Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
Fragen verrieten eine solche Kenntnis, daß sie gar nicht anders konnte, als sie zu beantworten. Das, was Ayla zuerst für ein einfaches, wohlschmeckendes, leichtes Getränk gehalten hatte, entpuppte sich als eine hochwirksame Mixtur, die die beim Fest der Mutter erwünschte Entspannung und zärtliche Annäherung befördern sollte.
Als die Angehörigen der Höhle an das Herdfeuer traten, spürte Ayla, die davon gekostet hatte, zunächst ein wacheres Be-wußtsein, das jedoch bald einem angenehmen, sehnsüchtigen und begehrlichen Gefühl wich. Sie bemerkte, wie Jondalar und
ein paar andere mit Madenia sprachen, ließ Solandia abrupt stehen und eilte auf sie zu. Jedem Mann, der sie kommen sah, gefiel ihr Anblick. Sie lächelte, als sie auf die Gruppe zuging, und Jondalar verspürte eine Regung, die ihr Lächeln immer in ihm hervorrief. Es würde ihm nicht leichtfallen, Losadunas Anweisungen zu befolgen und Ayla zur Teilnahme am Mutterfest zu ermutigen, trotz des entspannenden Getränks, das Losaduna ihm aufgenötigt hatte. Er holte tief Luft und nahm einen kräftigen Schluck aus dem Becher.
Filonia und ihr Gefährte Daraldi, den sie schon früher getroffen hatten, waren unter denen, die Ayla herzlich begrüßten.
"Dein Becher ist leer", sagte er und füllte ihn wieder.
"Du kannst mir auch noch etwas geben", sagte Jondalar mit ge-spielter Fröhlichkeit. Losaduna bemerkte die gezwungene Lockerheit des Mannes, vermutete aber, daß sonst niemand davon Notiz nehmen würde. Er irrte sich. Ayla sah Jondalars Kiefer arbeiten und wußte, daß ihn etwas bedrückte; auch entging ihr nicht, daß Losaduna es bemerkt hatte. Doch das Getränk verfehlte seine Wirkung nicht und verdrängte diese Gedanken.
Plötzlich erfüllte Getrommel den Raum.
"Der Tanz fängt an!" sagte Filonia. "Komm, Jondalar. Ich zeige dir die Schritte." Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn in die Mitte des Platzes.
"Madenia, geh auch mit", drängte Losaduna.
"Ja", sagte Jondalar. "Komm mit. Kannst du den Tanz?" Er lächelte ihr zu.
Jondalar hatte Madenia den ganzen Tag über seine Aufmerksamkeit geschenkt, und obwohl sie schüchtern blieb und kaum etwas sagen konnte, war sie sich seiner Gegenwart stets bewußt gewesen. So oft er sie anblickte, schlug ihr das Herz bis zum Hals. Als er ihre Hand nahm, um sie auf den Tanzplatz zu rühren, wurde ihr abwechselnd heiß und kalt; sie hätte ihm nicht widerstehen können, selbst wenn sie es versucht hätte.
Filonia runzelte einen Augenblick lang die Stirn, lächelte aber
dann das Mädchen an. "Wir können ihm beide die Schritte zeigen", sagte sie und nahm sie bei der Hand.
"Soll ich dir zeigen ..." sagte Daraldi zu Ayla, und Laduni sagte gleichzeitig: "Ich würde mich freuen ..." Dann lachten sie und hielten inne, um dem anderen beim Sprechen den Vortritt zu lassen.
Aylas Lächeln bezauberte sie. "Vielleicht könnt ihr beide mir den Tanz beibringen", meinte sie.
Daraldi und Laduni grinsten selig und führten sie gemeinsam an den Ort, wo sich die Tänzer versammelten. Während sie sich in einem Kreis aufstellten, zeigte man den Besuchern die Grundschritte, dann nahmen sich alle bei den Händen, und eine Flöte erklang. Zu Anfang konnte man dem Rhythmus leicht folgen, doch allmählich wurde er schneller und komplizierter. Ayla stand fraglos im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Jeder Mann fand sie unwiderstehlich. Sie drängten sich um sie, buhlten um ihre Gunst, machten Anspielungen und ließen unverhüllte Angebote vom Stapel. Jondalar flirtete verhalten mit Madenia und direkter mit Filonia, verlor aber Ayla und die Männer, die sie umschwärmten, nie aus den Augen.
Mit kniffligen Schritten und Stellungswechsel wurde der Tanz immer schwieriger, und Ayla tanzte mit allen. Sie lachte über ihre Scherze, während sich die anderen Tänzer nach und nach zerstreuten, um ihre Becher nachzufüllen oder sich paarweise in abgelegene Winkel zu begeben.
Ayla wurde durstig und wollte ihren Becher füllen. Daraldi wich ihr nicht von der Seite.
"Ich hätte auch gern etwas zu trinken", sagte Madenia.
"Tut mir leid", meinte Losaduna und legte die Hand über den Becher. "Du hast deine Ersten Riten noch nicht gehabt. Da wirst du Tee trinken müssen." Madenia fügte sich widerwillig.
Vor der Zeremonie, die sie zur Frau machen sollte, durfte sie auch nicht an den Vorrechten der Frauen teilhaben, und er tat alles, um sie zu ermutigen, sich diesem wichtigen Ritual zu unterziehen. Gleichzeitig betonte er immer
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