Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
jedoch nicht ruiniert hatte. Sie legte die Flußsteine darauf, um auf ihnen Feuer zu machen. Am Brennstoff brauchten sie nun nicht mehr zu sparen. Das meiste würden sie ohnehin zurücklassen müssen.
Sie konnte nicht mehr sprechen; auch Jondalar blieb stumm. Es schien keinen Ausweg zu geben. All die Vorbereitungen, die sorgfältige Planung, die sie für diesen Treck über den Gletscher gemacht hatten, waren umsonst gewesen. Ayla starrte in das kleine Feuer. Wolf kroch zu ihr und winselte, nicht vor Schmerz, sondern weil er spürte, daß etwas nicht in Ordnung war. Ayla sah noch einmal nach seinen Pfoten. Es war nicht so schlimm. Er leckte Schnee und Eis immer sorgfältig ab, wenn sie Rast machten. Auch ihn wollte sie nicht verlieren. Sie hatte ihn ebenso liebgewonnen wie die Pferde.
Schon lange hatte sie nicht mehr an Durc gedacht, obwohl er immer in ihr war, eine Erinnerung, ein stiller Schmerz, der sie nie verlassen würde. Ging er schon mit dem Clan auf die Jagd? Konnte er schon mit einer Schleuder umgehen? Uba war bestimmt eine gute Mutter, sorgte für ihn, machte ihm Essen und warme Winterkleidung.
Ayla zitterte vor Kälte und dachte dabei an die ersten Winterkleider, die Iza für sie gemacht hatte. Sie hatte die Kaninchenmütze mit dem Fell nach innen sehr gemocht. Auch der Winterschutz für die Füße war pelzgefüttert. Sie erinnerte sich, wie sie in einem neuen Paar herumgestapft war und wie diese einfache Fußbekleidung gemacht wurde. Man wickelte einfach ein Stück Tierfell um die Füße und band es um die Fesseln zu. Nach einer Weile paßte es sich dem Fuß an, obwohl es zu Anfang ziemlich unförmig aussah.
Ayla starrte immer noch ins Feuer und sah, wie das Wasser zu sieden anfing. Etwas bewegte sich in ihr. Etwas Wichtiges, da war sie sicher. Etwas wegen ...
Plötzlich holte sie tief Luft. "Jondalar! Oh, Jondalar!"
Sie schien aufgeregt. "Was ist passiert, Ayla?"
"Nichts Schlimmes, sondern Gutes", schrie sie. "Mir ist etwas eingefallen!"
Er fand ihr Verhalten eigenartig. "Ich verstehe dich nicht", sagte er. Ob der Gedanke, die beiden Tiere zu verlieren, zuviel für sie war? Sie zerrte an der schweren Mammuthaut unter dem Feuer, so daß eine heiße Kohle auf das Leder fiel.
"Gib mir ein Messer, Jondalar. Dein schärfstes."
"Mein Messer?"
"Ja, dein Messer. Ich werde Füßlinge für die Pferde machen!"
"Was wirst du?"
"Ich mache den Pferden und Wolf Füßlinge. Aus dieser Mammuthaut!"
"Wie willst du das machen?"
"Ich schneide Kreise aus dem Mammutleder, dann mache ich Löcher in den Rand, ziehe eine Schnur hindurch und binde sie um die Fesseln der Pferde. Wenn die Mammuthaut unsere Füße vor dem Eis schützen kann, wird sie es auch bei ihnen tun", erklärte Ayla.
Jondalar dachte einen Augenblick nach und stellte sich vor, was sie beschrieben hatte; dann lächelte er.
"Es wird gehen, Ayla. Im Namen der Großen Mutter, so wird es gehen! Was für eine wunderbare Idee! Wie bist du darauf gekommen?"
"Iza hat es mir beigebracht. Beim Clan macht man so Füßlinge und Handlinge für den Winter."
"Wird die Haut reichen?"
"Das denke ich doch. Halte das Feuer in Gang; ich werde das Heilmittel zubereiten und vielleicht etwas heißen Tee für uns. Wir haben seit ein paar Tagen keinen mehr gehabt und werden wohl kaum mehr Tee trinken können, bis wir dieses Eis hinter uns gelassen haben. Er würde uns bestimmt guttun."
"Da hast du recht!" stimmte Jondalar zu und lächelte wieder.
Ayla untersuchte die Hufe der Pferde, schabte die wunden Stellen ab, legte ihre Medizin auf und wickelte sie in die
Mammuthaut ein. Die Tiere versuchten zuerst, die ungewohnten Fußkleider abzustreifen; aber sie waren fest zugeschnürt. Dann gewöhnten sie sich daran. Danach kam Wolf an die Reihe. Er kaute an den seltsamen Umhüllungen herum und versuchte, sich von ihnen zu befreien, doch nach einer Weile gab auch er es auf.
Am nächsten Morgen war die Last der Pferde leichter, ein paar braune Steine waren verbrannt, und die schwere Mammuthaut tat nun andere Dienste. Die Hufe der Tiere schienen sich über Nacht sehr gebessert zu haben. Wolf war fast wieder der alte, was Ayla und Jondalar froh stimmte.
Die folgenden Tage verliefen gleichförmig. Die beste Zeit war der Vormittag; die Nachmittage brachten Schnee und Winde unterschiedlicher Stärke. Manchmal konnten sie nach dem Sturm noch ein wenig weiterziehen, manchmal mußten sie da übernachten, wo sie am Nachmittag haltgemacht hatten. Nur an zwei Tagen war der
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