß letzte Nacht hier gewesen sein. Die Spuren sind deutlich zu erkennen. Ich habe dir doch gesagt, daß es nicht schwer ist, sie zu verfolgen. Es muß nur hell genug sein."
Ayla blickte auf die Spuren, dann nach Nordosten in die Richtung, in die die Pferde verschwunden waren. Sie standen am Rande des kleinen Gehölzes und konnten das offene Grasland weit überschauen; aber so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte kein einziges Pferd entdecken. Hier kann man die Spuren nicht übersehen, dachte sie, aber wer weiß, wie lange wir ihnen folgen können?
Sie hatte nicht wieder einschlafen können, nachdem sie von dem Lärm geweckt worden war und entdeckt hatte, daß Winnie verschwunden war. Als es heller wurde und das
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