Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
zum Packen Licht brauchen. Wir müssen den Gipfel des Tafelbergs erreichen, noch bevor die Sonne sehr hoch steht, das heißt, wenn alles noch fest gefroren ist", sagte Jondalar. "Selbst bei dieser Kälte kann die Sonne das Eis leicht auftauen und den Aufstieg zum Gipfel schwerer machen, als er ohnehin schon ist."
Sie legten sich früh nieder, doch Ayla fand keinen Schlaf. Sie war unsicher und aufgeregt. Das also war der Gletscher, von dem Jondalar die ganze Zeit gesprochen hatte!
"Was ... was ist los?" Ayla fuhr erschreckt aus dem Schlaf hoch.
"Nichts ist los. Es ist Zeit, aufzustehen", meinte Jondalar und hielt die Fackel hoch. Dann steckte er den Schaft in den Boden und reichte ihr einen Becher mit heißem Tee. "Ich habe Feuer gemacht. Hier hast du etwas Tee."
Wolf beobachtete seine Gefährten, in seinen Augen spiegelte sich das Licht. Er spürte das Ungewohnte und tänzelte und hüpfte herum. Auch die Pferde waren lebhaft; sie schnaubten, wieherten und stießen Dampfwolken aus den Nüstern. Mit Hilfe der Brennsteine schmolz Ayla Wasser für sie und gab ihnen Getreide zu fressen. Im Licht der Fackel packten sie das Zelt, die Schlaffelle und einige Gerätschaften ein. Andere Habseligkeiten - einen leeren Getreidebehälter und einige Steinwerkzeuge - ließen sie zurück. Die Mammuthaut jedoch warf Ayla im letzten Moment über die braune Kohle im Rundboot.
Jondalar nahm die Fackel und leuchtete ihnen damit auf dem Weg. Er ergriff Renners Führleine und ging los, doch das Licht der Fackel half nur wenig. Es erleuchtete einen kleinen Kreis in unmittelbarer Nähe, aber nicht viel mehr, selbst wenn er die Fackel hochhielt. Doch es war fast Vollmond, und sie konnten ihren Pfad auch ohne die Fackel finden; Jondalar warf sie weg und ging voran. Ayla folgte ihm, und nach wenigen Augenblicken hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt.
Der fast volle Mond tauchte das gewaltige Eisbollwerk in ein geisterhaftes Licht. Der schwarze Himmel war voller Sterne, die Luft klirrend kalt.
Obwohl es kaum mehr möglich schien, nahm die Kälte zu, als sie sich der großen Eiswand näherten, doch Ayla zitterte eher vor Angst und Erwartung.
Jondalar nahm ein langes Seil aus seinem Gepäck. "Wir müssen uns anseilen", sagte er.
"Mit den Pferden?"
"Nein. Wir können uns vielleicht gegenseitig halten, aber wenn die Pferde abrutschen, nehmen sie uns mit."
Ayla runzelte die Stirn, doch dann stimmte sie zu.
Jondalar band das eine Ende des Seils um seine Taille, das andere um Ayla, wickelte den Rest auf und hängte es sich über die Schulter. Beide führten ihre Pferde. Wolf mußte sich allein durchschlagen.
Einen Augenblick lang fühlte Jondalar Panik in sich aufsteigen. Was konnte er vergessen haben? Wie hatte er jemals glauben können, Ayla und die Pferde sicher über den Gletscher zu bringen? Sie hätten den Umweg in Kauf nehmen sollen. Selbst wenn es länger dauerte, war es sicherer. Zumindest hätte man es schaffen können. Dann betrat er das Eis.
Am Fuß des Gletschers gab es oft einen Eisüberhang, der einen höhlenartigen Raum unter dem Eis entstehen ließ. Doch an der Stelle, die Jondalar zum Aufstieg gewählt hatte, war der Überhang zusammengebrochen. Das Eis hatte sich mit Geröll gemischt und gab dadurch besseren Halt. Wie ein gut sichtbarer Pfad rührte eine dicke Geröllschicht an der Kante des Eises entlang und schien, außer in der Nähe des Gipfels, weder für sie noch für die Pferde zu steil zu sein.
Mit Jondalar an der Spitze begann die kleine Gruppe den Aufstieg. Renner scheute einen Moment lang. Obwohl sie seine Last verringert hatten, war sie immer noch schwer und hinderlich, und jede steile Stelle brachte ihn aus der Fassung. Der junge Hengst rutschte mit einem Huf aus, fing sich dann wieder und ging nach einigem Zögern bergauf. Ayla und Winnie mit ihrem Zugschlitten folgten ihm. Doch die Stute hatte den Lastschlitten nun so lange schon und über so unterschiedliches Gelände gezogen, daß sie sich daran gewöhnt hatte; und anders als die schwere Rückenlast, die Renner trug, gaben die Stangen der Stute mehr Halt.
Wolf bildete die Nachhut. Für ihn war es leichter. Doch er spürte die Gefahr für seine Gefährten und folgte ihnen, als müßte er die Rückfront decken und auf unsichtbare Gefahren achtgeben.
Im hellen Mondlicht spiegelten sich zerklüftete Eisgebilde und glatte Flächen, die wie solle, schwarze Teiche wirkten. Man konnte die Moräne, die wie ein Fluß aus Sand und
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