Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
willst nur nicht hören, wie wertlos du bist. Oder du möchtest nicht auf deine Wonnen verzichten. Das ist es, ja?"
Plötzlich änderte Attaroa ihren Ton und begann, affektiert zu schnurren. "Möchtest du Wonnen genießen, Zelandonii? Wenn du nicht mit mir kämpfen willst - was willst du tun, um deine Freiheit zu erlangen? Ah, ich weiß! Selbst Attaroa könnte einem so starken, gutaussehenden Mann Wonnen schenken. Aber kannst du Attaroa Wonnen geben?"
S'Armunas vergeblicher Versuch, sich dem Ton der Frau anzu-passen, erinnerte ihn wieder daran, daß die Worte, die er hörte, übersetzt waren. Es war eine Sache, als Attaroa, die Anführerin, zu sprechen; als Attaroa, die Frau, zu sprechen war eine andere. S'Armuna konnte die Worte übersetzen; aber sie konnte nicht die Persönlichkeit der Frau annehmen, der sie ihre Stimme lieh.
"So groß, so blond - er könnte der Gefährte der Mutter selbst sein. Sieh, er ist noch größer als Attaroa; und das sind nicht viele Männer. Du hast schon vielen Frauen Wonnen geschenkt, nicht wahr? Hast du sie alle beglückt, Zelandonii-Mann?"
Jondalar antwortete nicht. Ja, es gab eine Zeit, in der er es genoß, mit vielen Frauen die Wonnen zu teilen; aber jetzt gab es nur noch Ayla. Ein Gefühl schmerzlichen Grams ergriff ihn. Was sollte er ohne sie machen? War es nicht gleichgültig, ob er lebte oder tot war?
"Komm, Zelandonii, wenn du Attaroa Lust schenkst, kannst du deine Freiheit haben. Attaroa weiß, daß du es kannst." Sie schritt verführerisch auf ihn zu. "Siehst du? Attaroa gibt sich dir hin. Zeig jedem, wie ein starker Mann eine Frau beglückt. Teile die Gabe Munas, der Großen Erdmutter, mit Attaroa, Jondalar von den Zelandonii."
Attaroa legte die Arme um den Hals und schmiegte sich an ihn. Jondalar reagierte nicht. Sie versuchte, ihn zu küssen; aber er war zu groß und beugte seinen Kopf nicht. Sie war keinen Mann gewohnt, der größer war als sie. Sie war vor allem nicht gewohnt, einen Mann zu küssen, der sich ihrem Kuß verweigerte. Sie fühlte sich erniedrigt, und Zorn flammte in ihr auf.
"Zelandorii, ich bin bereit, dir eine Chance zu geben, deine Freiheit zu erlangen."
"Ich teile nicht die Gabe der Wonne unter diesen Beding-ungen", sagte Jondalar. Seine ruhige, beherrschte Stimme verbarg nicht ganz die Empörung, die er in sich aufsteigen fühlte. Wie konnte sie es wagen, die Mutter derart zu be-leidigen? "Die Gabe ist heilig; sie soll freiwillig und mit Freude geteilt werden. Mit dir zu schlafen, wäre eine Verhöhnung der Mutter. Es würde ihre Gabe entweihen und sie ebenso erzürnen, als nähme ich eine Frau gegen ihren Willen. Ich wähle die Frau aus, mit der ich schlafen will, und ich habe nicht den Wunsch, die Gabe der Mutter mit dir zu teilen, Attaroa."
Attaroa glaubte ihren Ohren nicht zu trauen, als sie die Über-setzung hörte. Die meisten Männer waren nur allzu bereit gewesen, die Gabe der Wonnen mit ihr zu teilen, um ihre Freiheit zu erlangen. Besucher, die das Unglück gehabt hatten, ihr Gebiet zu betreten und von ihren Jägerinnen ge- fangengenommen zu werden, hatten in der Regel sofort die Chance ergriffen, den Wolfsfrauen der S'Armunai zu ent- kommen. Obgleich einige sich - mit Recht - gefragt hatten, was sie wirklich im Schilde führte, hatte keiner sich ihr offen verweigert, "
"Du weigerst dich ..." stieß sie ungläubig hervor. Die Übersetzung gab nur unvollkommen ihren Gefühlen Ausdruck; aber ihre Reaktion war deutlich genug. "Du weist Attaroa zurück. Wie kannst du es wagen!" schrie sie. Dann wandte sie sich an ihre Wolfsfrauen. "Zieht ihn aus und bindet ihn am Übungspfahl fest!"
Das war immer schon ihre Absicht gewesen, wenn auch nicht so bald. Sie hatte gehofft, daß Jondalar sie während des langen,
eintönigen Winters beschäftigt halten würde. Sie genoß es, Männer mit dem Versprechen zu ködern, ihnen die Freiheit zu schenken. Für sie war es der Gipfel der Ironie. Sie führte die Männer durch alle Stadien der Erniedrigung und Demütigung, und es gelang ihr gewöhnlich, von ihnen alles zu bekommen, was sie wollte, bevor sie mit ihnen Schluß machte. Sie entblößten sich vor ihr, wenn sie es verlangte, in der Hoffnung, sie zu befriedigen.
Aber kein Mann konnte Attaroa befriedigen. Sie war miß-braucht worden, als sie ein Mädchen war, und sie hatte den Tag herbeigesehnt, an dem sie mit dem mächtigen Anführer einer anderen Gruppe zusammengegeben wurde. Doch dann hatte sie entdecken müssen, daß der Mann, mit dem sie
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