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Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Titel: Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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unglaubliche Szenerie. Vor ihnen erstreckte sich eine flache, strahlend weiße Ebene. Der Himmel über ihr zeigte eine Blautönung, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatten. Irgendwie hatte sich dieses Blau mit dem Rot der Morgendämmerung und dem Blau-Grün-Schimmer des Eises vermischt. Die Farbe war so intensiv, daß sie aus sich heraus zu glühen schien. Am fernen Horizont im Südwesten ging sie in ein verschwommenes Blauschwarz über.
    Als die Sonne im Osten aufging, schwebte das verblichene Bild des fast vollen Mondes, der den schwarzen Himmel ihres nächtlichen Aufbruchs mit solch strahlender Kraft erleuchtet hatte, über dem westlichen Horizont. Doch nichts unterbrach den überirdischen Glanz der riesigen Eiswüste: kein Baum, kein Fels, keine Bewegung minderte die Erhabenheit der scheinbar ungebrochenen weiten Fläche.
    Ayla hielt den Atem an. "Jondalar! Es ist herrlich! Warum hast du mir das nicht gesagt? Ich wäre noch zweimal so weit gereist, nur um dies hier zu sehen", sagte sie mit bebender Stimme.
    "Es ist schon ein Schauspiel", bemerkte er amüsiert, aber ebenso überwältigt. "Aber ich konnte es dir nicht sagen. Ich habe es auch noch nie gesehen. Es ist hier oben nicht oft so still. Schneestürme können auch beeindruckend sein. Laß uns weiterziehen, solange es noch hell ist. Das Eis ist nicht so fest, wie es aussieht, und bei diesem klaren Himmel und der strahlenden Sonne könnte plötzlich eine Spalte aufreißen oder eine überhängende Wächte nachgeben."
    Sie betraten die Eisebene und warfen ihre Schatten weit voraus. Noch bevor die Sonne sehr hoch stand, schwitztensie in ihrer
     
    schweren Bekleidung. Ayla begann, den Pelzumhang mit Kapuze auszuziehen.
    "Leg ihn ruhig ab", sagte Jondalar, "aber halte dich bedeckt. Du kannst dir hier einen schlimmen Sonnenbrand holen, und nicht nur von oben her. Auch das Eis kann dich verbrennen, wenn die Sonne darauf scheint."
    Als der Morgen fortschritt, bildeten sich kleine Häufchenwolken. Um Mittag hatten sie sich zu großen Haufen zusammengeballt. Am Nachmittag frischte der Wind auf. Als Ayla und Jondalar eine Pause einlegten, um Eis zu schmelzen, waren sie froh, den warmen Außenpelz wieder anziehen zu können. Die Sonne verschwand hinter mächtigen Wolken-türmen, die einen leichten Pulverschnee auf die Reisenden stäubten.
    Der Gletscher, den sie überquerten, hatte sich zwischen den Gipfeln des schroffen südlichen Gebirges gebildet. Die feuchte Luft, die an den Steilwänden aufstieg, verdichtete sich zu Tröpfchennebel, und die Temperatur entschied darüber, ob er als kalter Regen oder leichter Schneefall niederging. Nicht der Dauerfrost schuf die Gletscher, sondern die Ansammlung des Schnees über Jahre hinweg. Trotz einiger weniger heißer Tage waren es bitterkalte Winter im Zusammenspiel mit kühlen, bewölkten Sommern, in denen die Schnee- und Eisreste des Winters nicht völlig auftauen konnten, die das Blatt wendeten und eine Eiszeit eröffneten.
    Unterhalb der hochragenden Felstürme des südlichen Gebirges, die zu steil waren, als daß sich Schnee auf ihnen ablagern konnte, bildeten sich kleine Becken, Karmulden an den Seiten der hohen Zinnen - und diese Kare waren die Wiege der Gletscher. In den Mulden hoch oben in den Bergen, die ihre Entstehung winzigen Mengen in Spalten gefrorenen Wassers verdankten, das sich ausdehnte und Tonnen von Felsbrocken lockerte, häufte sich der leichte, lockere Schnee. Doch dann zermalmte das Gewicht des gefrorenen Wassers die zarten Flocken und verschmolz sie zu kleinen, runden Eisbällen: Firnschnee.
    Firn bildete sich nicht an der Oberfläche, sondern tief in den
    Karen, und wenn es weiter schneite, wurden die schweren, festen Schichten hoch- und über den Rand des Nestes ge-drängt. Die fast kreisrunden Eisbälle wurden durch das Gewicht von oben so hart zusammengepreßt, daß sich ein Teil der Energie in Wärme verwandelte. Für einen kurzen Augenblick tauten sie an den vielen Berührungspunkten, froren gleich wieder und schweißten sich zusammen. Während sich die Eisschichten verdickten, verwandelte der Druck die Struktur der Moleküle zu festem, kristallischem Eis, nur mit einem feinen Unterschied: das Eis floß.
    Gletschereis, das unter starkem Druck entstand, war besonders kompakt; und doch floß die große Masse in niederen Höhen wie eine Flüssigkeit dahin. Sie teilte sich vor Hindernissen wie den aufragenden Bergspitzen und vereinte sich auf der anderen Seite wieder; dabei nahm das Eis häufig

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